Anfang Juli übernimmt Evie Kostakis die Finanzen der Traditionsbank Julius Bär. Die griechisch-amerikanische Managerin hält dabei nichts vom Sparen um des Sparens willen.
Der Auftritt vom 19. Mai war bezeichnend für Evie Kostakis’ Karriere bei Julius Bär. Erstmals trat die designierte Finanzchefin (CFO) an der Seite von CEO Philipp Rickenbacher vor die versammelten Finanzanalysten, um ihnen bei der Strategiepräsentation die finanziellen Ziele der Zürcher Privatbank für die nächsten drei Jahre zu erklären.
Am (morgigen) 1. Juli wird die griechisch-amerikanische Doppelbürgerin nun die letzte Stufe nehmen und ganz offiziell in die Geschäftsleitung der Zürcher Traditionsbank einziehen.
Zeit zum Durchatmen wird ihr nach dem Antritt kaum bleiben. Die Finanzmärkte haben seit dem Mai nochmals tiefer ins Minus gedreht; und schon im Mai hatte CEO Rickenbacher davon gesprochen, dass Kundengelder bei der Bank abgeflossen seien. Fallen die Volumen, auf denen Gebühren generiert werden, drücken die Kosten umso mehr. Die neue Finanzchefin wird gefordert sein, die Balance wieder herzustellen. Im Gespräch mit finews.ch nimmt sie es mit Gleichmut. «Man hat nie ausgelernt», sagt sie mit Blick auf die Herausforderungen, welche sie im neuen Amt erwarten.
Langer Lernpfad
Dies könnte auch das Motto ihrer Laufbahn bei Traditionshaus an der Zürcher Bahnhofstrasse sein. Im Jahr 2013 holte der nun scheidende Bär-Finanzchef Dieter Enkelmann die Finanzexpertin zum Unternehmen; damals blickte sie bereits auf eine Karriere bei diversen Wall-Street-Häusern sowie auf Führungsposten bei Geldinstituten in Athen zurück. Seither hat die Kaderfrau einen langen Lernpfad bei der Privatbank absolviert. So wirkte sie unter anderem in der Corporate Development- und Strategieabteilung des Hauses, an der Seite von Investmentchef Yves Bonzon und seit 2020 als Vize-Finanzchefin von Enkelmann.
Für die finanzielle Umsetzung der Strategie, die von fokussiertem Marktwachstum, Verbesserung der Umsatzqualität bis hin zu digitalen Assets eine breite Palette von Themen abzudecken sucht, ist Kostakis entsprechend gerüstet. «Insofern machte es Sinn, dass ich die Strategie mit Philipp präsentierte, wenn ich später die Umsetzung beaufsichtige und rapportiere», sagt Kostakis.
1 Milliarden für Technologie
Die Julius Bär Gruppe, die in der jüngeren Vergangenheit mehrmals mit abrupten Chefwechseln aufschreckte, ist damit ein schönes Stück Nachfolgeplanung für den langjährigen Enkelmann gelungen. Dies, während man etwa im Hauptquartier der grösseren Konkurrentin Credit Suisse (CS) einige hundert Meter weiter am Zürcher Paradeplatz weiter nach einem Ersatz für Finanzchef David Mathers sucht.
Als eine Evolution zum «profitablen Wachstum» der vergangenen Jahre will Kostakis nun auch den neuen Dreijahres-Plan für die Bank verstanden wissen. Wie schon in der Periode zuvor möchte die Bank gleichzeitig wachsen und sparen – mit angezogener Handbremse wird also auf das Gaspedal gedrückt. Jährlich 40 Millionen Franken will Kostakis von 2023 bis 2025 Jahr für Jahr einsparen, wobei nach Aussagen von Chef Rickenbacher auch das Personal nicht ausgenommen ist.
Sparen um des Sparens willen sei dies aber nicht. Schliesslich seien die Einsparungen dazu da, die signifikanten Mehrausgaben bei der IT aufzufangen, sagt die angehende CFO. Julius Bär wird bis in drei Jahren rund 1 Milliarde Franken für Technologie ausgeben.
Jeder Franken zählt
Obwohl hierbei der operationelle Leiter (COO) Nic Dreckman die Zügel in der Hand hält, wird Kostakis sehr eng mit ihm und der Geschäftsleitung zusammenarbeiten. «Wir müssen sicherstellen, dass jeder ausgegebene Franken für Technologie einen Ertrag für das Unternehmen generiert», stellt sie klar. Doch das neue Programm hat eben erst begonnen, und das Umfeld ist unberechenbar geworden.
«Mit den Zinssteigerungen wollen die Notenbanken die Inflation bekämpfen. Das könnte ihnen gelingen – doch ebenso könnte eine Rezession resultieren», gibt die ausgebildete Ökonomin zu bedenken. An den Börsen seien solche Befürchtungen bereits sichtbar, sagt Kostakis. «Aufgrund der fallenden Kurse schrumpft die Vermögensbasis, und wir müssen umso mehr auf die Kosten achten.»
Während es demnach gar nicht so einfach sein wird, für operationelle Kontinuität bei der Bank zu sorgen, hat die designierte CFO für die ihr unterstellte Finanzabteilung einiges an Veränderungen vor. Das Berufsbild dort sei stark im Wandel, berichtet Kostakis. Deshalb sei es Zeit für ein «Reskilling» und «Upskilling» ihres Teams.
«Heutzutage lernen Talente Python»
So genüge es heute nicht mehr, nur in Rechnungslegungs- und Auditthemen fit zu sein. Gefragt seien nun auch ein vertieftes Wissen von Technologie und ein Verständnis des Geschäfts, um die Transformation im Unternehmen zu begleiten. Als sie Associate beim US-Haus Morgan Stanley gewesen sei, habe man Jungbankerinnen und Jungbankern zu den Experten in Endnutzerlösungen abkommandiert. «Heutzutage lernen angehende Talente Python und andere Programmiersprachen.»
Dass sie es 22 Jahre nach ihrem Karrierestart bei Morgan Stanley in die Geschäftsleitung einer börsenkotierten Schweizer Bank gebracht hat, nimmt Kostakis dabei nicht nur für sich selber in Anspruch. «Ich hatte das Glück, von Mentoren begleitet zu werden», blickt die 46-jährige Managerin zurück.
Sie wolle nun etwas «zurückgeben», wobei sie sich sehr bewusst ist, dass sie auch eine Vorbildrolle zu erfüllen hat. Als eine von zwei Frauen im neunköpfigen Management von Julius Bär erscheint dies nur logisch.