Wie kann sich der Schweizer Finanzplatz profilieren? Das Asset Management ist in anderen Zentren längst etabliert. Das Risiko-Management hingegen nicht, sagt Alain Barthel von Goldman Sachs AM.
London oder New York hätten im Bereich der institutionellen Vermögensverwaltung (Asset Management) bereits einen riesigen Vorsprung gegenüber der Schweiz. Alle wichtigen Asset Manager seien dort präsent und würden einen Cluster an Know-how und personellen Resourcen bieten, sagt Alain Barthel (Bild) im Gespräch mit finews.ch. Er ist Country Head Switzerland – Institutional Clients bei Goldman Sachs Asset Management (GSAM).
Angelsachsen machen es bereits vor
Zwar begrüsst Barthel die von der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) und der Swiss Funds & Asset Management Association (SFAMA) lancierte Asset-Management-Initiative. Doch damit sie ihre Wirkung auch entfalten könne, seien weitere Schritte nötig. Darum sollte das Risiko-Management als Schweizer Kompetenz vermehrt propagiert werden, findet Barthel.
Denn viele Schweizer Finanzhäuser verfügten über die dazu erforderlichen Kompetenzen wie auch über die elektronischen Plattformen, um den Kunden erstklassige Analysen auf diesem Gebiet zu offerieren, sagt der GSAM-Kadermann.
Schwieriges Umfeld
Risiko-Management wird bei institutionellen Anlegern aus mehreren Gründen immer wichtiger. Zum einen würden sich die Gesetze und Richtlinien in der Finanzbranche laufend verschärfen, und zum andern werde es zunehmend schwierig, im anhaltenden Tiefzins-Umfeld zufriedenstellende Renditen zu erzielen. «Risiko-Management heisst nämlich auch, eine bestehende Anlagestrategie auf ihren Erfolg hin zu analysieren», unterstreicht der 43-jährige Franzose mit elsässischen Wurzeln.
Mit dem Risiko-Management verbindet der Goldman-Sachs-Manager auch die Möglichkeit, drohende Gefahren frühzeitig zu erkennen. Vor allem die derzeit geringe Volatilität sei ein trügerischer Indikator, weil er die Anleger dazu verleite, allzu hohe Risiken einzugehen, um danach von einem Einbruch erwischt zu werden, sagt Barthel.
Gefährliche Unbeschwertheit
«Die ruhigen Märkte führen zu einer Unbeschwertheit, die mitunter sehr gefährlich werden kann – mit einem geschickten Risiko-Management lässt sich das vermeiden», sagt der Spezialist von GSAM.
Die Kontrolle der Risiken ermögliche es auch besser, die Kosten nachzuvollziehen, die mit verschiedenen Investitionsstrategien verbunden seinen, ergänzt Barthel im Gespräch..
Passive Investments sind trügerisch
Er weist auch noch auf einen anderen Trend hin: Immer mehr institutionelle Anleger würden auf passiv verwaltete Fonds umsteigen. Der Trend sei ausgeprägt, aber der Fokus auf die Kosten als einzigen entscheidenden Faktor sei irreführend. Insbesondere sollte der Trugschluss vermieden werden, dass passive Anlagestrategien auf Grund der niedrigeren Kosten sinnvoll seien.
Vielmehr seien die einzelnen Geldinstitute gefordert, einen «innovativen Umgang» mit den institutionellen Anlegern zu finden und ihnen erstklassige «Lösungen» für ihre jeweiligen Bedürfnisse anzubieten, sagt der Goldman-Sachs-Manager.
Seit zwei Jahrzehnten in der Branche
Barthel arbeitet seit rund zwanzig Jahren in der Finanzbranche. Vor seinem aktuellen Job war er zuletzt bei Morgan Stanley in der Schweiz tätig, wo er das Investment Management leitete und die Vertriebsorganisation in der Schweiz aufbaute. Weitere Berufserfahrung sammelte er bei Crédit Agricole Asset Management sowie bei Paribas Asset Management.
Goldman Sachs Asset Management (GSAM) operiert in der Schweiz als Teil der GS Bank AG. GSAM wiederum ist die Asset-Management-Sparte der Goldman Sachs Group. Per Ende Juni 2014 verwaltete dieser Geschäftsbereich weltweit rund 1'000 Milliarden Dollar (rund 937 Milliarden Franken).
Attraktives Geschäft mit Versicherungen
Rund 400 Milliarden Dollar davon sind in festverzinsliche Anlagen investiert, wie Barthel präzisiert. Im so genannten Fixed Income liege eine Spezialität von GSAM, genauso wie im Geschäft mit Versicherungsunternehmen, die rund 160 Milliarden Dollar Goldman Sachs Asset Management anvertraut hätten.
Zahlen zur Schweiz veröffentlicht GSAM nicht. Fest steht indessen, dass mit Barthel als Schweizer Chef für das institutionelle Geschäft der hiesige Markt eine grössere Bedeutung erlangt hat. «Wir möchten unsere Dienstleistungen und Produkte in der Schweiz sowohl einer institutionellen Kundschaft als auch im Drittvertrieb externen Partnern anbieten», erklärt Sheila Patel, Co-CEO von GSAM International.
Bescheiden bleiben
Die Schweiz ist für ausländische Asset Manager durchaus attraktiv. Hier liegen rund 700 Milliarden Dollar (rund 660 Milliarden Franken). Im europäischen Vergleich liegt die Schweiz hinter Grossbritannien und Holland damit an dritter Stelle. Darüber hinaus verwalten zahlreiche Privatbanken weitere Vermögen, die über Asset-Management-Gesellschaften investiert werden.
Barthel betont allerdings: «Ausländische Asset Manager sollten hierzulande bescheiden bleiben. Sie sind insbesondere für Spezialthemen gefragt, wo sie ihre Expertise einbringen können.»