Letztes Jahr wurden sie bei vielen Schweizer Banken aussortiert – nun scheinen US-Kunden wieder begehrt zu sein. Was ist geschehen?
Die Worte sind einem noch gut im Ohr: «Die wenigen US-Kunden, die wir haben, werfen wir jetzt raus»», sagte Yves Mirabaud, Partner der gleichnamigen Genfer Privatbank, noch im Juli 2009 gegenüber der «SonntagsZeitung». Und mit dieser Absicht stand er nicht alleine da.
Auch andere Schweizer Institute wie die Zürcher Kantonalbank oder die Bank Wegelin trennten sich im Verlauf der letzten zwölf Monaten resolut von ihrer US-Klientel, als sei sie aussätzig geworden, und nachdem die Probleme der UBS in Amerika immer weitere Kreise zogen.
Hauptsache versteuert
Inzwischen hat allerdings eine Trendumkehr stattgefunden. Plötzlich sind sie nun wieder begehrt: diese viel geschmähten US-Kunden.
Unlängst gab die Zürcher Bank Vontobel bekannt, eine eigene juristische Einheit für die Betreuung von US-Kunden mit deklarierten Vermögen zu lancieren. Und in dieselbe Richtung gehen auch die Bemühungen der Genfer Bank Galland & Cie. Sie eröffnete Anfang Juni eine Abteilung für amerikanische Kunden, egal ob in den USA wohnhaft oder nicht – Hauptsache ihre Gelder sind versteuert.
Ebenfalls schon im vergangenen Jahr nahm sich die liechtensteinische Finanzgruppe Kaiser Ritter Partner der US-Kunden an, indem sie ihnen einen Amnestie-Service anbot und seither gezielt diese Klientel betreut.
Abwehrhaltung kontraproduktiv
Auch die Zürcher Bank Valartis signalisiert seit geraumer Zeit, sich der erwähnten Kundschaft nicht zu entziehen. So sagte René Hermann, Head Private Banking Zürich, in einem Interview unlängst: «Wir haben keine Berührungsängste mit amerikanischen Kunden. Valartis ist, was das Auslandgeschäft angeht, eine relativ junge Bank ohne «Altlasten». Wenn Due Diligence und Compliance sauber ausgeführt werden und man umsichtig arbeitet, spricht nichts dagegen, US-Kunden mit deklariertem Geld zu betreuen. Die aktuelle Abwehrhaltung in der Branche gegenüber amerikanischen Kunden halten wir für kontraproduktiv.»
Grosse und geschichtsträchtige Institut wie die Genfer Privatbank Pictet verfügen für US-Kunden über entsprechende juristische Einheiten, die von den entsprechenden Behörden auch lizenziert sind, wie ein Sprecher gegenüber der Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» erklärte. Diese Regelung hat den Vorteil, dass sich die Kundenberater nicht in einer Grauzone bewegen müssen.
Monat für Monat erfolgreich
Selbst die UBS, die das US-Offshore-Geschäft nach den Erfahrungen der letzten paar Jahre aufgegeben hat, entzieht sich deswegen aber nicht der US-Kundschaft, die ihre Vermögen deklariert hat. Eine entsprechende Einheit gibt es sogar schon seit 2005, und offenbar operiert sie mit einigem Erfolg, wie ein UBS-Sprecher erklärte.
Im vergangenen Jahr verzeichnete sie offenbar in sämtlichen Monaten einen Neugeldzufluss, und manche ehemaligen Offshore-Kunden hätten sich dieser Einheit angeschlossen, die mittlerweile rund 50 Beschäftigte zählt.
Ähnliche Ambitionen hat die Credit Suisse, die über eine vergleichbare Einheit verfügt und ihre Onshore-Private-Banking-Aktivitäten in den USA klar ausbauen will, wie ein Sprecher gegenüber «Le Temps» weiter ausführte.
Neue Komplexität
Keine Pläne mit US-Kunden haben dagegen die Zürcher Bank Julius Bär oder Lombard Odier. Während erstere nach weit reichenden Abklärungen sich gänzlich von dieser Klientel zurückzieht, war die Genfer Privatbank nie sehr aktiv in diesem Markt und will es damit auch bewenden lassen.
Selbst wenn die USA wirtschaftlich gesehen ein enormes Potenzial bieten, deutet vieles darauf hin, dass der Umgang mit der amerikanischen Klientel über die nächsten Jahre ohnehin eher noch komplexer wird.
Noch strengere Regelung
Denn nach dem QI-Agreement, dass eine Offenlegung der US-Kunden respektive ihrer Vermögen gegenüber der US-Steuerbehörde verlangt, sofern eine ausländische Bank in den USA oder mit US-Kunden tätig sein will, folgt in wenigen Jahren der so genannte «Foreign Account Tax Compliance Act», kurz FATCA genannt, der bereits jetzt als QI 2.0 bezeichnet wird, und eine noch strengere Regelung der bisherigen Praxis vorsieht.
Dieses Regelwerk dürfte im Jahr 2013 in Kraft treten und eine weitreichende Offenlegung auch von Kundenbeziehungen hinsichtlich Anlagefonds, Hedge-Funds oder Versicherungen verlangen, ansonsten eine 30-prozenzige Steuer auf sämtliche Erträge zu bezahlen ist.
Kapitalverkehrskontrollen befürchtet
Das FATCA-Abkommen ist in den Augen der Kritiker der US-Steuerpolitik denn auch nur eine Vorstufe in Richtung eigentlicher Kapitalverkehrskontrollen. Denn mit dem ebenfalls geplanten «Private Fund Investment Advisors Registration Act» dürfte schon in wenigen Jahren ein zusätzliches Gesetz zum Einsatz kommen, das die finanziellen Freiheiten von US-Bürgern noch weit reichender einschränken wird.
Vor diesem Hintergrund warten auf die Schweizer Banken, die sich jetzt wieder gezielt auf amerikanische Kunden einlassen, noch einige Aufgaben.