Bei der Credit Suisse ist das Ausmass der Debakel um die Greensill-Fonds und die Finanzfirma Archegos nicht genauer bekannt. Doch inzwischen hat eine Reihe von Analysten erste Einschätzungen gemacht – und zum Rotstift gegriffen.
Am Mittwoch fielen die Aktien der in einem Sturmtief steckenden Credit Suisse (CS) weiter, und verloren im Laufe des Vormittags über 2 Prozent. Dies, nachdem diverse Analysten ihre ersten Einschätzungen zu den Verwerfungen bei der Grossbank veröffentlich hatten.
Die schmerzhaftetste Herabstufung ist jene der mächtigen Rating-Agentur Standard & Poors (S&P). Sie hat den Ausblick von «stabil» auf «negativ» gesenkt, nachdem die CS zu Wochenbeginn gezwungen war, einen hohen Verlust wegen des Kollapses ihres Kunden Archegos Capital Management anzukündigen, eines von Bill Hwang privat geführten Hedgefonds.
Mängel im Risikomanagement
Damit steigen die Refinanzierungskosten der CS, was sich wiederum auf die Rentabilität auswirken wird – wobei klar ist, dass die Verluste aus dem Archegos-Debakel wie auch aus jenem mit den geschlossenen Greensill-Fonds den angestrebten Vorsteuergewinn der CS von 5 Milliarden Franken für 2021 in Frage stellen.
S&P geht immerhin davon aus, dass die CS übers Jahr hinweg doch noch profitabel sein werde. Härter ins Gericht gehen die Analysten mit der Qualität des Risikomanagements der CS: Der negative Ausblick spiegle die Ansicht wider, dass die potentiellen Verluste aus Mängeln im Risikomanagementsystem oder in der Risikobereitschaft der Gruppe resultieren könnten.
Tiefschlag auf Tiefschlag
Andere Analysten haben sich über die möglichen Verluste gebeugt. Eoin Mullany von der Berenberg Bank schrieb, bei der CS folge Tiefschlag auf Tiefschlag. Aus dem Archegos-Kapitel könne ein Verlust von 3 bis 4 Milliarden Dollar entstehen; eine Einschätzung, die von Analysten der US-Bank J.P. Morgan geteilt wird.
Die CS müsse nun ihr Aktienrückkaufprogramm suspendieren, so Mullany. «Wir gehen davon aus, dass die CS nun grundsätzlich prüfen wird, wie sie künftig Risiken nehmen und managen wird.» Auch der Analyst der US-Grossbank Citi, Andrew Coombs, hält die Wahrscheinlichkeit für hoch, dass die Schweizer Konkurrentin das Aktienrückkauf-Programm, geplant waren 1,5 Milliarden Franken, stoppt.
Gnädige UBS
Goldman Sachs schrieb, die CS werde wohl einige grundsätzliche Überprüfungen einzelner operativen Einheiten vornehmen. Solche Situationen seien typisch dafür, dass eine Bank ihre Risikoappetit senke und für Neugeschäft die Hürden höher stelle und auch Restrukturierungen vornehmen werde. «Für jede Milliarde Handelsverlust senken wir unsere Gewinnschätzung für 2021 um 20 Prozent.»
Eher gnädig war der Analyst der UBS, der laut «Cash» die CS-Aktien weiterhin «neutral» einstuft. Allerdings seien weder Verluste aus der Greensill-Affäre noch aus der Abwicklung von Archegos in der Einschätzung enthalten. Die CS sei fähig, grössere Verluste aufzufangen und trotzdem eine progressive Dividende auszuschütten, schrieb der UBS-Analyst.