Die Aufregung um schief gegangene Volatilitäts-Wetten hat das Jahresergebnis der Credit Suisse überschattet. Die Grossbank steht am Pranger – und könnte doch selber Opfer gewesen sein.
Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam brachte den Verkaufsprospekt der XIV-Notes gleich selber an die Bilanz-Medienkonferenz mit. Dass sich ein Banker – noch dazu der CEO des zweitgrössten Schweizer Geldhauses – in der Öffentlichkeit über das eigene Kleingedruckte beugt, hat Seltenheitswert.
Am (gestrigen) Mittwoch schien es jedoch nur konsequent. Die Aufregung um die tief gefallenen Volatilitäts-Instrumente hatte das Jahresergebnis der Credit Suisse (CS) komplett überschattet.
Die SEC klopft an
Tatsächlich überschlagen sich die Ereignisse um die Finanzprodukte. Wie die amerikanische Zeitung «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) schrieb, soll die mächtige US-Börsenaufsicht SEC bei der CS wegen der Notes vorstellig geworden sein. Die Behörde wollte von der Schweizer Grossbank offenbar wissen, wie sie die Produkte konstruierte und ob sie diese auch an Private verkaufte.
Wie weiter berichtet wurde, interessiert sich auch die Schweizerische Finanzmarktaufsicht (Finma) für die Angelegenheit.
Damit scheint die Schuldfrage geklärt: Einmal mehr hat eine Grossbank offenbar ihren Kunden mit komplexen Hochrisiko-Produkten horrende Verluste eingebrockt. Wie auch finews.ch berichtete, sollen die Käufer der von der CS im Jahr 2010 lancierten «Daily Inverse VIX Short Term ETN» rund 500 Millionen Dollar verloren haben. Dies, nachdem die Notes wegen Börsenschwankungen mehr als 80 Prozent an Wert eingebüsst hatten und von der CS aus dem Verkehr gezogen worden sind. Am (heutigen) Donnerstag dekotiert die US-Börse Nasdaq die Papiere definitiv.
Doch es gibt Hinweise, dass die CS in der Sache selber zum Opfer geworden ist.
Bloss ein Fake Crash?
So will die Agentur «Bloomberg» von einem Whistleblower wissen, der sich bei den amerikanischen Behörden gemeldet hat. Laut dieser Quelle – es soll sich um einen Investmentprofi handeln – ist es mittels ausgeklügelter Algorithmen möglich, den VIX-Index, der die Volatilität der US-Börse abbildet, zu manipulieren.
Inzwischen, so der Whistleblower, hätten ungenannte Händler auf diese Weise bereits Milliarden an Dollar eingenommen.
Weil der VIX-Index als Barometer für die Börsenstimmung gilt und damit wiederum den Markt beeinflusst, stellt sich nun auch die Frage: War das Börsenbeben vom letzten Februar ein «Fake Crash», mitbefeuert von elektronischen Manipulationen?
Warnungen zuhauf
Die XIV-Notes jedenfalls wurden schwer getroffen. Die Papiere spekulierten auf eine tiefe Volatilität an den Finanzmärkten. Eingetroffen ist jedoch das Gegenteil. Die Börsen sackten schlagartig ab, und in der Folge schoss die Volatilität hoch. Nicht nur die Käufer der CS-Papiere verloren Geld. Wegen der VIX-Schwankungen soll mehrere Milliarden Dollar an Buchwert ausgelöscht worden sein. Trotzdem müssen sich die leidgeprüften Investoren nun noch vorhalten lassen, sie seien blind in die Falle getappt.
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