Sie hielten sich in der Raiffeisen-Krise die Stange: Interims-Präsident Pascal Gantenbein und CEO Patrik Gisel. Nun begründet Gantenbein die Rücktritte der beiden Protagonisten.
Mitte Juli kündigte Patrik Gisel an, den CEO-Posten bei Raiffeisen spätestens bis Ende 2018 zu räumen. Wenig später gab Pascal Gantenbein seine Kandidatur für das Verwaltungsratspräsidium der Raiffeisen Gruppe auf.
Doch der Noch-Interimspräsident sieht weiterhin Erklärungsbedarf und äussert sich in den Medien. Der Westschweizer Zeitung «Le Temps» erklärte Gantenbein in einem Interview, sein Zurückstehen an den kommenden Verwaltungsratswahlen im November habe mit den Medien zu tun.
Ein seltsamer Medienkrieg
«Ich habe einen seltsamen Medienkrieg erlebt, der mich daran hinderte, so zu handeln, wie ich es wollte», sagte er. Jede seiner Handlungen sei als eine Art Kampagne für seine Kandidatur ausgelegt worden.
Warum Gantenbein so lange an dem unter Dauerkritik stehenden Raiffeisen-CEO Gisel festgehalten hat, erschliesst sich aus dem Interview nicht. Gantenbein wiederholt bloss seine früheren Aussagen, Gisel habe ja eigentlich keine Fehler begangen.
Affäre um Kredite
Zur Demission Gisels habe schliesslich die zunächst unter Verschluss gehaltene Passage im Finma-Enforcement-Bericht geführt, dass Raiffeisen im Zusammenhang mit vergebenen Krediten an Leonteq und CEO Jan Schoch die Eigenmittel falsch ausgewiesen hat.
Bezeichnenderweise hatte auch Gantenbein zunächst dafür sorgen wollen, dass nicht einmal die Raiffeisen-Genossenschaftsbanken Einsicht in den Finma-Enforcement-Bericht erlangen. Das Detail mit der Kreditvergabe gelangte durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit. Erst danach kündigte Gisel seinen Rücktritt an.
Wie die Waage kippte
Gantenbein sagt nun im Interview, der Finma-Bericht habe die Waage zu Ungunsten Gisels kippen lassen. Dass die Raiffeisen-Geschäftsleitung über die Kredite informiert gewesen sei, habe die Skepsis gegenüber Gisel erhöht. Schliesslich sei er 13 Jahre lang der Stellvertreter von Pierin Vincenz gewesen. Das habe ihn zur Zielscheibe in den Medien gemacht. «Ohne es zu wollen, hat er eine Lösung der Krise verhindert», sagt Gantenbein in dem Interview über Gisel.
Wie stark der Skandal um Ex-CEO Vincenz die Geschäfte der Raiffeisen beeinflusst habe, könne er nicht sagen, so Gantenbein weiter. Klar sei, dass der Reputationsschaden gross sei, was die Arbeit nicht erleichtere.
Raiffeisen ist zu gross
Der 48-jährige Wirtschaftsprofessor versucht dem Skandal noch etwas Positives abzugewinnen, denn immerhin habe er Diskussionen ausgelöst, was Vincenz innerhalb von Raiffeisen tatsächlich bewirkt habe. «Die Bank ist immens gewachsen und dies hat intern auch zu Unzufriedenheit geführt, was sich nun zeigt». Man müsse die Krise nun dafür nutzen, um sich weiter zu entwickeln.
Für Gantenbein ist klar, dass die Raiffeisen-Gruppe für ihre jetzige Struktur und für die Prozesse zu gross geworden ist und das Mitspracherecht der Genossenschaften unter dem Wachstum gelitten hat.
Aufgeben würde er die Genossenschaftsstruktur hingegen nicht. Sie gehöre zur DNA der Raiffeisen. Über die Unternehmensform der Raiffeisen Schweiz lasse sich diskutieren. Die Finma empfiehlt die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, auch um den Zugang zu den Kapitalmärkten zu erleichtern. Dies werde derzeit geprüft, so Gantenbein.