Spätestens seit dem Einfall des Hedgefonds Third Point beim Nestlé-Konzern setzen sich Schweizer Firmen intensiv mit Raider-Szenarien auseinander – und lassen sich von Investmentbanken beraten.
Für Daniel «Dan» Loeb ist Nestlé die Wette seines Lebens: 3,5 Milliarden Dollar hat sich der amerikanische Firmenraider mit seinem Hedge-Fonds Third Point den Einstieg beim Schweizer Nahrungsmittel-Multi kosten lassen. Wie auch finews.ch berichtete, will Loeb bei Nestlé dafür einiges an «shareholder value» herausschlagen.
Mit dem Vorstoss von Third Point werden Dämme brechen, wie Kenner der Investorenszene behaupten. Loeb hat sich auf dem Alten Kontinent eines der grössten Ziele überhaupt ausgesucht und damit ein starkes Signal an andere amerikanische Raider gesendet: Seht her, wie ich den Europäern das Springen beibringe!
Das Terrain sondiert
Der Ruf dürfte gehört werden, erwartet Nick Bossart (Bild unten), Schweiz-Chef der amerikanischen Grossbank J.P. Morgan. «Europa und speziell auch die Schweiz geraten zunehmend in den Fokus von aktivistischen Investoren», erklärte er diese Woche gegenüber Journalisten. «Ein aktuelles Beispiel für diesen Trend ist der Einstieg von Third Point bei Nestlé», so Bossart weiter.
Laut dem Investmentbanker interessieren sich US-Aktivisten schon länger für Schweizer Firmen und haben sich auch von hiesigen Anwaltskanzleien beraten lassen.
Einfallstore zuhauf
Dabei haben Raider hierzulande ein vergleichsweise leichtes Spiel. Die hiesige Wirtschaftsordnung ist relativ liberal, «say on pay» und die jährliche Wiederwahl von Verwaltungsräten öffnen den Aktivsten Einfallstore. Der Einzug des schwedischen Aktivisten Cevian in den Verwaltungsrat des Elektrotechnik-Konzerns ABB sowie die Druckversuche des Hedge-Fonds RBR beim Zürcher Fondshaus GAM haben das dieses Jahr eindrücklich bewiesen.
Die Firmen haben den Weckruf jedoch gehört. Sie stählen sich ihrerseits für den Moment, wenn die «Barbaren» der Wall Street an den Haupteingang klopfen. «Schweizer Firmen setzen sich vermehrt mit Raider-Szenarien auseinander und lassen sich auch von Investmentbanken entsprechend beraten», berichtet Bossart. Bei jenen gilt es ungeschriebenes Gesetz, stets auf Seiten ihrer Firmenkunden zu stehen.
Simulierter Angriff
Zum Repertoire der Investmentbanken gehören sogar «mock raids»: Die Banker simulieren einen Raiderangriff, um das Verhalten der Verwaltungsräte sozusagen in Echtzeit zu testen.
Third-Point-Gründer Loeb hat derweil schon gewonnen, bevor er richtig angegriffen hat. Der Vorstoss bei Nestlé ist ideales Marketing für seine nächste Geldbeschaffungs-Runde bei Investoren. Was Loeb als nächstes plant, ist ungewiss – als wahrscheinlich gilt, dass Third Point einen Sitz im Nestlé-Verwaltungsrat fordert.