Die Integration der Credit Suisse in die UBS kommt voran. Dadurch hat der UBS-Präsident wieder mehr freie Kapazitäten – die er künftig auch an einer britischen Universität einsetzen wird.
Verwaltungsratspräsidentinnen und -präsidenten von Schweizer Unternehmen sind zunehmend gefordert. Sie müssen gegenüber Aktionären, Stakeholdern und der Öffentlichkeit immer höhere Anforderungen erfüllen. Vier Sitzungen pro Jahr, wie sie früher oft noch üblich waren, reichen vor allem bei börsenkotierten Unternehmen längst nicht mehr aus.
Ein «Chairman» muss heute immer schneller agieren, seine Aufgaben werden zeitintensiver, und sie oder er nehmen eine immer aktivere Rolle in der strategischen Weiterentwicklung des Unternehmens ein. Dennoch bleibt manchen offensichtlich Raum für Nebenjobs, wie das neue Engagement von Colm Kelleher zeigt.
Schlüsselrolle bei Zwangsübernahme
Der UBS-Präsident war im Vorfeld und bei der Notübernahme der Credit Suisse (CS) durch die Schweizer Grossbank gefordert wie selten zuvor. Dabei hat der einstige Wallstreet-Banker das Institut mit Geschick durch eine äusserst anspruchsvolle und teilweise turbulente Zeit geführt.
Während sich jetzt UBS-Konzernchef Sergio Ermotti im Tagesgeschäft vor allem mit der Integration der CS beschäftigen muss und deshalb in letzter Zeit oft im medialen Rampenlicht steht, ist es um den Bankpräsidenten Kelleher zuletzt wieder etwas ruhiger geworden. In seiner Rolle als Präsident ist er wieder mehr in den Hintergrund getreten. Seine frei gewordenen Kapazitäten scheint er nun aber sehr sinnvoll für andere Aufgaben einzusetzen.
Gastprofessor in Grossbritannien
Denn von seiner langen Führungserfahrung im Bankgeschäft, seinem weit verzweigten Beziehungsnetz und seiner Expertise in der globalen Bankenlandschaft werden künftig auch Studierende in Grossbritannien profitieren. So hat die Loughborough Business School den Iren im November zum Gastprofessor für «Banking and Finance» ernannt. Die in der Grafschaft Leicestershire gelegene Universität zählt über 18’000 Studierende und ist im Vereinigten Königreich vor allem für ihre herausragende Sportfakultät bekannt.
Er freue sich darauf, sein Wissen und seine Erfahrung mit den Studierenden und dem Lehrkörper zu teilen, sagte Kelleher zu seiner Ernennung. «Gemeinsam können wir dazu beitragen, das Wissen und die Praxis im Bank- und Finanzwesen voranzubringen», erklärte der Topmanager, der im April 2022 zum Verwaltungsratspräsidenten von UBS gewählt wurde.
Sich von Colm inspirieren lassen
«Unsere Studierenden und Kollegen werden viel von Colm lernen und sich inspirieren lassen, um die Zukunft des Bankwesens zu gestalten und wirtschaftliche, ökologische und soziale Bedürfnisse in Einklang zu bringen, um die Welt besser zu machen», zeigte sich unterdesssen Jan Godsell, Dekan der Loughborough Business School, von Kellehers Vorzügen überzeugt.
Die Studierenden werden wohl nicht nur vom Wissen profitieren, das Kelleher bei der UBS gesammelt hat. Der 1957 geborene Spitzenmanager ist auch bekannt für seine gut 30-jährige Karriere bei der US-Grossbank Morgan Stanley, wo er bis 2019 als Präsident sowohl das institutionelle Wertpapiergeschäft als auch das Vermögensverwaltungs-Segment des Unternehmens leitete. Wie oft Kelleher an der Uni künftig dozieren wird, ist derzeit allerdings nicht bekannt.