Verschärfte Regulierung, problematische Negativzinsen und die Wirrungen der Weltpolitik sorgen für schlechte Stimmung auf dem Schweizer Finanzplatz, wie Aussagen an einer Konferenz zeigen. Das zwingt die Bankchefs zu unpopulären Massnahmen.
Die Saudi-Arabien-Reise mehrerer wichtiger Schweizer Banker im Oktober stiess mancherorts auf Unverständnis. Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam und Vontobel-Präsident Herbert Scheidt verkehrten dort mit einem Monarchen, dessen brutale Methoden ihn vor einem Jahr noch isoliert hatten.
Doch den Bankern bleibe keine andere Wahl, sagte Scheidt, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, an einer Konferenz am (gestrigen) Mittwoch in Rüschlikon bei Zürich. Die Schweiz und ihre Banken müssten sich global positionieren, um im Gerangel um Macht zwischen der EU, China und den USA nicht aufgerieben zu werden.
Positive Seiten des Brexit
«Wir sind als Schweiz ein kleines Land», sagte Scheidt (Bild unten). «Die Fähigkeit, sich durchzumogeln nimmt ab.»
Vor diesem Hintergrund kann der Bankierpräsident sogar dem anstehenden Austritt Grossbritanniens aus der EU etwas Gutes abgewinnen. Indem ein weiterer – viel grösserer – Drittstaat mit der EU verhandelt, dessen Interessen sich häufig mit denen des Schweizer Finanzplatzes decken, kann dieser profitieren.
Je länger, desto schlimmer
Zu den Sorgen um die Geopolitik, auf welche die Schweiz und ihre Banken keinerlei Einfluss haben, kommen die tiefen Zinsen der Zentralbanken hinzu. Wie immer öfter zu hören ist, erodieren diese nicht nur den Gewinn der Banken, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
«Seit zehn Jahren versuchen wir um jeden Preis, eine Rezession zu verhindern», sagte Swiss-Re-Präsident Walter Kielholz zur Politik der Zentralbanken. «Je länger wir warten, je länger wir auf Opioiden sind, desto schlimmer ist am Schluss die Korrektur.»
Monster geschaffen
Tatsächlich habe die Unsicherheit aufgrund der tiefen Zinsen bereits einen «Investoren-Streik» ausgelöst, sagte UBS-Präsident Axel Weber (Bild oben), der am Mittwoch mit Kielholz auf derselben Bühne sass. Unabhängig vom Höchststand der Aktienmärkte investierten Firmen und wohlhabende Privatpersonen weniger in langfristige Projekte, weil sie keine klaren Vorstellungen von der künftigen Entwicklung hätten.
«Was sie versucht haben, ist das Monster der Deflation zu töten», sagte der ehemalige Chef der Deutschen Bundesbank über die Zentralbanken. «Was sie geschaffen haben, ist ein anderes Monster, nämlich einen Investoren-Streik.»
Direkter Druck auf Kleine
Auch eine Gewichtsklasse unter Weber und Kielholz klagen die Banker über die anhaltenden Negativzinsen. Im Unterschied zu den globalen Unternehmen sind Regional- und Kantonalbanken dem Druck der Negativzinsen noch direkter ausgesetzt.
Bankchefs wie John Häfelfinger von der Basellandschaftlichen Kantonalbank und David Sarasin (Bild unten) von der Bank Linth generieren den grössten Teil der Erträge über Hypotheken. In diesem Volumen-Geschäft, sehen sich die Institute durch den Druck auf die Zinserträge zum Handeln gezwungen.
Schmerzhafte Innovation
Was für die Kunden gut ist, sorgt allerdings für Katerstimmung bei den Banken, die ihre Geschäftsmodelle überdenken müssen. Dass sie dies freiwillig wohl kaum getan hätten, zeigt das Fazit von Linth-Chef Sarasin: «Innovation kommt erst, wenn es schmerzt», sagte er.