Andreas Gottschling gilt im Verwaltungsrat der Credit Suisse als Vollblut-Banker und Spezialist fürs Risiko. Doch nun droht ihm wegen des Debakels um Archegos und Greensill Ungemach.

Die amerikanische Aktionärsrechts-Vetreterin Glass Lewis hat ihre Parolen für die Generalversammlung der Credit Suisse (CS) vom 30. April bekanntgegeben. Im Papier, das finews.ch vorliegt, stellt sich der mächtige «Proxy» in den allermeisten Traktanden hinter die Anträge des CS-Verwaltungsrats.

Mit zwei gewichtigen Ausnahmen. So lehnen die Amerikaner jegliche zusätzliche Vergütungen für die Bankspitze ab – und stemmen sich gegen die Wiederwahl von Andreas Gottschling ins Gremium.

Rauswurf der Risiko-Chefin reicht nicht

Glass Lewis begründet dies im Positionspapier vom Dienstag mit Zweifeln bezüglich Gottschlings Leistung und seiner Eignung für den Posten. Der 53-jährige Deutsche sitzt seit 2017 im Gremium. Mit seiner früheren Tätigkeit bei verschiedenen Banken (Deutsche Bank, LGT und Erste Bank) sowie als Berater bei McKinsey und als Aufsichtsrats-Mitglied der Deutschen Börse gilt er zwar als fachlich auf der Höhe und als Spezialist fürs Risiko. finews.ch nannte Gottschling gar als Favoriten für die nachfolge des scheidenden CS-Präsidenten Urs Rohner.

Als Leiter des Komitees, das im CS-Verwaltungsrat die letzte Verantwortung der Risiken bei der Bank trägt, wird ihm nun aber aus dem Debakel um die Greensill-Fonds und die New Yorker Finanzfirma Archegos ein Strick gedreht. Wie auch finews.ch berichtete, musste Risikochefin Lara Warner deswegen bei der Grossbank bereits ihren Posten räumen.

Die Massnahme hat aber offenbar nicht ausgereicht, um Glass Lewis zu besänftigen. Die Aktionäre wurden durch den Doppelschlag Greensill-Archegos bei der CS ebenfalls schwer getroffen – ein laufendes Aktienrückkauf-Programm wurde eingestellt, und die Dividende um zwei Drittel auf 10 Rappen je Aktie reduziert.

Grossaktionärin droht mit Verkauf

Die Finanzinvestorin und Grossaktionärin Harris Associates hat in Reaktion auf die Vorgänge mit dem Verkauf ihrer CS-Positionen gedroht, wenn bezüglich Risikomanagement und Kultur nicht durchgegriffen werden beim Institut. Die Schweizer Aktionärsrechts-Vertreterin Ethos Stiftung forderte volle Transparenz über die Ergebnisse der Untersuchung, die bei der Bank nun intern zu den Vorfällen angelaufen ist.

Sinnigerweise spielt Gottschling bei diesem Unterfangen, das noch von CS-Präsident Rohner in Auftrag gegeben worden ist, wohl einen zentral Rolle: Schliesslich laufen hierzu im Risiko-Komitee des Verwaltungsrat die Fäden zusammen. Gottschling hat mit der Kampfansage von Glass Lewis nun wohl einen ganz persönlichen Anreiz, dem Debakel bei der zweitgrössten Schweizer Bank auf den Grund zu gehen.