In der Schweiz kämpfen zwei heimische mobile Bezahllösungen um die Vorherrschaft, während Tech-Giganten wie Apple noch nicht losgelegt haben. Die jüngsten Apple-Patente zeigen, was der Konzern wirklich vorhat.
Apple Pay ist in der Schweiz noch nicht etabliert. Aber wenn der mobile Bezahldienst kommt, ist bereits jetzt klar: Das war erst der Anfang. Das zeigt sich anhand der jüngst offen gelegten Apple-Patente, welche das «IT-Finanzmagazin» analysiert hat.
Das Patent US20150199725 beschreibt den Abruf von Kontoinformationen. Apple möchte den Kontostand von Konsumenten prüfen, um möglichst gezielt Werbung auf Mobilgeräten ausliefern zu können. Damit könnte Apple einem Nutzer auch massgeschneiderte Finanzprodukte anbieten. Apple hätte zudem die Option, eine App für das Personal Finance Management anzubieten; ähnlich der «Health»-App für Gesundheitsdaten.
Auch Überweisungen
Das zweite Patent (US20150186887) betrifft den Geld-Transfer: Es beschreibt das Versenden von Geld von Nutzer zu Nutzer. Apple hat demnach bereits eine Lösung für Geldüberweisungen im Köcher.
Das sind für die die Anbieter der Paymit- wie auch der Twint-App beunruhigende Nachrichten. Bislang war Apple Pay ja ein mobiles Bezahlverfahren, das eine Alternative zur Giro- oder Kreditkarte bietet.
Der Erfolg in den USA und in anderen Märkten ist durchschlagend. Apple Pay ist das erste mobile Bezahlverfahren, das bei Nutzern Relevanz hat.
Aufbau des Ökosystems
Dass sich der Technologie-Gigant aus Cupertino in Kalifornien damit nicht begnügen wird, war klar. Die beiden Patente zeigen ebenso klar die Richtung, in die es geht.
Apple arbeitet an einem digitalen Ökosystem, das inszwischen weit über die bisherige Multimedia-Welt hinausgeht. Der Konzern strebt mit immer weiteren Diensten und Hardware-Produkten eine noch engere Verzahnung an: In der Theorie soll der Nutzer die Apple-Welt gar nicht mehr verlassen.
Die Plattform für Finanzen
Apple Pay ist das Fundament für eine komplette Finanzplattform, auf der Dienstleistungen angeboten werden und Transaktionen getätigt werden können.
Was auf die Schweizer Finanzdienstleister zukommt, ist noch nicht absehbar. Zurzeit bemühen sich Six und Swisscom mit der Paymit-App und Postfinance mit Twint, die Schweizer Banken jeweils für ihre Lösung zu gewinnen.
Ziel ist ganz klar, gegenüber Apple und Google – auch dieser Tech-Riese kommt mit einer ein mobilen Bezahllösung – einen Vorsprung herauszuholen und möglichst viele Banken und somit auch Kunden an eine Schweizer Lösung zu binden.
Furcht vor Marginalisierung
Gelingt ihnen dies, würden sie den Kontakt zum Kunden im Payment-Bereich aufrechterhalten können. Steigen Nutzer hingegen auf das Apple-System um, bliebe den Banken nur noch die Abwicklung. Vor dieser Marginalisierung fürchtet sich die gesamte Branche.
Zurecht: Der US-Konzern hat in den letzten gut zehn Jahren die Revolutionäres geleistet. iTunes und der App Store stellen Plattformen für eine Palette von Diensten, die inzwischen weit über das Unterhaltungs-und Medienangebot herausgeht.
Gegenhalten mit Innovationen
Konsumiert werden sie über Apple-Geräte, die weltweit reissenden Absatz finden. Das iPhone hat den gesamten mobilen Telefonmarkt auf den Kopf gestellt und Giganten wie Microsoft und Nokia völlig überrumpelt.
Die Angst bei den Banken, Apple könnte Ähnliches im Finanzbereich gelingen, ist darum nicht unbegründet. Doch es liegt auch in der Hand der Banken, die Kontrolle über ihre Kunden zu behalten, indem sie ihnen gerade im digitalen Bereich innovative und vor allem «erlebbare» Dienstleistungen und Produkte bieten. Denn auch Apple gelingt nicht immer alles.