In der Schweiz habe es nur für drei grosse ETF-Anbieter Platz, sagt Christian Gast, Leiter von iShares Schweiz. Er hat gut reden, ist er doch hierzulande der unangefochtene Marktführer. Ist das gut?
Herr Gast, vor rund einem Jahr hat iShares das ETF-Geschäft der Credit Suisse gekauft. Wie ist die Entwicklung?
Wir sind sehr zufrieden. Die Integration verlief problemlos, die Prozesse funktionieren reibungslos. Wir haben diese Plattform von der Credit Suisse (CS) ja primär gekauft, weil iShares beziehungsweise BlackRock die Bausteine in Schweizer Franken für eine Asset Allokation zuvor weitgehend gefehlt hatten. Gerade für lokale Institutionelle Kunden stellen diese aber wichtige Anlagen dar.
Sie hätten diese doch selber entwickeln können.
Ja, aber die Frage stellt sich bei solchen Entscheidungen immer: Make-or-Buy. Einer der Gründe für den Kauf war, dass wir sofort eine kritische Grösse erreicht haben, die in einem Skalengeschäft wie ETFs von zentraler Bedeutung ist. Ein lokales Domizil ist wichtig, um steuereffiziente Produkte anbieten zu können.
Wie sind die Handelsvolumen?
Die übernommenen Produkte der CS, vor allem der SMI-ETF, gehören zu jenen mit den höchsten Handelsvolumen. Das wirkt sich signifikant aus. Ende erstes Quartal hatte iShares allein einen Marktanteil von 45 Prozent der gehandelten ETF an der Schweizer Börse.
Gab es personelle Auswirkungen in Folge der Integration?
Einen Teil der Mitarbeiter der Credit Suisse haben wir übernommen, aus dem Vertrieb, dem Marketing, einige Produktspezialisten sowie Fondsjuristen.
«Nun hat organisches Wachstum Priorität»
Wieviele Mitarbeiter waren das?
Wir geben keine detaillierten Mitarbeiterzahlen bekannt. Aber durch die Übernahme wuchs BlackRock Schweiz inklusive iShares auf über 85 Mitarbeiter in der Schweiz an. Wir sind hier jetzt eine Organisation, die zunehmend die ganze Wertschöpfungskette im Asset Management abdeckt.
Sind weitere Zukäufe in der Schweiz im ETF-Bereich möglich?
Im Moment hat das organische Wachstum Priorität, vor allem der Ausbau der Schweizer Plattform mit weiteren Produkten.
Was ist da geplant?
Drei Produkte haben wir bereits lanciert: Im Fixed-Income-Bereich haben wir einen ETF auf Corporate Bonds in Franken gebracht. Da herrschte bislang eine grosse Angebotslücke. Das Produkt stiess entsprechend auf hohe Nachfrage und hat bereits ein Volumen von über 100 Millionen Franken erreicht. Im Aktien-Bereich haben wir einen ETF auf den SPI gebracht und als drittes einen ETF, der aus dem SPI die dividendenstärksten 20 Titel selektioniert.
Und wie sind diese im Markt angekommen?
Der SPI-ETF ist mit seinem tiefen Gebühren bei Institutionellen willkommen. Der Dividenden-ETF braucht noch etwas Aufklärungsarbeit, da er auf einem neuen Index basiert.
«Nicht alle können diese Transparenz bieten»
Was haben Sie weiter geplant?
Da würde sich unsere Konkurrenz sehr freuen, wenn ich das hier sagen würde. Ich kann sagen, dass die Schweizer Plattform mit den Bereichen Aktien, Fixed Income und eventuell auch Rohstoffe weiter ausgebaut wird. Für iShares global ist insbesondere der Fixed-Income-Bereich eine hohe Priorität.
Wir sehen über Jahre hinweg noch grosses Potenzial, denn die Durchdringung des globalen ETF-Marktes mit Bonds ist noch immer minimal.
Ihr grösster lokaler Konkurrent ist die UBS.
BlackRock ist eher zurückhaltend, was die Veröffentlichung verwalteter Assets betrifft. Bei ETFs hat dies noch einen besonderen Grund: Da es sich um börsengehandelte Produkte handelt, sind wir auf Informationen zum Beispiel von Custodians angewiesen, was die effektive Höhe der Assets in iShares-ETF betrifft.
Wir bekommen diese Zahlen zwar, aber sie sind wohl nur bedingt vergleichbar mit denen der Konkurrenz, weil diese teilweise andere Methoden anwendet.
Ist der Vorteil gegenüber einer UBS nicht der, dass BlackRock ein reiner Asset Manager ist.
Das ist natürlich so. So vermeiden wir beispielsweise den Interessenskonflikt, den ein ETF-Anbieter mit einer Investmentbank theoretisch haben könnte, die eine Marketmaker-Funktion ausübt.
«Wir stellen uns dem Kostendruck»
Die ETF-Gebühren sinken generell – auch bei iShares?
