Donald Trumps Wahl zum 45. US-Präsidenten verbreitet im ersten Moment schrecken, doch mittelfristig könnte sie Asien zum Vorteil gereichen, findet finews.asia-Redaktor Tom King.ü

Nun haben auch die Amerikaner mit der Wahl von Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten ihren Brexit-Moment, der das Gros der Analysten erst noch wie dumme Schuljungs aussehen lässt. Und dies trotz technologischer Unterstützung. Denn die Analyse von Big Data und der Einsatz von scheinbar alleswissenden Algorithmen versagten kläglich – was bleibt, sind lange Gesichter.

Doch womöglich agieren die Prognostiker zu weit weg von der Basis. Wahrscheinlich haben sie das Befinden der hart arbeitenden Landwirte in Kansas oder die Stimmung unter den entlassenen Stahlarbeitern aus Pittsburgh in ihren tiefschürfenden Analysen schlicht vernachlässigt.

Verkannter Blick auf die Realität

Erst die überraschende Wahl Trumps weitet nun den Blick auf die Befindlichkeit der Unter- und Mittelschicht in den Vereinigten Staaten. Und in diesen Schichten geht die Angst des wirtschaftlichen Abstiegs um – denn der Graben zwischen arm und reich wird immer breiter.

Wenig überraschend reagierten die Finanzmärkte in Asien empfindlich auf den Sieg Trumps. Sämtliche Handelsplätze verzeichnen seither Verluste, und es wird weiterhin mit volatilen Börsen zu rechnen sein. Doch irgendwann wird sich die Aufregung wieder legen. Dann wird man klarer sehen, was Trump für Asien wirklich bedeuten könnte.

Chance für den Binnenmarkt

Trump, der sich gegen das Transpazifische Handelsabkommen (TPP) stellt, mag auf den ersten Blick für die asiatischen Länder nachteilig sein. Denn durch den Wegfall von Handelsbarrieren erhoffte sich die asiatische Industrie bislang, Produkte und Dienstleistungen einfacher im US-Markt verkaufen zu können.

Allerdings: Für Asien könnte sich die Kehrtwende Trumps auch als Vorteil entpuppen. Denn anstatt sich einseitig auf den Absatzmarkt jenseits des Pazifiks zu fokussieren, muss das Industrie- und Dienstleistungsgewerbe den Blick nun verstärkt auf die Binnenmärkte richten.

Dadurch könnte der innerasiatische Handelsaustausch angekurbelt werden, wovon auch asiatische Banken profitieren würden, und zwar zulasten der amerikanischen Rivalen.

Kaufkräftige Mittelschicht

Denn die asiatische Mittelklasse verfügt über ein riesiges Kaufkraftpotenzial, was wiederum Handelshemmnisse seitens der USA abfedern könnte. Indien wäre von tarifären Handelsbarrieren nur am Rande betroffen, da Warenaustausch und Personenverkehr mit den USA ohnehin bescheiden sind.

China hingegen muss auf der Hut sein. Macht Trump seine Drohungen wahr? Führt er Schutzzölle ein und prangert die Volksrepublik als Währungsmanipulator an? Oder wird er von der rauen Realität des internationalen Handels eingeholt und richtet seine Ressourcen auf inneramerikanische Probleme, wovon es viele gibt?

Trump nicht vorzeitig abschreiben

Der neue US-Präsident wurde im Vorfeld der Wahlen gekreuzigt, verunglimpft, an den Pranger gestellt und seine Familie verleumdet – und dennoch gelang ihm ein historischer Sieg über seine Rivalin Hillary Clinton.

Ihn daher bereits anzuzählen wäre verfrüht, denn er könnte sich letzten Endes als Segen für Asien erweisen.