Unabhängige Vermögensverwalter brauchen künftig eine Bewilligung, um Vorsorgevermögen zu betreuen. «Sonst werden sie vom Platz gestellt – wie beim Fussball», sagt Finanzexperte Rolf M. Wüthrich.
Vermögensverwalter, die keine Bewilligung von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) besitzen und Gelder der beruflichen Vorsorge weiter verwalten wollen, müssen sich bei der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) melden. Dort erhalten sie eine provisorische Zulassung.
Wer als unabhängiger Vermögensverwalter keine solche Zulassung hat, ist ab Anfang 2014 nicht mehr berechtigt, Vermögen der 2. Säule zu verwalten. Soweit die Ausgangslage.
Ohne Bewilligung keine Mandate mehr
Von diesem Zeitpunkt an dürfen Vorsorgeeinrichtungen unabhängigen Vermögensverwaltern ohne Bewilligung keine Mandate mehr erteilen – und müssen bestehende Mandate sogar auflösen. Darüber hinaus sind sie gemäss der Rechnungslegungsnorm Swiss GAAP FER 26 angehalten, die von ihnen mandatierten Vermögensverwalter und deren Zulassung im Anhang zur Jahresrechnung anzugeben.
«Wer die fristgerechte Einreichung per Ende August 2013 verpasste, sollte dies nachholen, ansonsten droht der Platzverweis», sagt Rolf M. Wüthrich (Bild), Geschäftsführer der IKS Helvetia und Inhaber der Firma Wüthrich & Partner. Wie sich die unabhängigen Vermögensverwalter künftig verhalten müssen, vergleicht der Finanzexperte mit den Verhältnissen im Fussball.
Was braucht ein «Unabhängiger» für sein «Spielerprofil»?
Wer eine permanente Zulassung erhalten möchte, müsse gemäss der provisorischen Weisung der OAK BV die folgenden persönlichen und fachlichen Voraussetzungen erfüllen, erklärt Wüthrich: Nachweis einer adäquaten Ausbildung, praktische Erfahrung von mindestens fünf Jahren in der Verwaltung von Vermögen von Dritten, ein makelloser Leumund, eine tadellose Reputation, Integrität und Loyalität sowie die Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit.
Wie wird ein «Unabhängiger» «Stammspieler»?
Bisher sind laut Wüthrich rund 140 Gesuche für eine provisorische Zulassung bei OAK BV eingegangen. Wer eine definitive Zulassung (gültig für drei Jahre) beantragen möchte, muss ein offizielles Gesuchsformular ausfüllen und die geforderten Angaben einreichen. Formular und Angaben sind in Bearbeitung, wie Wüthrich weiter erklärt. Die Art und der Umfang des Gesuches lägen irgendwo zwischen den bereits existierenden Gesuchen, die für die Aufnahme in einen Branchenverband und dem Finma-Gesuch als Verwalter Kollektiven Kapitalanlagen notwendig seien.
«Eine Stammplatzgarantie vor dem 1. Januar 2014 kann nicht zugesichert werden, da die OAK BV bis dahin nicht alle Gesuche prüfen kann», betont Wüthrich. Die Namen der definitiv zugelassenen Vermögensverwalter würden im Internet publiziert.
Welche «Clubstrukturen» muss ein «Unabhängiger» haben?
Grundsätzlich muss die Geschäftsstruktur der Betriebsgrösse und dem Geschäftsrisiko Rechnung tragen. «Die Anforderungen an die betriebliche Organisation lehnen sich an die Standesregeln der Branchenorganisationen an», erklärt Wüthrich. In den Erläuterungen zur provisorischen Weisung würden explizit auf die Stellvertretung und auf angemessene Systeme für die interne Kontrolle hingewiesen. Die Delegation von Vermögensverwaltungsaufgaben dürfe nur an zugelassene Vermögensverwalter erfolgen. «Administrations- und Reportingaufgaben dürfen auch an nicht zugelassene Institutionen delegiert werden», betont Wüthrich.
Eine Revisionsstelle als «Schiedsrichterin»
Die meisten Vermögensverwalter verfügen über keine gesetzliche Revisionsstelle. Eine solche gilt es, gemäss der provisorischen Weisung, für die erwähnte Zulassung zu engagieren. Laut dem öffentlichen Register der Revisionsaufsichtsbehörde seien rund 650 Unternehmen in der Schweiz dazu befähigt, eine ordentliche Revision durchzuführen, weiss Rolf M. Wüthrich.
Im Vergleich dazu verfügen nur 14 Revisionsgesellschaften über eine Zulassung der Finma. Gemäss der provisorischen Weisung kann dasselbe Institut eine Prüfung der Zulassung sowie die jährliche Prüfung durchführen. «Die Prüfung der Angemessenheit der betrieblichen Organisation wird sich auf Richtlinien stützen, die von der Oberaufsichtskommission noch zu erarbeiten sind», sagt Wüthrich. Ein Vorgehen nach den Prüfungsgrundsätzen der Finma sei nicht vorgesehen.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel
Wie Wüthrich betont, besteht eine Aufsichtslücke, die nun mit einer provisorischen Lösung überbrückt wird, zumal eine freiwillige Unterstellungsmöglichkeit unter das Kollektivanlagegesetz (Fondsmanager) nicht möglich ist. «Das geplante Finanzdienstleistungsgesetz ist erst in zwei bis drei Jahren zu erwarten», vermutet Wüthrich.
Die Verantwortung liege nun also bei der OAK BV, bei den Vorsorgeeinrichtungen sowie bei den Vermögensverwaltern. Zweckmässige Richtlinien und Weisungen seien jetzt gefragt, um den Anlegerschutz transparent und intelligent sicherzustellen, unterstreicht der Experte. Betroffene und interessierte Personen können noch bis zum 20. September 2013 ihre Stellungnahme bei der OAK BV einreichen.
Egal in welcher «Liga»: Taktik anpassen
Doch unabhängig, welcher «Liga» ein Vermögensverwalter in Zukunft angehört, die Taktik müsse kurz- oder mittelfristig angepasst werden, um erfolgreich mitzuspielen, unterstreicht Wüthrich. Funktionentrennung, Stellvertretung, Vier-Augen-Prinzip und nachvollziehbare Kontrollen seien unumgänglich, um einen professionellen «Spielbetrieb» zu gewährleisten. Externe Vorgaben seien in Form von Weisungen, Prozessen und Kontrollen zu transformieren – möglichst verständlich, automatisch und pragmatisch.
Rolf M. Wüthrich ist Geschäftsführer der Firma IKS Helvetia und Inhaber der Wüthrich & Partner. Mit seinem Team unterstützt er unabhängige Vermögensverwalter, die regulatorischen Vorgaben mit schlanker Organisation einzuhalten.