Deutsche Behörden gehen in Zusammenhang mit den strafbaren Steuertricks inzwischen mehr als 100 Fällen nach. Auch die Schweizer Justiz beugt sich weiter über die Cum-Ex-Affäre.
Seit zehn Jahren spüren deutsche Ermittler den Cum-Ex-Steuertricks nach, an denen Banken und Investoren illegalerweise verdienten. Fälle werden im nördlichen Nachbarland in Frankfurt, München und Stuttgart untersucht – Brennpunkt der Finanzaffäre ist aber Köln, wo die Zahl der Verfahren auf 105 geklettert ist, wie das deutsche «Handelsblatt» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete. Die Zahl der Beschuldigten stieg demnach auf 1’350.
Eine Frage der Zuständigkeit
Die Ermittler in Köln sind entsprechend gefordert. Gut 20 Staatsanwälte sind dort dem Verfahren zugeteilt. Für 2022 sind zusätzlich sechs Stellen eingeplant. Die Ballung in Köln im Bundesland Nordrhein-Westfalen hat auch historische Gründe: Die Staatsanwaltschaft ist zuständig für Fälle des Bundeszentralamts für Steuern in Bonn. Ausländische Finanzinstitute beantragten beim Amt die Erstattungen für Steuern, die sie gar nicht gezahlt hatten.
Schätzungen zufolge wurde der deutsche Fiskus mit den Tricks um Kapitalertrags-Steuern auf Aktien um rund 12 Milliarden Euro gebracht. Der Bundesgerichtshof hat inzwischen bestätigt, das diese Geschäfte strafbar sind.
Schweizer Kreise
Auch in der Schweiz zieht die Finanzaffäre weitere Kreise. So machte das Bundesstrafgericht im vergangenen Dezember den Weg frei für die Auslieferung des Steueranwalts Hanno Berger nach Deutschland. Er gilt als zentrale Figur im Cum-Ex-Skandal und lebte rund zehn Jahre im Schweizer Exil. Er soll Anfang Jahr überstellt werden.
Ebenfalls im Dezember brach zudem das Zürcher Obergericht den Prozess gegen den deutschen Anwalt Eckart Seith und zwei ehemalige Mitarbeitende der Basler Privatbank Sarasin – die heutige J. Safra Sarasin – überraschend ab.
Zentraler Zeuge
Seith ist sinnigerweise eine der wichtigsten Quellen für die Staatsanwälte in Köln; 2013 lieferte er Hinweise zu den Verwicklungen der Schweizer Bank Sarasin. Der Anwalt hat den milliardenschweren deutschen Drogerie-König Erwin Müller im Rechtsstreit mit Sarasin vertreten. Die früheren Sarasin-Mitarbeitenden wiederum hatten sich an Seith gewandt und ihm interne Dokumente zu den Cum-Ex-Geschäften zugespielt.
Die Vorinstanz hatte drei Beschuldigten unter anderem noch wegen Anstiftung zu Vergehen gegen das Bankengesetz verurteilt. Wie auch finews.ch berichtete, stellte das Obergericht aber den Anschein von Befangenheit beim Staatsanwalt fest. Das Gericht wird nun entscheiden, wie es mit dem Fall in Zürich weitergeht.