Die Finanzlage der AHV sorgt auch die Ökonomen der UBS. In einer Studie kamen sie zum Schluss, dass eine Erhöhung des Rentenalters wenig bringen würde – wohl aber die Einführung des Referenzalters.
Das Problem in der AHV ist seit langem bekannt: Waren die von Arbeitnehmerinnnen und Arbeitnehmern eingezahlten Beiträge in der Vergangenheit noch höher gewesen als die Auszahlungen an Rentnerinnen und Rentner, hat sich das Verhältnis aufgrund der demografischen Entwicklung gekehrt. Noch deckt der in früheren Jahren geäufnete AHV-Ausgleichsfonds das Defizit. Aber Berechnungen zeigen, dass der Ausgleichsfonds bereits im Jahr 2030 leer sein könnte.
Gegenmassnahmen lassen derweil auf sich warten, denn die Reform der Altersvorsorge ist politisch stecken geblieben. Die UBS-Ökonomen kommen für die Lösung des AHV-Problems nun aber zu einem einfachen Schluss: Es wäre zielführender, das fixe Rentenalter in den Ruhestand zu schicken, schreiben sie im am Dienstag publizierten Papier.
Ablösung vom starren Punkt Rentenalter
Anstattdessen sei ein Referenzalter einzuführen, das individuelle Flexibilität bei fairen Leistungen ermöglicht; beispielsweise eine aktuarisch gerechte Rente bei Frühpensionierung oder höhere Rentenleistungen bei längerem Erwerbsleben. «Ein Referenzalter wäre zudem eine psychologische Vereinfachung, denn es würde den Anker von einem starren Punkt lösen und jedem erlauben, zu definieren, wie viel Zeit er oder sie in Ausbildung, im Erwerbsleben oder im Ruhestand verbringen möchte», so die UBS.
Die Ökonomen kommen aufgrund einfacher Berechnungen zu diesem Schluss: Im Vergleich zum Jahr 1948, als die AHV in der Schweiz gesetzlich verankert worden war, arbeiten die Schweizerinnen und Schweizer gemessen an ihrer Lebenszeit heute viel weniger.
Von 60 auf 48 Prozent Arbeitszeit
Damals verbrachte man rund 60 Prozent seines Lebens mit Arbeiten. Heute mit einer Lebenserwartung von rund 88 Jahren sind es nur noch 48 Prozent. Der Lebensanteil im Ruhestand stieg derweil auf 26 Prozent. Mit der steigenden Lebenserwartung nimmt die Arbeitszeit weiter ab – und die Ruhestandszeit steigt. Auch hat sich die Verweildauer im freiwilligen Bildungsprozess erhöht, was zulasten der Arbeitszeit geht, wenn das Rentenalter 65 Jahre gilt.
Grundsätzlich sprechen diese Entwicklungen für eine gestiegene Produktivität und einen höheren Wohlstand. Doch gratis sei das nicht, so die UBS. «Ein längerer Ruhestand verlangt mehr finanzielle Mittel von Individuum und Staat. Bei gleicher Arbeitszeit stellt sich die Frage, wie dies finanziert werden kann.»
Höheres Rentenalter könnten nicht alle mittragen
Die UBS-Ökonomen blenden in ihrer Betrachtung einen Faktor aus: Den dritten Beitragszahler, also die Performance im AHV-Ausgleichsfonds. Dessen Relevanz wird in der politischen Diskussion um das Rentensystem zwar laufend unterschätzt. Veränderungen in der Grundfinanzierung der AHV sind aber dennoch notwendig.
Die UBS-Ökonomen geben zu bedenken, dass eine allgemeine Erhöhung des Rentenalters neue Probleme schaffen würde. Denn der Preis eines höheren Rentenalters könne nicht von allen Menschen gleichermassen mitgetragen werden.
«Die durchschnittliche Lebenserwartung wird mit Statistiken ermittelt, doch es bestehen beträchtliche Unterschiede bei Bildungsstand sowie beruflicher und gesundheitlicher Situation.» Ein Referenzalter, also eine flexible Lösung, würde dem Problem gemäss UBS eher beikommen.