Offshore-Firmenkonstrukte in Panama sind nicht verboten. Dennoch haftet dem Unterfangen eine bisweilen etwas irritierende Doppelmoral an, wie ein Beispiel zeigt, in das auch Schweizer Banken verwickelt waren.
Die Morgan & Morgan Group erbringt weltweit Rechts-, Treuhand- und Bankdienstleistungen. Zu ihrem Kundenkreis zählen gemäss eigenen Angaben mittelständische Unternehmen, Grossunternehmen sowie Finanzintermediäre. Zudem betreut die Gruppe wohlhabende Familien und Privatpersonen.
Der Ursprung der Morgan & Morgan Group geht auf das Jahr 1923 zurück, als Eduardo Morgan Alvarez in der Stadt David in Panama eine kleine Anwaltskanzlei gründete. Unter der Leitung des Gründers – eines britisch-panamaischen Rechtsanwaltes, Politikers, Zeitungsherausgebers und Diplomaten – und seiner beiden Söhne entwickelte sich die Kanzlei zur grössten Anwaltskanzlei Mittelamerikas und wuchs in den 1990er-Jahren zu einem international tätigen Unternehmen heran.
Freiwillige Arbeitsstunden
Heute beschäftigt die Gruppe weltweit mehr als 800 Mitarbeitende auf drei Kontinenten. Dem weiteren Vernehmen nach ist der Führungsstil geprägt von der traditionsreichen Geschichte der Gruppe mit beständigen Werten wie Stabilität, Kontinuität und sozialer Verantwortung.
Zu den wichtigsten Anliegen zählt dabei das soziale Engagement in Form von unentgeltlicher Rechtsberatung in Panama. Seit der Einführung des Pro-Bono-Programms im Jahr 2011 sind laut Firmenauskünften weit über 1'000 freiwillige Arbeitsstunden für mittellose Personen geleistet worden – meistens in Form von Rechtsberatung in abgelegenen Gegenden von Panama.
Kostenlose Beratung für Frauen
So werden etwa Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, kostenlos beraten und über ihre Rechte aufgeklärt. Dafür wurde Morgan & Morgan unter anderem vom Fachmagazin «Latin Lawyer» als «Leading Light» unter den grossen lateinamerikanischen Anwaltsfirmen ausgezeichnet.
So löblich dieses Programm sein mag, dem Ganzen haftet ein schaler Nebengeschmack an. Denn zur Morgan & Morgan Group gehört unter anderem auch ein Schweizer Ableger: die Firma MMG Panazur in Zürich. Seit 1980 auf dem Finanzplatz Zürich präsent, zählt die MMG Panazur heute zu den in Europa führenden Anbietern von Corporate Services aus verschiedensten Jurisdiktionen.
Wichtige Rolle
Wie der «Sonntagsblick» am vergangenen Wochenende berichtete, spielte die MMG Panazur von Zürich aus eine wichtige Rolle bei der Gründung von Briefkasten-Firmen in Panama. Offenbar sollen namentlich Bankleute der UBS jahrelang über Panama-Gesellschaften ihren Kunden geholfen haben, Gelder vor dem Fiskus zu verstecken.
«Mein UBS-Team hat für Kunden Hunderte, wenn nicht Tausende Briefkastenfirmen in Panama gekauft», zitiert der «Sonntagsblick» einen ehemaligen UBS-Banker. «Sicher 90 Prozent der Kunden ging es einzig darum, Vermögen vor dem Fiskus zu verbergen.»
Der heutige CEO von MMG Panazur liess gegenüber dem «Sonntagsblick» lediglich verlauten: «Wir halten fest, dass wir in der Schweiz reguliert sind und uns stets an die geltenden Gesetze gehalten haben.» Dem Vernehmen nach verlangte MMG Panazur von der UBS rund 1'000 Franken für eine Panama-Firma. Kunden aber bezahlten der UBS 4'000 Franken.
(Aktualisierung der Information durch die Redaktion: Die Firma Panazur Services SA wurde am 6. August 2019 im Handelsregister gelöscht.)
Indirekte Bestätigung?
Aussagen ehemaliger Mitarbeiter wollte die UBS gegenüber dem «Sonntagsblick» nicht kommentieren. «Fakt ist, dass wir 2010 als eine der ersten Banken proaktiv entschieden haben, die Zusammenarbeit mit solchen Anbietern zu beenden», erklärte eine UBS-Sprecherin, was der «Sonntagsblick» als indirekte Bestätigung der Geschäfte mit MMG Panazur interpretiert.
«Dieser Prozess wurde in mehreren Schritten durchgeführt und ist abgeschlossen», so die UBS-Sprecherin weiter. Heute sei vieles anders: «Wir haben keinerlei Interesse an Geldern, die nicht versteuert sind oder aus illegaler Herkunft stammen.»
Befremdliche Diskrepanz
Anders geworden ist auch das Geschäft bei MMG Panazur. Sie verkaufen Briefkastenfirmen nicht mehr an andere Finanzdienstleister – sondern direkt, wie der «Sonntagsblick» schreibt.
Im vorliegenden Beispiel geht es nicht um die Frage, aus welchen Motiven Offshore-Gesellschaften in Panama ins Leben gerufen wurden, sondern lediglich darum, dass zwischen dem sozialen Engagement für Gewaltopfer und dem Angebot von juristischen Strukturen, die Steuerhinterziehung nie ganz ausschliessen, eine befremdliche Diskrepanz besteht.