Schweizer Kundenberater geniessen bei deutschen Millionären eine hohe Akzeptanz, sagt Holger Mai, CEO der Frankfurter Bankgesellschaft, im Interview mit finews.ch.
Die Frankfurter Bankgesellschaft ist eine vor rund zehn Jahren gegründete Schweizer Bank mit einer deutschen Tochtergesellschaft in Frankfurt und deutschen Eignern, der Helaba – Landesbank Hessen-Thüringen.
Sie ist somit Teil der Sparkassen-Finanzgruppe – mit insgesamt knapp 400 selbstständigen Instituten, über 2'000 Milliarden Euro Bilanzsumme und rund 330'000 Mitarbeitenden eine der grössten Finanzinstitutionen der Welt.
Dass die Frankfurter Bankgesellschaft ihren Sitz in der Schweiz hat, ist historisch bedingt. Bis 2010 gab es in Zürich bereits seit Mitte der 1990er-Jahre die LB (Swiss) Privatbank. Die Bank wuchs jedoch in den letzten Jahren kaum.
Seit fünf Jahren auf Wachstumskurs
Deshalb hat die damalige LB (Swiss) Privatbank unter der Leitung von Holger Mai 100 Prozent der Frankfurter Bankgesellschaft von 1899 in Frankfurt am Main übernommen, die in Deutschland immer noch einen guten Ruf geniesst, und die Gruppe neu benannt: Frankfurter Bankgesellschaft – Privatbank Zürich / Frankfurt.
Nach anfänglichen Bereinigungsaktionen wächst die Bank im fünften Jahr in Folge kräftig. Sie betreut vermögende Kunden ab einer Million Euro der deutschen Sparkassen. Die sich daraus ergebenden Gebühren teilen sich die beiden Parteien je hälftig auf.
Herr Mai, wie viele Kundengelder betreut die Frankfurter Bankgesellschaft aktuell, und wohin wollen Sie in den kommenden Jahren?
Gruppenweit sind es aktuell 11,7 Milliarden Franken, davon liegen rund 9,3 Milliarden Franken in der Schweiz. Wir haben letztes Jahr Neugelder von rund 900 Millionen Franken gebucht und im laufenden Jahr sind uns weitere 1,1 Milliarden Franken im Teilkonzern – davon 800 Millionen Franken in der Schweiz – zugeflossen. Wir betreuen 85 Prozent deutsche Kunden aus Deutschland und rund 15 Prozent Deutsche mit Wohnsitz in der Schweiz.
Bis 2022 rechnen wir mit betreuten Geldern in der Schweiz in Höhe von 14 bis 15 Milliarden Franken und 15 bis 20 Milliarden Euro in der Gruppe. Die Bandbreite ist deshalb so gross, weil wir stark vom Euro-Franken-Kurs abhängig sind.
Ist es nicht schwierig, als Schweizer Bank in Deutschland um Kunden zu buhlen – Stichwort Steuerstreit?
Zum Höhepunkt des Steuerstreits zwischen der Schweiz und Deutschland gab es vereinzelt Kunden, die mich gebeten haben, mein Auto mit Schweizer Kennzeichen um die Ecke zu parken. Obwohl sie ja nichts zu befürchten hatten. Wir haben seit Gründung nur versteuerte Gelder angenommen und haben uns dies ab 2008 auch von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften attestieren lassen – als eine der ganz wenigen Schweizer Banken.
«Wir suchen nach zusätzlichen Beratern»
Zudem haben wir gleichzeitig und rechtzeitig beschlossen, keine amerikanischen Kunden zu betreuen. Wir schieben somit keinerlei Altlasten vor uns her.
Ihr angepeiltes Wachstum geht wohl auch mit einer Aufstockung des Personalbestandes einher.
Dem ist so. In Frankfurt, wo 38 Personen tätig sind, ist ein Personalausbau um 20 Prozent geplant. In Zürich mit derzeit rund 120 Personen – grossmehrheitlich Eidgenossinnen und Eidgenossen – engagieren wir mittelfristig zwischen zehn und 15 zusätzliche Personen, mehrheitlich Kundenberater.
Und diese gehen dann nach Deutschland Kunden beraten?
Unbedingt. Die Schweizer Kundenberater geniessen insbesondere bei deutschen Unternehmern eine sehr hohe Akzeptanz. Die Deutschen wollen denn auch von Schweizern beraten werden und in der Schweiz einen Teil ihres Vermögens verwalten lassen. Das ist ein vorhandenes Grundbedürfnis von vermögenden Kunden.
Inwiefern?
Viele vermögende Deutsche sind über die steigende Staatsverschuldung besorgt. Sie fürchten, dass irgendwann der Staat kommt und ihnen einen Teil des Vermögens wegnimmt. In Deutschland fand in den letzten 100 Jahren bereits zwei Mal eine Enteignung statt.
