Die Bemühungen, den globalen Temperaturanstieg zu beschränken, sind notwendig. Doch das kommt uns teuer zu stehen: Sie treiben die Inflation in den nächsten zehn Jahren in die Höhe, wie eine Studie des französischen Finanzspezialisten Carmignac zeigt.
Die Bemühungen, den Temperaturanstieg auf das im Pariser Klimaabkommen festgelegte Ziel von 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, werden die Inflation in den kommenden zehn Jahren um 1,6 Prozent in die Höhe treiben. Erst danach dürfte dieser Effekt allmählich abklingen.
Zu diesem Schluss kommen Lloyd McAllister, Leiter der Abteilung für nachhaltiges Investieren, Chefökonom Raphaël Gallardo und Rohstoffspezialist Michel Wiskirski von Carmignac in ihrer Untersuchung, in deren Ergebnisse finews.ch exklusiv Einblick hatte.
Nichts zu tun wäre noch teurer
«Wir gewinnen ein immer besseres Verständnis davon, wie die Inflation durch die Energiewende angetrieben wird», sagt Lloyd McAllister. Eine davon ist: Ein Null-Summen-Spiel wird dieser Prozess nicht. «Eine Teuerung von 1,6 Prozent pro Jahr ist immer noch besser, als nichts zu machen», sagt er. Denn die Folgen der Klimaerwärmung sowie die daraus resultierenden Umweltschäden würden uns um ein Vielfaches teurer zu stehen kommen. Die Europäische Zentralbank geht davon aus, dass die physischen Folgen des Klimawandels ohne entsprechende Initiativen zur Abmilderung allein in den nächsten zehn Jahren zu einem Anstieg der jährlichen Gesamtinflation um 1 bis 3 Prozent führen könnten.
Nachfrage nach Metallen und Mineralien steigt
Der Wandel zu einem nachhaltigen Energiesystem wird einen Nachfragedruck auf bestimmte Ressourcen erzeugen. Im Fokus stehen werden Metalle und Mineralien, die erforderlich sind, um neue Investitionsgüter im Energiebereich – unter anderem Windturbinen, Solarzellen, Batterien für Elektrofahrzeuge und Komponenten der Netzinfrastruktur – herzustellen.
Gleichzeitig wird es zu einem negativen Angebotsschock kommen: Produzenten von fossilen Brennstoffen werden ihre Investitionen in Wartungsmassnahmen und in vorgelagerte Aktivitäten zum Abbau von Kohlenwasserstoffen reduzieren oder ganz einstellen. Dies schlägt sich letztlich wiederum in der Inflation nieder.
Auch die Skaleneffekte sind noch immer ein Thema, sprich: Zahlreiche Bereiche wie grüner Zement oder Stahl rechnen sich noch immer nicht. Es braucht hier Fortschritte bezüglich Innovation oder des regulatorischen Rahmens.
Herausforderung für Zentralbanken
All diese Faktoren werden laut den Carmignac-Experten zu einem zusätzlichen Anstieg der Inflation um etwa 1,6 Prozent pro Jahr führen. Erst nach rund zehn Jahren dürfte dieser Effekt allmählich abklingen, unter anderem wenn der Investitionszyklus seinen Höhepunkt erreicht hat. «Die lange Übergangsphase im Rahmen der Energiewende wird die Geldpolitik und die Zentralbanken als Hüterinnen der Preisstabilität vor erhebliche Herausforderungen stellen», machen die Autoren geltend.
Sie müssten entscheiden, ob sie diese vorübergehende Inflation hinnehmen, auch wenn das möglicherweise zu einer Entankerung der Inflationserwartungen führen kann, oder ob sie sich dagegen stemmen und so eine Deflation in anderen Bereichen der Wirtschaft provozieren sollten.
Ideal wäre laut den Autoren eine globale Zusammenarbeit auf der geldpolitischen Ebene. In diesem Fall würden die Zentralbanken einen abgestimmten, gemeinsamen Ansatz verfolgen, um die zu erwartenden Spillover-Effekte durch Importpreise, Währungseffekte und globale Zinssätze zu vermeiden. Allerdings haben sie Zweifel, ob alle Zentralbanken mitmachen würden, insbesondere die Federal Reserve würde ihrer Meinung nach wohl ausscheren.