Das Schweizer Private Banking hat nie mehr an die gute Zeiten von vor der Finanzkrise anknüpfen können. Das zeigen finews.ch exklusiv vorliegende Zahlen der Beratungsfirma McKinsey. Welche Institute überleben die Coronakrise?
Zwischen der Finanzkrise und der Corona-Pandemie liegen zwölf Jahre. Zu wenig Zeit für die Schweizer Privatbanken, um sich zu erholen. Dies zeigen Zahlen eindrücklich, welche die Beratungsfirma McKinsey für die hiesige Branche erhoben hat, und die finews.ch exklusiv vorliegen.
Demnach befindet sich der Profit-Pool des Swiss Private Banking 50 Prozent unterhalb des Niveaus von 2007. Damals war weder von Finanzkrise noch vom Ende des einträglichen Geschäfts mit unversteuertem Geld aus dem Ausland die Rede.
Drei Leiden aufs Mal
Die McKinseyaner sind die Meister der kühlen Kalkulation. Die von ihnen erhobenen Daten beschreiben, wie die Branche seither an drei Leiden gleichzeitig krankt: Es fehlt an Wachstum, die Ertragskraft schwindet und die Kosten bleiben hoch. 2019 lag das Neugeldwachstum bei 1 Prozent, gegenüber 7 Prozent im Jahr 2007. Die Ertragsmarge sank in der Frist von 97 auf 80 Basispunkte. Die Kostenmarge ging von 59 zu 58 Basispunkten aber nur unwesentlich zurück.
Eine Unterlassungssünde, glaubt man Jan Quensel, Associate Partner bei McKinsey in Zürich. «Durch die Korrekturen bei den verwalteten Vermögen haben die Kosten in den vergangenen Monaten an Bedeutung gewonnen. Dabei sind die Kosten der Front ein signifikanter Block, der in den letzten drei bis vier Jahren mit fast 3 Prozent auch am stärksten gewachsen ist», sagte dieser jüngst zu finews.ch.
Mit diesem Handicap sind die noblen Private Banker 2020 in die Pandemie gerutscht.
Rettende Mandate
Immerhin: Laut McKinsey, die Beratungsfirma hat im aktuellen Private Banking Report die Institute in ganz Westeuropa unter die Lupe genommen, sind die Schweizer Häuser vergleichsweise margenstark. Ihre Ertragsmarge liegt mit durchschnittlich 80 Basispunkten deutlich über dem europäischen Mittel von 73, was zu guten Teilen der hohen Mandats-Durchdringung geschuldet ist.
Den Schweizern ist es demnach gelungen, mehr Kunden in «rundum betreute» Angebote zu bewegen als die Konkurrenz im nahen Ausland. 42 Basispunkte der Marge entfallen hierzulande auf wiederkehrende Gebühren. Seit 2007 im Trend rückläufig sind hingegen Courtagen und Retrozessionen.
Die Krux mit dem Cash
Mit Blick auf die Coronakrise hat sich der Ertragsmix fürs Private Banking nochmals verändert, wie die Berater feststellen. Mit den Courtagen haben die meisten Institute im Corona-Crash dieses Jahr viel Geld verdient – angesichts der Umschichtungen in den Portefeuilles legte der Handel deutlich zu.
Demgegenüber nahmen die wiederkehrenden Gebühren tendenziell ab, da die verwalteten Vermögen aufgrund der Buchverluste an den Börsen sanken. Auf europäischer Ebene legte zudem der Cash-Anteil an den verwalteten Vermögen von 30 auf 33 Prozent zu. Mit Barem lässt sich, abgesehen von der Weitergabe von Strafzinsen, wenig verdienen.
Sparen Front-to-Back
Der Margendruck wird also künftig nicht so schnell verschwinden, während das Wachstum in den Sternen steht – bleiben die Kosten als Hebel. «Wir glauben an eine Front-to-Back Kostenreduktion entlang der zentralen Prozessen einer Bank, unterstützt durch eine Reduktion der Komplexität, zum Beispiel im Bereich Märkte und Produkte», sagt dazu Quensel von McKinsey.
Mit Sparen ist es aber auf die Länge nicht getan. Wachstum muss her, und dieses liesse sich laut der Beratungsfirma unter anderem erreichen, wenn die Privatbanken näher an ihren Kunden heranrücken und deren Wünschen besser entgegenkommen. Client Experience lautet hier das Stichwort, getrieben durch die digitalen Kanäle, die mit der Coronakrise ernsthaft ins Spiel gekommen sind.
Unter ferner liefen
Ein Heimspiel wird die Digitalisierung fürs Schweizer Private Banking wohl leider nicht. Wie eine Studie der Beratungsfirma Oliver Wyman kürzlich zeigte, schneiden die Apps der hiesigen Akteure im internationalen Vergleich mässig ab.
Auch an der generellen Erreichbarkeit muss noch gearbeitet werden. «Unser Research zeigt, dass ein Drittel der Kunden von ihren Banken nicht kontaktiert wurden», berichtet Quensel über die Erfahrungen aus dem Corona-Crash.