Der Senior Partner von Pictet, Renaud de Planta, verlässt im Juni die Geschäftsleitung der Privatbank und wechselt in den Verwaltungsrat. Den Abschied von der Spitze bei Pictet will er dazu nutzen, seine Meinung zu wirtschaftspolitischen Themen freier ausdrücken.
Renaud de Planta, Senior Partner von Pictet, plädiert für mehr eigenständiges Handeln der Schweiz in Bezug auf die internationalen Sanktionsregimes. In einem umfangreichen Interview mit der «NZZ» (Artikel bezahlpflichtig) schaut er auf die 26 Jahre als Partner von Pictet zurück und zeichnet ein positives Bild vom Finanzplatz Schweiz.
«Die Welt braucht neutrale Länder», sagt de Planta und bemängelt, dass die Schweiz sich insbesondere in Bezug auf Russland die Sanktionen der EU und der USA buchstabengetreu übernommen hat.
Gegen Copy & Paste
«Die Schweiz kann zu Lösungen beitragen, das haben wir in der Geschichte immer wieder gezeigt Sie muss neutral bleiben, aber auch die Realpolitik berücksichtigen», sagte er. «Es wäre zu wünschen, dass die Schweiz eine eigene Sanktionsexpertise aufbaut, damit man nicht alles buchstabengetreu aus dem Ausland übernimmt. Wir haben viel Know-how in der Schweiz, gerade im Wealth Management. Wir wären in der Lage, zweckmässige Sanktionen zu entwickeln und diese auch international vorzuschlagen.»
Dazu sei eine gewisse Ausstattung in Sachen Quantität und Qualität der Ressourcen des zuständigen Teams beim Staatssekretariat für Wirtschaft nötig. «Mit einem starken Sanktionsteam hätte man auf Augenhöhe mit den ausländischen Sanktionsbehörden sprechen und unseren Standpunkt besser vertreten können. Dann hätte man nicht nur entgegengenommen und reagiert», so der Pictet-Manager. «Es ist nicht akzeptabel, dass man wie 2022 wochenlang unklare Regeln hat. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Rechtsrisiko für die Banken.»
Trotz Unkenrufen: Schweiz behauptet sich
Der Schweizer Finanzplatz habe sich in den vergangenen 20 Jahren stark verändert. Dabei verweist er auf die Finanzkrise bis 2009 und das Ende des Schweizer Bankgeheimnisses. «Der Schweizer Finanzplatz hat sich angepasst – entgegen vielen Vorhersagen. Die CS-Krise hat ihn kurzfristig geschwächt, aber längerfristig werden wir bestehen und als Finanzplatz noch stärker werden. Wir haben wenig Staatsverschuldung, stabile Institutionen und sind ein neutrales Land.»
Auch mit Blick in die Zukunft rechnet er damit, dass die Schweiz noch mehr als Ort der Stabilität gelten wird. «Die Schweiz muss bei jeder Gelegenheit zeigen, dass sie neutral und ein Rechtsstaat ist. Es spricht viel für die Schweiz.»
Abwertungswettlauf auf dem Radar
Insbesondere die veränderte Weltlage stärke die relative Position der Schweiz. «Auf andere Finanzzentren dieser Welt kommen Turbulenzen aufgrund von geopolitischen Spannungen oder einer untragbaren Staatsverschuldung zu. Diese wird zu einem Abwertungswettlauf jener Währungen führen und wahrscheinlich zu einer Umstrukturierung von staatlichen Schulden.»
De Planta äussert sich auch zu den Vorschlägen der Expertengruppe Bankenstabilität, deren Mitglied er war. Die Finma und die Krisenkoordination auf Bundesebene müssten gestärkt und die Eigenkapitalqualität und die Notfall-Liquidität verbessert werden. «Bei der Notfall-Liquidität ist noch nicht so viel passiert; die SNB hat ein Projekt. Bei der Eigenkapitalqualität ist jetzt die Debatte im Gang.»