Zaghaft hat sich das Schweizer Investmenthaus Vontobel im ersten Semester 2024 aus einer schwierigen Situation herausbewegen können. Gleichwohl ist das noch kein sicheres Zeichen dafür, dass unmittelbar grossartige Zeiten bevorstehen. 

Nach schwierigen Jahren und mit einer neuen Führung ist es dem Zürcher Investmenthaus Vontobel gelungen, im ersten Halbjahr 2024 gewisse Akzente der Erholung der Erholung zu setzen. Allerdings wäre es verfrüht, das zuletzt Erreichte linear in die Zukunft zu projizieren.

Vontobel gelang es, die Abflüsse im Geschäft mit institutionellen Kunden grossmehrheitlich zu stoppen, gleichzeitig die Bedeutung der klassischen Vermögensverwaltung mit wohlhabenden Privatkunden und Familien wieder in den Fokus zu rücken und das Kosten-/Ertrags-Verhältnis zu verbessern. Doch das Investmenthaus liegt mit einigen seiner Zielvorgaben immer noch im Hintertreffen.

Noch unter vielen Zielvorgaben

Der angestrebte Korridor für das Netto-Neugeld bewegt sich zwischen 4 Prozent und 6 Prozent; aktuell liegt dieser Welt bei 2,2 Prozent. Bei der Eigenkapital-Rendite liebäugelt das Unternehmen mit einem Wert über 14 Prozent; derzeit beträgt diese Kennzahl 12,3 Prozent. Und auch beim Kosten-/Vertrags-Verhältnis ist man noch lange nicht dort, wo man sein möchte: Ziel sollte ein Wert unter 72 Prozent sei; aktuell beträgt dieser 76,1 Prozent.

Es geht hier nicht darum, Vontobel schlechtzureden, sondern zu erkennen, dass das Finanzinstitut noch einen gehörigen Weg vor sich hat, um im Glanz früherer Zeiten wieder dazustehen. Die vergangenen Jahre, das frühere Management und die vielen personellen Wechsel haben ihren Tribut gefordert. Vontobel muss jetzt ein neues Kapitel in seiner Firmengeschichte schreiben – und noch weiter sparen, wie am Freitag an einem Medien-Call zu erfahren war.

Kreuchen und fleuchen

Das wird indessen nicht einfach sein. Denn die Gilde der Schweizer Vermögensverwalter präsentiert sich derzeit so vielgestaltig wie selten zuvor. Manchen Instituten (EFG International) geht es blendend, andere (Julius Bär) müssen sich neu erfinden, und weitere stehen unter Druck (LGT oder Lombard Odier), nach der Übernahme von sehr vielen ehemaligen Credit-Suisse-Kundenberaterinnen und -beratern die entsprechenden Resultate zu liefern.

Schliesslich kreuchen und fleuchen zahlreiche kleinere Privatbanken umher, die sich immer weniger erfolgreich über Wasser halten können und sich daher am liebsten an die Brust eines grösseren Konkurrenten werfen würden. So könnten diese in die Jahre geratenen Privatbankiers ihre Arbeit der vergangenen Jahre vergolden und ihr Institut elegant wegkonsolidieren. C’est à suivre.

Make Vontobel great again

Und da mittendrin steht Vontobel. In der aktuellen Situation spricht wenig für ein finanzielles Engagement in dieses Unternehmen. Bezeichnenderweise machte der Kurs der Vontobel-Aktie am Freitagmorgen auch keine grossen Sprünge, sondern dümpelte lustlos vor sich hun.

Zu wenig differenziert präsentiert sich derzeit die Positionierung im Vergleich zu anderen Häusern, die sich entweder auf Erfolgskurs befinden oder sich dringend reorganisieren müssen. Beides sind Perspektiven, die ein Investment attraktiver machen als bei einem Institut wie Vontobel, dessen Reiseziel noch eher unklar ist. Da sind nun die beiden Co-Chefs Christel Rendu de Lint und Georg Schubiger gefordert. Mit doppelter Kraft respektive vereinten Kräften bringen sie grundsätzlich gute Voraussetzungen mit «to make Vontobel great again».