Sabine Keller-Busse wird die vierte Chefin, welche die UBS Schweiz in den letzten sechs Jahren hatte. Die Grossbank ist im Heimmarkt zwar immer noch die Nummer 1. Aber das Geschäftsmodell muss sich radikal ändern.
Hier müsse Ralph Hamers ansetzen, schrieb finews.ch anlässlich der Drittquartalsergebnisse der UBS: Das Schweizer Geschäft, die Grossbank nennt es Personal & Corporate Banking, hat 2020 massive Rückschläge erlitten und wird hinter der in den letzten Jahren gültigen Marke von rund 1,4 Milliarden Franken Vorsteuergewinn deutlich zurückbleiben.
Klar: Die Corona-Krise setzt dem Kreditgeschäft zu. Die UBS musste sogenannte Credit Loss Expenses (CLE) in der Höhe von mehreren 100 Millionen Franken vornehmen – das ist nicht Schweiz-Chef Axel Lehmann anzulasten.
Rücktritt selbst gewählt
UBS-intern wird darauf hingewiesen, dass die UBS in der Schweiz nach wie vor die Nummer 1 sei. Sprich: Das zu erwartende schlechte Jahresergebnis sei nicht der Grund für Lehmanns Rücktritt und die Übernahme des Geschäfts durch Sabine Keller-Busse (Bild unten).
Lehmann wird kommendes Jahr 62 Jahre alt – ein guter Zeitpunkt, um sich aus dem stressvollen operativen Tagesgeschäft zu verabschieden. Die UBS vertritt die Version eines normalen Wechsels im Top-Management. Lehmann schreibt in einem finews.ch vorliegenden Memorandum an die Mitarbeiter, er habe sich zum Rücktritt entschieden.
Ausruhen ist nicht erlaubt
Das mag sein. Doch einen Wechsel im wichtigen Schweiz-Geschäft zu vollziehen, eilte offenbar doch. Denn einen Chief Operating Officer, der Keller-Busse ersetzt, muss die UBS erst noch suchen.
Ausruhen kann sich die UBS auf ihrer Pole-Position nicht. Lehmann lieferte während seiner zwei Jahre als Schweiz-Chef zwar anständige Ergebnisse, die Gewinnentwicklung blieb stabil.
Doch das Geschäftsmodell im klassischen Retailbanking befindet sich in einem radikalen Wandel. Dies manifestiert sich an einer Kennzahl, auf welche weder Lehmann noch die UBS einen Einfluss hat: Die Zinsmarge, die langsam aber sicher erodiert.
Wenig Dynamik, wenig Mut
Das Banking der Zukunft in der Schweiz liegt nicht im Zinsgeschäft – und die UBS tat sich in letzten Jahren schwer, darauf eine Antwort zu finden. Das gelang weder Martin Blessing noch seinem Nachfolger Lehmann, der just in diesem Punkt Dynamik und Mut vermissen liess.
Keller-Busse ist nun die vierte President UBS Switzerland innert sechs Jahren, welche sich auf dem Posten versucht. Lukas Gähwiler hielt sich sechs Jahre lang, bevor er sich 2016 auf das Amt des Chairman zurückzog. Er konnte das Geschäft allerdings noch in einem anderen Zinsumfeld führen.
Banking der Zukunft entscheidet sich im Retailmarkt
Keller-Busse, eine frühere McKinsey-Beraterin und CS-Bankerin, übernimmt also gleichsam einen Schleudersitz: Der Kampf um die Vorherrschaft im Banking der Zukunft wird im Retailgeschäft geschlagen. Hier finden die radikalsten Veränderungen der Kundenbedürfnisse und -gewohnheiten statt. Hier sind die Hürden am tiefsten für agile Challenger- und Smartphone-Banken, den schwerfälligen Filialinstituten Marktanteile abzujagen und rasche Skalierungserfolge zu verzeichnen.
Dem Vernehmen nach freut sich Keller-Busse auf den Job: Nach zehn Jahren in Corporate-Funktionen übernimmt die 55-jährige deutsch-schweizerische Doppelbürgerin wieder sogenannte «P&L»-Verantwortung und muss Ergebnisse in barer Münze abliefern.
Sparringpartner für Ralph Hamers
Die UBS Schweiz braucht eine energetische Persönlichkeit wie Keller-Busse an der Spitze. Weil sie als COO zuletzt auch den gesamten Technologie-Bereich der UBS verantwortete, werden von ihr digitale Antworten auf die wachsenden Herausforderungen im Heimmarkt erwartet. Ein Angebot, wie es die Credit Suisse mit CSX in diesem Herbst lanciert hat, stünde auch der UBS gut an.
Ob UBS-CEO Ralph Hamers den Wechsel im Schweiz-Geschäft veranlasst hat oder nicht: Mit Keller-Busse hat er nun eine Managerin auf einer wichtigen Position, die sich für die weitere Entwicklung und Transformation der UBS als Ganzes als Schlüssel erweisen kann.