Schweizer Banken hatten in den USA stets einen schweren Stand, zuletzt wegen des Steuerstreits. Doch jetzt ändert sich das. Mehrere hiesige Geldhäuser punkten in den USA mit Swissness.
Schokolade und Uhren – das sind zwei Exportschlager, die sofort genannt werden, wenn Ausländer über «Swissness» sinnieren. Und bis vor wenigen Jahren zählte auch das Banking dazu.
Doch seit der Finanzkrise ist nicht mehr daran zu denken. Das Unheil begann 2007, als die USA zum Angriff auf die Schweizer Banken bliesen und diese wegen aktiver Beihilfe zu Steuerhinterziehung reihenweise verklagten. Rund 5,5 Milliarden Dollar an Strafen mussten bislang 85 Schweizer Geldhäuser nach Übersee überweisen. Und die Bussen-Lawine rollt weiter. So warten die Banken der Kategorie 1, darunter die Zürcher und Basler Kantonalbank, Rahn & Bodmer oder die HSBC Private Bank, noch auf Post der US-Justiz.
Umso mehr muss überraschen, dass «Swissness» in der angelsächsischen Welt wieder als erstrebenswerte Eigenschaft angesehen wird. Dies legt jedenfalls ein grosser Artikel in der britischen «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) nahe. Besonders erstaunlich: Auch die Schweizer Banken versuchen mit ihrer Herkunft im einstigen Angst-Land USA zu punkten.
Auf nach Westen
Wie auch finews.ch wiederholt berichtete, wagen sich immer mehr helvetische Geldhäuser ins US-Geschäft vor – sowohl Offshore von der Schweiz aus als auch Onshore. Jüngstes Beispiel: die Tochtergesellschaft Reyl Overseas der Genfer Banque Reyl.
Vor wenigen Wochen nahm Reyl – nach Santa Barbara in Kalifornien – die zweite Filiale im texanischen Dallas in Betrieb, im neuen Hotspot für Schweizer Banken, wie finews.ch berichtete.
Die Eröffnung erfolgte ganz im Sinne einer «Contrarian Opportunity», wie Bank-Gründer und CEO François Reyl gegenüber der «Financial Times» ausführte. Er erklärte: Kunden kämen zu Reyl, um Gelder ausserhalb des Dollar-Raums zu platzieren und wegen des «hochstehenden Schweizer Services».
Werben mit Swissness
«Wir stellen die Swissness klar in den Vordergrund», so Reyl weiter. Dabei hilft beim Rebranding des Swiss Bankings in den USA die Mentalität der Amerikaner. Grossartig in den USA sei, dass man nach einem tiefen Fall ein Comeback geben könne, sagte ein Zürcher Top-Banker dem Finanzblatt.
Reyl ist bei weitem nicht die einzige Schweizer Bank, die ihre Zelte in den USA aufschlägt. Mit den Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse (CS) sind auch Pictet North America Advisors, Vontobel Swiss Wealth Advisors oder die Banque Syz vor Ort.
Grosse Wachstumschancen sieht derweil Vontobel im Geschäft mit amerikanischen Vermögenden. Dazu fasst das Zürcher Institut nicht weniger als drei weitere Niederlassungen in den USA ins Auge.
Schweiz als sicherer Hafen
Dabei spielt den Banken im Ausland auch die politische Stabilität der Schweiz und der starke Franken in die Hände – insbesondere in den aktuell tumultösen Finanzmärkten. Iqbal Khan, Chef des International Wealth Management bei der CS, brachte es auf dem Punkt. «Wenn ich nicht in Gold investieren will, dann ziemlich sicher in die Schweiz.»
Die Schweiz hat zwar in der breiten Bevölkerungsschicht in den USA – und nicht nur dort – nach wie vor ein Imageproblem. Bei der wohlhabenden Klientel hingegen war die Schweiz schon immer ein Zufluchtsort, mit dem Unterschied, dass die allermeisten Vermögen heute versteuert sind.
Gebrannte Kinder
Allerdings: Der wieder erstarkte Aufbruch in die USA darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass zahlreiche Schweizer Banken ihre Zelte in den Vereinigten Staaten definitiv oder zumindest für sehr lange Zeit abgebrochen haben. Nicht zuletzt aus Kostengründen. Die Fokussierung auf wenige Zielmärkte reduzieren die Regulationskosten enorm.
Viele Banken haben deshalb nur noch die Schweiz und Deutschland als Schlüsselmarkt im Visier. Dies gilt etwa für die Zürcher Privatbank Maerki Baumann, wie CEO Stephan Zwahlen jüngst im Interview mit finews.ch erklärte.