«In der Schweiz gab es noch nie eine Enteignung»
Das hat sich in die Psyche der Deutschen verfestigt, und das bekommt man so schnell nicht weg. In der Schweiz hingegen hat noch nie eine Enteignung stattgefunden. Zudem zählt die Schweiz zu den politisch und wirtschaftlich stabilsten Ländern der Welt.
Haben Sie auch im Sinn, potenzielle Schweizer Kunden anzugehen?
Wir dürfen uns nicht überschätzen. Der «Urschweizer» will sein Vermögen nicht unbedingt bei einer von einer deutschen Finanzgruppe beherrschten Schweizer Bank anlegen. Insofern gehen wir nicht aktiv auf die Schweizer Klientel zu. Das ist der Job der Schweizer Privatbanken.
Hinzu kommt, dass unser Anlagestil konservativer Natur ist. Wir fokussieren primär auf Substanzerhalt nach Kosten und Steuern. Wir bieten keine eigenen Produkte an und tätigen nur Direktanlagen in europäische und amerikanische Aktien und Anleihen. Der Schweizer hingegen ist in der Regel risikoaffiner als der vermögende Durchschnitts-Deutsche.
Das müssen Sie genauer erläutern.
Eine Erklärung findet sich auch hier wiederum in der Geschichte. Die soziale Sicherheit, ist in Deutschland weniger gewiss als in der Schweiz. Ergo legt der Durchschnitts-Deutsche sein Geld konservativer an – er will keinesfalls Geld verlieren. Diese risikoaverse Einstellung spüren wir auch bei den wohlhabenden Deutschen.
«Schweizer haben mehr Spielraum beim Anlegen»
Der Schweizer hingegen verfügt über AHV und Pensionskasse, und er hat üblicherweise Erspartes auf der Seite. Insofern verfügt er über mehr Spielraum, sein Geld in risikoreichere Anlagen zu platzieren als der Deutsche. Das liegt auch daran, dass in der Schweiz in den letzten 170 Jahren keine Zerstörungen stattgefunden haben. Wenn die Grosseltern eine Immobilie an guter Lage besitzen, dann ist sie heute oft ein bis mehrere Millionen Franken wert. Das gibt es in Deutschland in dieser Dimension nicht so oft.
Die Frankfurter Bankgesellschaft ist bislang vor allem organisch gewachsen. Sehen Sie sich auch als aktiven Konsolidator?
Im Moment noch nicht. Aber mit der kommenden Regulierung MiFID II wird wohl einigen kleineren und mittleren Vermögensverwaltern und Banken bewusst, dass sich die regelkonforme Betreuung deutscher Kunden nicht mehr rechnet. Dann gelangen sie eventuell an uns. Wir kriegen schon heute regelmässig Angebote, die wir aber bislang zurückgewiesen haben, weil sie nicht unseren Qualitätsstandards genügten.
«Kundenbetreuung nach MiFID II ist sehr komplex»
Wir glauben, dass sich viele Schweizer Vermögensverwalter nicht gänzlich bewusst sind, was es heisst, deutsche Kunden nach MiFID II zu betreuen. Die Sache ist sehr komplex und birgt zahlreiche juristische Fallstricke.
Womöglich liesse sich das Betreuungsmodell in Deutschland zwischen der Frankfurter Bankgesellschaft und den Sparkassen auch auf die Schweiz übertragen?
Daran arbeiten wir. Wir standen bereits mit einigen Schweizer Finanzinstituten, namentlich Kantonalbanken, in Kontakt und haben ihnen angeboten, deren deutsche Kundschaft zu betreuen. Die Kunden bleiben weiterhin bei der Hausbank gebucht. Die sich daraus ergebenden Erträge werden aufgeteilt. Doch bis es so weit ist, braucht es noch Zeit.
Holger Mai blickt auf über 35 Jahre Erfahrung im Finanzbereich zurück. Seit Juli 2007 ist der gebürtige Deutsche bei der Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) in Zürich tätig. Als Vorsitzender der Geschäftsleitung trägt er seit Juli 2008 die Verantwortung für die Steuerung des Teilkonzerns Frankfurter Bankgesellschaft Gruppe sowie für die Bereiche Sparkassen-Verbundgeschäft, Global Investments, Treasury und die Stabsbereiche. Er ist Aufsichtsratsvorsitzender der Tochtergesellschaften Frankfurter Bankgesellschaft (Deutschland) und Family Office der Frankfurter Bankgesellschaft sowie Verwaltungsratspräsident der beiden weiteren Tochtergesellschaften Nötzli, Mai & Partner Family Office und LB(Swiss) Investment, die beide ihren Sitz in Zürich haben.