Die französische Grossbank Société Générale baut auf Private Banking aus der Schweiz heraus. Ihre Strategie: Superreiche brauchen die Schweiz zur Diversifikation. Doch dafür sind auch die richtigen Kundenberater nötig.
Die Société Générale (SocGen) hatte zuletzt wegen einer Schliessung in der Schweiz für Schlagzeilen gesorgt. Die französische Grossbank löste vergangenes Jahr ihre Niederlassung in Lausanne auf, strich einen Teil der Arbeitsplätze und transferierte den anderen Teil nach Genf, wo sie derzeit rund 400 Angestellte beschäftigt.
Lausanne war offenbar kein Rückzug, sondern eine Neuausrichtung für grössere Pläne in der Schweiz. Denn in der Zwischenzeit hat sich SocGen in Zürich unter ihrem lokalen Chef, dem früheren Credit-Suisse-Banker Tobias Wagner, massiv verstärkt.
Wagner hat allein seit letztem Juni 26 Banker in Zürich angestellt. Und damit ist es noch nicht getan, wie er und sein Chef, SocGen Private-Banking-Schweiz-Chef Olivier Lecler (Bild unten), im Gespräch mit finews.ch erklärten. «Wir planen mittel- bis langfristig und sind bereit, sowohl in Zürich als auch in Genf kontinuierlich weiter zu investieren», so Lecler.
Im vergangenen August hatte Jean-Francois Mazaud, Chef des gesamten Private-Banking-Geschäftes von SocGen, im Interview mit finews.ch-TV die Schweiz als Schlüsselmarkt bezeichnet. Denn seit ihrem Teilrückzug aus Asien orientiert sich die Grossbank wieder vermehrt auf Europa. Der Schweiz kommt dabei neben dem Heimmarkt Frankreich, Grossbritannien, Monaco und Belgien eine wichtige Rolle zu.
Jährlich fünf Prozent Wachstum
Wie sich die verwalteten Vermögen von SocGen während dieser Expansionphase entwickelt haben, legt die Bank nicht offen. Im Private Banking verwaltet das Institut insgesamt 120 Milliarden Euro. Lecler sagte, die Schweiz wachse und das Ziel sei, jährlich rund 5 Prozent zuzulegen.
Der SocGen-Vorstoss ist hierzulande weitgehend unter dem Radar geblieben. Das hat auch mit den von ihr anvisierten Kundengruppen zu tun: mämlich Superreiche mit Vermögen von über 50 Millionen Dollar sowie unabhängige Vermögensverwalter und Family Offices.
Hauseigene Investmentbank
«Ab einer gewissen Vermögensgrösse, meistens ab 20 Millionen Dollar aufwärts, will man als Bankkunde seine Assets diversifizieren. Und die Schweiz ist typischerweise Teil dieser Strategie», erklärt Lecler die Ausrichtung von SocGen in der Schweiz.
Die Ressourcen dafür haben Lecler und Wagner. Wenn es die Kundenbedürfnisse verlangen, können sie auf die hauseigene Investmentbank zurückgreifen. So bietet SocGen in der Schweiz zweierlei: Private Banking mit Boutiquecharakter und den Service einer global tätigen Bank mit 145'000 Angestellten und dem gerade für UHNWI-Kunden wichtigen Know-how im Kapitalmarktgeschäft.
Suche nach dem Musterbanker
«Ein hiesiger Kundenberater besitzt Zugang zu diesem bedeutenden internen Netzwerk. Das ist ein mächtiges Argument für Family Offices, unabhängige Vermögensverwalter und UHNWI», so Wagner. Vor diesem Hintergrund holte er bereits verschiedene Banker in sein Team, unter anderen den Private-Equity-Experten Simon Ibbitson von der Credit Suisse, und Luca Vari stiess im Frühling von der Mailänder Boutique JCI zur SocGen als UHNW-Head.
Ibbitson und Vari entsprechen dem Musterbanker, den die SocGen in der Schweiz sucht. Beide haben die meiste Zeit ihrer Karriere im Investmentbanking verbracht und kennen beide Welten.
Netzwerk in Osteuropa
«Wir suchen nach bestimmten Bankern, die in der neuen, voll regulierten Welt zu Hause sind», beschreibt Wagner seine Idealvorstellung. «Sie sollen unternehmerisch denken und fähig sein, mit Unternehmern, Family Offices oder Vermögensverwaltern auf Augenhöhe und über alle Anlageklassen zu sprechen und die entsprechenden Lösungen zu liefern.»
Dabei können die Schweizer SocGen-Banker nicht nur auf Kunden aus der Investmentbank zählen. Der Konzern besitzt in Russland, Bulgarien und Tschechien elf Institute, die Kunden in die Schweiz vermitteln.
Kunden werden «finanziert»
Entsprechend setzt SocGen in seinem Schweizer Private Banking nicht auf das typische Beratungs- und Gebührenmodell. Denn Kunden verlangen in der Regel Services aus dem Corporate- und Investmentbanking, was den Zugriff auf andere Ressourcen bedingt.
«Darum benötigen wir Kundenberater, die alle Aspekte des Banking kennen. Ein traditioneller Private Banker würde wohl 80 Prozent der von Kunden gestellten Fragen nicht beantworten können», so Lecler.
Entsprechend scheut sich die französische Bank auch nicht, ihre Bilanz für reichen Kunden auszudehnen, etwa wenn diese teure Immobilientransaktionen tätigen. «Das ist ein starker Differenzierungsfaktor», sagt Lecler. «Wir können unsere Kunden wirklich finanzieren.»
Akquisitionen als Option
Am Hauptsitz in Paris sei das Management bereit, die Schweizer Einheit weiter zu fördern und mit Ressourcen auszustatten. Das Tempo geben dabei aber Wagner und seine Rekrutierungstour vor.
Lecler will hauptsächlich über neue Kundenberater wachsen, Übernahmen sind aber eine Option. «Natürlich beobachten wir den Markt genau, und eine Akquisition ist absolut eine Möglichkeit, in der Schweiz zu wachsen. Bietet sich eine Chance, sind wir bereit, an der Konsolidierung im Swiss Private Banking mitzumachen.»