Geht es um die grossen Würfe im globalen Banking, hat in der Regel McKinsey die Finger im Spiel. Das Beratungsunternehmen hat nun eine Bank der Zukunft entworfen. Eine Umsetzung dürfte nicht ganz einfach sein.
Banken bezahlen das Beratungsunternehmen McKinsey dafür, dass es kühne Strategien entwirft. Diese haben oftmals einen transformativen Charakter. Sie beinhalten Grossübernahmen oder -fusionen oder eine komplette Neuausrichtung des Geschäftsmodells.
McKinsey-Berater sind dafür da, Zukunftsstrategien auszuarbeiten. Diese sehen auf den Powerpoint-Präsentationen gut aus, zeigen mehrjährige Projektionen von Wert- und Ertragssteigerungen auf die Kommastelle und sind immer ein Erfolgsrezept für die Zukunft.
Logische Entwicklung
Das von McKinsey nun vorgestellte Erfolgsrezept für Banken heisst: Artificial Intelligence, also Künstliche Intelligenz (AI oder KI). In einer am Montag veröffentlichten Studie begründet McKinsey, warum Banken in ihren Prozessen und Abläufen die Künstliche Intelligenz das Szepter übernehmen lassen sollen und was sie an dabei an Werten freisetzen können.
Demnach ist Künstliche Intelligenz nur die logische Fortsetzung einer linearen Innovationsentwicklung im Banking: Vom Bankomaten über Kreditkarten zum Online-Banking und anschliessenden mobilen Banking trete man nun in das Zeitalter des von Daten getriebenen AI-Banking ein. Potenzieller Wert in der globalen Bankenindustrie: 1 Billion Dollar pro Jahr, der sich aus Mehrerträgen im Vertrieb zusammensetzt sowie aus tieferen Kosten im Risiko- und Personalmanagement.
Ein Lächeln für eine Zahlung
Die verschiedenen KI-Tools würden sich von Front Office bis ins Back Office verteilen. McKinsey nennt acht Werkzeuge:
1. Eine Gesichtserkennungsfunktion, bei der ein Lächeln eine Zahlung auslöst
2. Eine weitere Gesichtserkennungsfunktion, mit der potenzielle Kreditnehmer gescored werden
3. Biometrische Erkennungsfunktionen
4. Intelligente Betrugs- und Cyber-Crime-Erkennungssysteme
5. Künstliche Beratungs- und Service-Angestellte
6. Künstliche Filial-Angestellte
7. Intelligente Erfassungssysteme für Dokumente und Gesprächsprotokolle
8. Transaktions- und Risikoanalysen in Echtzeit
Gemäss McKinsey sind ermöglichen diese Werkzeuge Angebote, welche die Kunden erwarten und die Banken im digitalen Zeitalter wettbewerbsfähig machen.
Drei grosse Schwächen
Wer die McKinsey-Liste der notwendigen AI-Tools durchgeht, bemerkt gleich: Das ist alles nicht neu. Sprich: Die Technologien sind vorhanden und vereinzelt auch schon in der Praxis erprobt. Doch wird Künstliche Intelligenz im Banking bislang weder in der Breite noch in der Tiefe angewandt.
McKinsey erkennt drei grosse Schwächen von Banken, die zwar jährlich Milliarden für IT- und Technologie ausgeben, jedoch nicht für den breiten Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Zunächst sind dies die veralteten Kernbankensysteme der Banken, in die zwar erhebliche Summen der jährlichen IT-Ausgaben fliessen, die jedoch nicht für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz kompatibel sind. Zweitens sind die Banken schwach im Datenmanagement und verfolgen drittens veraltete Geschäftsmodelle und eine unzeitgemässe Personalpolitik.
Keine Lösung, sondern strategischer Imperativ
Die Lösung, welche McKinsey vorschlägt, ist auch für einen Beratungsansatz komplex und schwer umzusetzen. Um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz vollständig zu integrieren, sind Transformationen auf mehreren Ebenen notwendig:
1. Im technologischen Setup, um Kundenbedürfnisse zu treffen. Das Stichwort heisst hier: personalisiert.
2. Im technologischen Setup, um Produkte auszuwählen und auszuliefern. Das Stichwort heisst hier: Intelligente Algorithmen können das besser als Kundenberater.
3. Die Kern-IT und Dateninfrastruktur erneuern und massiv verstärken Stichwort: Cloud.
4. Ein Plattform-Geschäftsmodell etablieren. Stichwort hier: Technologie allein genügt nicht, Silos und Hierarchien in den Banken müssen aufgebrochen werden.
McKinsey schliesst die Studie mit den Worten ab, die Anwendung von KI-Technologien sei keine strategische Option mehr, sondern ein Imperativ.