Die Zinswende hat das Ende eines aussergewöhnlichen Marktumfelds für die Banken eingeläutet. Mit dem höheren Zinsniveau dürften kurzfristig einige Umstellungsschwierigkeiten verbunden sein.
Das vergangene Jahr hat die Banken in turbulentes Fahrwasser gebracht. Der Angriff Russlands auf die Ukraine, Energiekrise, rekordhohe Inflation und steigende Zinsen haben das Umfeld geprägt.
Das hat sich auch in den Antworten zu den Themen niedergeschlagen, die als grösste Gefahren gesehen werden. Hier sind eine globale Rezession und geopolitische Krisenherde in den Vordergrund getreten. Die globale Verschuldung wird weiterhin als sehr ernst bewertet und Energie und Stagflation sind neu ins Blickfeld gerückt.
Schnelle Zinssteigerungen
Abgenommen haben hingegen die Risikoeinschätzungen zu einem Börsencrash, einer Immobilienkrise und sogar die Inflationssorgen. Pandemierisiken werden kaum noch gesehen und selbst die Implikationen eines beschleunigten Klimawandels haben bei den Antworten an Gewicht verloren.
Die Inflation hat die Notenbanken zu schnellen Zinssteigerungen gezwungen. «Für Banken sind rasch und stark steigende Zinsen ein Problem», sagte Patrick Schwaller an der Vorstellung des EY Bankenbarometers 2023 am Dienstag. Er ist Managing Partner Audit Financial Services bei dem Beratungsunternehmen. «Mit kontinuierlich langsam steigenden Zinsen können sie gut umgehen.»
Historische Ausnahmesituation
«Die erwartete Zunahme der Kreditausfälle ist letztlich als Wendepunkt auf dem Weg zur Normalität im Schweizer Bankgeschäft zu beurteilen», so Schaller weiter.
«Ausfallrisiken gehören zum Bankgeschäft. In den letzten Jahren hatten wir es jedoch mit einer historischen Ausnahmesituation zu tun, bedingt durch das Negativzinsumfeld und staatliche Corona-Hilfen für Unternehmen. Wenn man von so einem tiefen Niveau kommt, sind halt auch einige Fälle mehr ein Anstieg», so der Experte weiter. Damit sei zu erklären, dass rund 60 Prozent der Banken höhere Ausfälle erwarten.
Steigende Ausfall-Erwartungen
Bei den Wohnbaufinanzierungen gehen 31 Prozent der befragen Banken mit Sicht auf die kommenden beiden Jahre von höheren Wertberichtigungen aus. 59 Prozent rechnen kurzfristig mit einem deutlich höheren Risikovorsorgebedarf für KMU-Kredite. Im Vorjahr lagen diese Werte bei 12 respektive 36 Prozent.
Das höhere Zinsniveau hat in der Wohnbaufinanzierung noch andere Auswirkungen. «Die Banken sehen eine klare Verlagerung von Festzins- zu Geldmarkthypotheken», sagt Schaller. Während die steigenden Kreditrisiken den kurzfristigen Ausblick eintrüben, ist die längerfristige Erwartung zu den Margen klar positiv.
Stark ausgeweitet
«Viele Banken haben das Kreditvolumen in den vergangenen Jahren stark ausgeweitet und in zwölf Jahren ist es um 60 Prozent gestiegen. Jetzt trifft das hohe Volumen auf die steigenden Zinsen», so Schaller weiter.
Da verwundert es nicht, dass vor allem Regional- und Kantonalbanken im Kreditgeschäft das grösste Wachstumspotenzial sehen. Bei Privat und Auslandsbanken liegt der Schwerpunkt auf dem Anlage- und Handelsgeschäft. Die Börsen-Baisse hatte hier im Vorjahr 2022 für Einbussen gesorgt.
Wettbewerb wird zu Anpassungen zwingen
«Bei den Sparzinsen wird die Normalisierung die Spreu vom Weizen trennen», sagt Patrick Schwaller. Diejenigen Banken, die bei der Erfüllung der steigenden Liquiditätsanforderungen eher Probleme haben, werden höhere Zinsen zahlen müssen. Andere, die dabei kein Problem haben, werden sich bei Anpassungen eher Zeit lassen.
Der Wettbewerb spielt aber nicht nur bei den Zinsen. Auch bei der Kreditvergabe und in der Vermögensverwaltung werden in vielen Kundenbeziehungen individuell ausgehandelte Sonderkonditionen gewährt, betonte Olaf Toepfer, Leiter des Bereichs Banking & Capital Markets bei EY.
Schwierige Sonderkonditionen
Änderungen würden aufgrund der hohen Volumina der laufenden Geschäfte dabei aber nur langsam wirken. «Und einmal gewährte Sonderkonditionen wieder zurückzufahren, ist sehr schwer», so Toepfer.
Dass die Banken den Wettbewerb ernst nehmen, lässt sich auch an den Einschätzungen zu den Gebühren ablesen. Laut Umfrage geben nur 2 Prozent der Banken an, ihre Gebühren erhöhen zu können. Im Vorjahr waren es noch 7 Prozent.