Bei den Kernprodukten auf Standardbenchmarks ist das in der Tat der Fall. Der ETF auf den SPI kostet noch 10 Basispunkte. Aber es herrscht in der Branche nicht der viel zitierte Gebührenkrieg. iShares hat noch kein günstigeres Produkt auf den Markt gebracht, um mit Konkurrenten gleichzuziehen. Wir stellen uns zwar dem Kostendruck, sind aber gleichzeitig der Meinung, unser gesamtes Angebot der Dienstleistungen auch etwas höhere Preise rechtfertigt.
Sind institutionelle Kunden besonders preissensitiv?
Das ist richtig. Aber aus guten Gründen, denn Pensionskassen oder Versicherungen stehen unter grossem Druck, die Anlageziele für ihre Versicherten zu erreichen. Wir sind ohnehin der Meinung, dass die klassischen Kostenberechnungen wie Total Expense Ratio bei ETF zu kurz greift.
Diese bezieht zum Beispiel Stempelsteuer, Spreads oder Kommissionen nicht mit ein. Wir sprechen daher lieber von der TCO, der Total Cost of Ownership, die für Anleger diese und weitere Kosten miteinbezieht.
ETF generieren als passive Anlage-Instrumente kein Alpha. Was ist ihr Verkaufsargument bei institutionellen Kunden, die Rendite generieren müssen?
Anstatt den Blick auf das einzelne Produkt und potenzielle Renditen richtet sich der Blick der Investoren viel mehr auf die Asset Allokation: Wie setze ich ein Portfolio möglichst kostengünstig zusammen, welches meine Zielrendite erreichen soll? Diesen Trend eines eigentlichen ‹Revival› der Asset Allokation stellen wir in letzter Zeit verstärkt fest.
Wie wirkt sich die anhaltende Börsen-Hausse auf ETF-Nachfrage aus?
Wir spüren das sofort. Börsenperformance und Handelsvolumen korrelieren sehr stark – gerade mit ETF. Wir sehen auch mit einer gewissen Vorlaufzeit, wo Marktaktivität stärker wird. Wenn beispielsweise Grosskunden in High-Yield-Bonds gehen, folgt der Markt in der Regel zwei bis drei Monate später.
Wie kommt der ETF beim Privatanleger an?
Das muss man differenziert sehen: Im klassischen Mandatsgeschäft des Private Banking hat der ETF den Durchbruch geschafft. Es gibt kaum noch ein Portfolio, in dem ETF keine Rolle mehr spielen - gerade bei der kurzfristigeren, taktischen Allokation. Dann gibt es auch Mandatslösungen ab kleineren Einstiegsbeträgen, die rein ETF-basiert sind.
«Anbieter müssten an einem Strick ziehen»
Auch im Bereich Advisory werden ETF zunehmend eingesetzt. Die Tendenz ist dort, dass in effizienten Märkten eher die passiven Instrumente zur Anwendung kommen und in ineffizienten Märkten auf aktive Anlagen gesetzt wird. Beim Retail-Anleger ist allerdings noch Aufklärungsarbeit nötig. Dort muss der ETF noch aufholen.
Also müssen Sie die Marketingausgaben erhöhen?
Ja, aber nicht nur wir. Alle Anbieter müssten stärker an einem Strick ziehen, um den ETF bekannter zu machen. Davon würden auch alle profitieren.
Das heisst, iShares sähe in der Schweiz neben sich gerne auch andere starke Marktteilnehmer?
Durchaus, wir wollen, dass der ETF-Markt insgesamt wächst. Es ist nicht unser Ziel, auf Kosten anderer Marktteilnehmer zu wachsen. Wir streben nicht die Marktbeherrschung an, das wäre insgesamt ungesund. Wir glauben, dass es in der Schweiz und in Europa durchaus Platz hat für etwa drei global aufgestellte Anbieter hat sowie für einige Nischenanbieter.
Die Schweiz will ein Kompetenzzentrum für Asset Management werden. Was halten Sie von dieser Idee?
Das ist eine hervorragende Idee. Die Schweiz ist in unseren Augen dafür ein idealer Standort, was ja auch unser Engagement hier belegt. Wichtig ist, dass Asset Manager in der Schweiz über die ganze Wertschöpfungskette hinweg investieren, also neben Marketing und Vertrieb mit Produktion und Investmentberatung eine Plattform aufbauen. Denn ein starker Standort für Asset Management wird die Schweiz wohl erst, wenn sie diese Dienstleistungen auch exportieren kann.
Christian Gast ist seit November 2010 Leiter von iShares Schweiz, dem ETF-Geschäft von BlackRock Asset Management. Zuvor hatte Gast das ETF-Geschäft bei der UBS geleitet. Gleichzeitig war er Leiter Product Development und Management für UBS Equity Funds. Davor zeichnete er bei der St. Galler Kantonalbank als Senior Portfolio Manager für die Verwaltung privater und institutioneller Vermögen verantwortlich. Er studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Saarbrücken und doktorierte in Banking an der Universität Zürich.