Der Chef der US-Grossbank J.P. Morgan hat in einer Rede scherzhaft gewettet, dass seine Bank länger durchhalten wird als die Kommunistische Partei Chinas. Schweizer Banken sind gegenüber China deutlich weniger keck gewesen als Jamie Dimon.
Jamie Dimon, der Chef von J.P. Morgan Chase, hat in einer Rede darauf gewettet, dass die US-Bank die Kommunistische Partei Chinas überdauern werde. Gleichzeitig bekräftigte er das Engagement für die Expansion in der Volksrepublik.
«Ich habe neulich einen Witz darüber gemacht, dass die kommunistische Partei ihr 100-jähriges Bestehen feiert. Genau wie J.P. Morgan. Ich wette, dass wir länger durchhalten», sagte er am (gestrigen) Dienstag in einer Rede vor dem Wirtschaftsforum Boston College Chief Executives Club, wie die «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) am Mittwoch berichtet.
«In China kann ich das nicht sagen. Die hören wahrscheinlich sowieso zu», sagte Dimon weiter. Die Wall-Street-Bank ist seit 1921 in China tätig, dem Jahr, in dem auch die kommunistische Partei des Landes gegründet wurde.
Dünnes Eis
Auf welch dünnem Eis man sich mit Scherzen über China bewegt, musste 2019 etwa die UBS erfahren, als sich ein Analyst an einer originellen Bemerkung zur Schweinefleisch-Knappheit in China versuchte. Die «Schweine in China»-Analyse wurde als Beleidigung aufgefasst, und die UBS von Geschäften mit Staatsbeteiligung ausgeschlossen. Die UBS zog ihren Chefökonomen deswegen zeitweilig vom Dienst ab.
Zuletzt stand auch die Credit Suisse in der Kritik, die dem chinakritischen Künstler Ai Weiwei das Konto seiner Stiftung schloss, was von vielen als ein vorauseilender Gehorsam gegenüber der Staatsführung gewertet worden war.
Führungskräfte globaler Unternehmen, die einen grossen Teil ihres Umsatzes in China erwirtschaften, sind in der Regel äusserts zurückhaltend mit Kommentaren zu Peking. Nicht so Wall-Street-Doyen Dimon.
China-Engagement
J.P. Morgan hatte erst Anfang Jahr die Genehmigung erhalten, eine eigene Investmentbank in dem Land zu betreiben, was als wichtiger Meilenstein gesehen wird. Über Joint Ventures ist man zudem in der Vermögensverwaltung aktiv. Für die Bank stelle das Wirtschaftswachstum in China eine der grössten Chancen für sich und ihre Kunden dar, wird gerne betont.
Und erst vor rund einer Woche hatte Dimon als einer der ersten Bankchefs seit Beginn der Coronavirus-Pandemie überraschend einen eintägigen Besuch in Hongkong gemacht. Dabei sagte er mit Blick auf die Spannungen zwischen den USA und China, er lasse sich «nicht von geopolitischen Winden beeinflussen». Er glaube, dass die führenden Politiker der Welt «vernünftige» Lösungen finden würden.
Die Scherz-Wette von Dimon kann auch als ein weiterer Beleg für sein ausgeprägtes Selbstbewusstsein interpretiert werden. Er leitet die nach Bilanzsumme grösste US-Bank seit 2005 und ist damit der dienstälteste Grossbankchef weltweit.
Schnelle Reue
Nach den Medienberichten zu seiner Rede hat J.P. Morgan ein Statement veröffentlicht, in dem Dimon sich für die Aussagen entschuldigt.«Ich bedauere diese Bemerkung und hätte sie nicht machen sollen. Ich habe versucht, die Stärke und Langlebigkeit unseres Unternehmens zu betonen», heisst es dort, wie «Reuters» berichtet.
Dimon habe eingeräumt, dass er «niemals leichtfertig oder respektlos über ein anderes Land oder dessen Führung sprechen sollte», sagte ein Sprecher.