Mit dem Ende der Boni-Obergrenzen in Grossbritannien stehen die Gehälter bei Banken in London vor einen kräftigen Sprung nach oben. Doch dabei werden die Aktionäre ein Wörtchen mitzureden haben.
Das Ende der Bonus-Obergrenze, welche die variable Vergütungen für «Risk-Taker» auf das Zweifache des Grundgehalts begrenzt hatte, fiel bereits vor sechs Monaten. Vom Limit betroffen gewesen waren etwa Investmentbanker, Händler, Risikomanager oder Compliance-Mitarbeiter.
Nun plant eine Reihe von Instituten Anpassungen der Gehaltsstruktur, wie die Nachrichtenagentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete.
Gewichtiger Aktionärsvertreter dafür
Doch so schnell geht das nicht. Eine Reihe der grössten Kreditinstitute des Landes haben ihre Aktionäre in einem ersten Schritt um Erlaubnis gebeten, die Vergütungsstruktur für ihre besten Investmentbanker anzupassen. Entsprechende Traktanden stehen etwa an den Generalversammlungen der Grossbanken HSBC oder Barclays auf der Agenda.
Der gewichtige Aktionärsvertreter Glass Lewis, der sonst bei Vergütungen skeptisch ist, hat seinen Kunden bereits empfohlen, den Vorschlägen beider Banken zuzustimmen.
Personalmarkt in Bewegung
Damit könnten die Gehälter in London schon bald zu denen der grossen Wall-Street-Banken in den USA aufschliessen. Die Entwicklung dürfte sich zudem bei den britischen Niederlassungen der grossen US-Banken wie J.P. Morgan oder Goldman Sachs niederschlagen, die ebenfalls ihre Gehaltspolitik für Mitarbeiter in London überprüfen.
Der Personalmarkt im Bereich Banking in London sei wieder in Bewegung gekommen, wird eine Expertin von der Zeitung zitiert. Das könnte zu weiteren grosszügigen Gehaltserhöhungen führen.
Folge der Finanzkrise
Der Bonusdeckel wurde 2014 von der EU im Nachgang der Finanzkrise eingeführt. Die Regelung sah vor, dass die variable Vergütung auf die Höhe des Festgehalts begrenzt ist. Mit Zustimmung des Aktionariats konnten die Boni jedoch maximal das Doppelte des Grundgehalts erreichen.
Die britische Finanzindustrie hat jedoch über Jahre für eine Abschaffung der Boni-Obergrenze lobbyiert. Die Abschaffung wurde durch den Brexit wieder möglich, wobei als Argument darauf verwiesen wurde, dass man die Attraktivität des Finanzplatzes durch wettbewerbsfähige Gehälter steigen will.
Unter der Obergrenze hatte viele Institute hohe Fix-Gehälter gezahlt. So habe etwa der Londoner Handelschef der Citigroup, Paco Ybarra, 8,05 Millionen Dollar an festen Bezügen erhalten. Dies im Vergleich zu mit 1,5 Millionen Dollar Grundgehalt für Citi-Chefin Jane Fraser in den USA. Nur so war es möglich, Ybarra eine Gesamtvergütung von 20 Millionen Dollar zu zahlen.
Riesensprung für Börsenchef?
Für die Neugestaltung der Gehaltsstrukturen ist nun bei vielen Instituten die Zustimmung der Investoren nötig.
Als ein weiteres Beispiel für die Auswirkungen der Regeländerungen wird der CEO der Londoner Börse LSE, David Schwimmer, genannt. In seinem Fall wird den Aktionären eine Verdoppelung des Gehalts vorgeschlagen. Damit könnte Schwimmer in diesem Jahr bis zu 13,2 Millionen Pfund erhalten, (umgerechnet rund 14,8 Millionen Franken), verglichen mit maximal 6,35 Millionen Pfund im Vorjahr.
Dieser Anhebung steht Glass Lewis aber kritisch gegenüber. Der Aktionärsberater würde eine schrittweise Steigerung bevorzugen.
Grosse Gehaltslücke zu US-Unternehmen
Auch ausserhalb der Finanzindustrie ist der Gehaltsabstand zwischen dem Königreich und den Staaten gross. So ist das Durchschnittgehalt der CEO der am britischen Leitindex FTSE-100 gelisteten Unternehmen im vergangenen Jahr um 16 Prozent auf 3,91 Millionen Pfund gestiegen. Die Chefs der grössten börsennotierten US-Unternehmen haben im vergangenen Jahr im Schnitt 22,3 Millionen Dollar verdient.