Die Schweizerische Nationalbank gibt sich strikt: Die massive Expansion der Bilanz ist für die Währungshüter kein Thema, und von der Idee eines Staatsfonds will sie ebenfalls nichts wissen. Doch die Themen drängen.
Das Schweigen war auffällig. In den Redebeiträgen der drei Direktoriumsmitglieder der Schweizerischen Nationalbank (SNB) fand sich heute kein Wort zu den Devisenreserven oder gar zur Idee eines Staatsfonds – Themen, welche die Schweizer Öffentlichkeit in zunehmendem Masse umtreiben.
Die SNB führt gegenwärtig mehr als 700 Milliarden Franken an Devisenreserven und hat ihre Bilanz seit der Finanzkrise auf bald 800 Milliarden Franken aufgebläht. Das ist mehr als das Schweizer Bruttoinlandprodukt, also die Summe aller hier erwirtschafteten Güter und Dienstleistungen.
Die Explosion der Reserven ist der Geldpolitik geschuldet: Die Währungshüter nutzen gezielt Käufe von Devisen – vor allem Euro – und andererseits das Instrument der Negativzinsen, um den Franken nicht noch teurer werden zu lassen.
Thematik brennt unter den Nägeln
Die Thematik brennt unter den Nägeln der interessierten Öffentlichkeit. Zuletzt hatte der UBS-Chefökonom Daniel Kalt gegenüber der Zeitung «Zentralschweiz am Sonntag» die Thematik am vergangenen Wochenende mit Gedankenspielereien zur Einrichtung eines Staatsfonds befeuert. Drei Fragen stehen an:
- Wird der Aufbau der Devisenreserven eines Tages zu einem volkswirtschaftlichen Problem (durch Anheizen der Inflation, Kosten des Abbaus)?
- Könnten die angehäuften Summen oder zumindest die Gewinne aus den damit getätigten Investitionen für einen Staatsfonds verwendet werden?
- Ist der Franken überhaupt überbewertet, und auf welcher Basis wird dies festgestellt?
Es bleibt dabei
Zu all diesen Fragepunkten äusserten sich die Präsidiumsmitglieder erst auf Nachfragen an der halbjährlichen Medienkonferenz in Bern.
Dann allerdings kamen klare Aussagen von SNB-Präsident Thomas Jordan. «Die Reduktion unserer Bilanz ist kein Thema. Die Geldpolitik bleibt weiterhin expansiv. Der Franken ist deutlich überbewertet.»
Und dieses Njet bezieht sich ausdrücklich auch auf die Einrichtung eines Staatsfonds mit den Devisenreserven oder den Gewinnen aus den Anlagen: «Ich unterstreiche, dass die SNB die Idee eines Staatsfonds nicht für gut hält. Wir sind entschieden dagegen, dass die Devisenreserven für einen Staatsfonds verwendet werden», so Jordan.
Verteidigung der Mittel
Die Ablehnung seitens der SNB erklärt sich wohl auch dadurch, dass sie möglichst viel Handlungsspielraum braucht, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Sollten die Währungshüter zu erkennen geben, dass sie ein Problem mit der Bilanzsumme oder den Währungsreserven hätte, würden die Devisenspekulanten sofort den von der SNB verteidigten Frankenkurs testen. Und gegen die Einflussnahme der Politik – und dazu gehört selbstverständlich auch die Verwendung der Devisenreserven für nichtmonetäre Zwecke – reagieren die Nationalbanker seit jeher allergisch.
Bleibt die Frage, ob der Schweizer Franken überhaupt überbewertet ist. Dieses Thema ist heikel, weil die Überbewertung nur für einen Teil der Volkswirtschaft – die verarbeitende und exportierende Industrie – wahrgenommen wird. Für die Finanzbranche hingegen sind vor allem die Abwehrmassnahmen problematisch und nicht der Wert der Währung.
Defensiv reicht nicht
Für Jordan bleibt der Franken klar zu teuer, basierend auf einer Analyse der volkswirtschaftlichen Entwicklung und konjunkturellen Überlegungen, wie er sagt. So sind die (industriellen) Produktionsmittel in der Schweiz nicht genügend ausgelastet, und das Wachstum ist tiefer als in den umliegenden Ländern.
Und trotzdem: Die SNB macht es sich nicht leichter, wenn sie Fragen zu den Devisenreserven von sich schiebt. Die Geldpolitik ist in zehn Jahren nur in eine Richtung gegangen, und der Franken ist teurer als dannzumal. Der Preis, den die SNB und damit die Schweiz für die Verteidigung von Frankenobergrenze und die jüngsten Deviseninterventionen bezahlt, erscheint hoch.
Deshalb sind die Fragen legitim und werden in Zukunft kaum leiser.