Die Besucher des anstehenden Zurich Art Weekends werden vielleicht weniger über die an den Wänden hängenden Kunstwerke sprechen, sondern mehr über «die Interaktion zwischen der Kunstwelt und dem breiten Publikum», sagt der Zürcher Leiter von Mirabaud im Interview mit finews.ch.
Mit mehr als 100 Veranstaltungen ist der Schlüssel zum diesjährigen Zurich Art Weekend «der Dialog zwischen dem Künstler, dem Publikum und den Institutionen», erklärt Michael Hoesli, Leiter von Mirabaud Zürich und Kunstliebhaber, im Interview mit finews.ch.
Neben dem Austausch unterscheide sich die diesjährige Ausgabe auch durch ihre internationale Reichweite von früheren Versionen, sowohl bei den Sammlern als auch bei den ausstellenden Künstlern, sagt er.
Mirabaud, der Hauptsponsor des Art Weekends, lädt das Publikum dazu ein, einen Teil seiner hauseigenen Sammlung virtuell zu entdecken, darunter ein Werk des zeitgenössischen kubanischen Kollektivs Los Carpinteros (Bild unten) oder Fotografien des verstorbenen US-Künstlers Robert Mapplethorpe.
Los Carpinteros, Polen Hexagonal Azul, 2016 (Bild: Sammlung Mirabaud)
Wie viele Galerien und Museen auch hat Mirabaud seine Kunstsammlung während der Covid-Pandemie online zugänglich gemacht. Die Digitalisierung während dieser Zeit «hat das Interesse der Öffentlichkeit an der Kunst gefördert» und machte sie einem breiteren Publikum zugänglich, so Hoesli.
Das sei eine unerwartete Entwicklung gewesen, die auch den Weg für die NFTs geebnet haben könnte. Obwohl Hoesli, der selbst ein bisschen Kunst sammelt, den Trend mit seiner hohen Preisvolatilität beobachtet hat, räumt ein, dass es ihm schwerfällt, «eine emotionale Beziehung zu einem in der Ferne gelagerten Token aufzubauen».
Robert Mapplethorpe, Y Portofolio, 1978 (Bild: Sammlung Mirabaud)
Er ist jedoch begeistert von der Videokunst, die derzeit entsteht. Mit den Feeds vom Kunstanlasses auf Instagram, Linkedin, Facebook und Twitter ist das Zurich Art Weekend auch eine Möglichkeit für die Privatbank, mit der jüngeren Generation in Kontakt zu kommen.
Neue Kommunikationskanäle
Während sich die Kommunikationskanäle zu jüngeren Kunden verändert haben, «ändert sich die Art der Beziehung nicht. Die nächste Generation verlangt genauso viel persönlichen Service wie ihre Eltern und Grosseltern», sagt Hoesli.
Um ihren Kundenservice an die Anforderungen der jüngeren Generation anzupassen, arbeitet die Privatbank mit dem Bankensoftwareanbieter Temenos an einer neuen digitalen Plattform, die derzeit implementiert wird. Ansonsten wird alles intern erledigt.
Die Privatbank hat nie mittels einer Akquisition expandiert, sondern ist über sieben Generationen organisch gewachsen. Heute wird sie von vier Partnern geleitet: CEO Camille Vial, Nicolas Mirabaud, Yves Mirabaud und Lionel Aeschlimann, wobei die ersten drei der Gründerfamilie angehören.
Gespräche mit Kundenbetreuern
Die «langfristige Ausrichtung als Familienunternehmen» sei ein Verkaufsargument für Kundenbetreuer, die sich von grösseren Banken abheben wollen, sagt Hoesli. Mirabaud ist in «aktiven Gesprächen mit Einzelpersonen und Teams» von grösseren Bankengruppen und auch der Credit Suisse (CS), fügt er hinzu.
«Mirabaud führt in zunehmendem Masse Gespräche mit sehr vermögenden Familien, die sowohl bei der CS als auch bei der UBS Kundenbeziehungen unterhalten und die nicht alles auf eine Karte setzen wollen».
Ansonsten haben sich die Turbulenzen rund um die Übernahme kaum auf die Brokerage-, Vermögensverwaltungs- und Private-Banking-Dienstleistungen ausgewirkt, die Mirabaud über ihre Buchungszentren in der Schweiz, Dubai, Kanada und Luxemburg anbietet.
Mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 31 Milliarden Schweizer Franken spricht die Bank mit ihrem klaren Fokus auf den Family-Office-ähnlichen Service natürlich einen anderen Kundentyp an, als diejenigen, die sich an grössere Konkurrenten wenden, so Hoesli.
Grösse des Marktes
Seit Hoesli Ende 2019 die Leitung der Mirabaud-Niederlassung in Zürich übernommen hat, hat sich die lokale Marktpräsenz der Bank nahezu verdoppelt. Das Zürcher Geschäft mit knapp 50 Mitarbeitenden hat einen starken Fokus auf Lateinamerika und verzeichnet eine verstärkte Nachfrage aus einer anderen Region.
Durch den Krieg in der benachbarten Ukraine beunruhigt, «sahen viele polnische Bürger und andere EU-Bürger die Notwendigkeit, ihre Risiken zu diversifizieren», so Hoesli. Russland sei jedoch nie ein Schlüsselmarkt für die Privatbank gewesen, fügt er hinzu.
Trotz der Ereignisse, die den Schweizer Finanzplatz in den vergangenen 16 Monaten belastet haben, seien das nun Russland-Sanktionen oder der Niedergang der Credit Suisse als eigenständige Bank, ist Hoesli überzeugt, dass der Schweizer Finanzplatz langfristig weiterhin eine wichtige Rolle als «sicherer Hafen» spielen wird.
Attraktiv für exklusive Kunst
Aufgrund von Kunst-Events wie das Zurich Art Weekend oder die Art Basel ist der Schweizer Finanzplatz auch attraktiv, um exklusive Kunst zu geniessen. Hoesli zögert zwar, Kunst als Anlageklasse zu klassifizieren, räumt aber ein, dass es Strategien gibt, um den Wert der eigenen Sammlung zu steigern: «Ich rate meinen Kunden immer, das zu kaufen, was sie lieben», sagt er und fügt an: «Und wenn sich das, was man liebt, erst noch als eine gute Investition erweist, umso besser.»