Das vergangene Börsenjahr setzte etlichen Fondsanbietern in der Schweiz gehörig zu – sie verloren teils massiv an Kundengeldern. Welche Branchengrössen am meisten betroffen waren, und was hinter den Abflüssen steckt.
Das abgelaufene 2014 wird als höchst durchzogenes Börsenjahr in die Geschichte mancher Akteure eingehen. An den Aktienmärkten wechselten rassige Haussen und steile Stürze fast im Monatstakt, während aufseiten der Anleihen meist nicht viel zu holen war.
Wie sich nun zeigt, setzte dieses Umfeld auch der Schweizer Fondsbranche zu. So verdeutlicht eine vom Fondsanalyse-Dienst Lipper/Thomson Reuters exklusiv für finews.ch erstellte Marktstatistik, dass einzelne Fondsanbieter im vergangenen Jahr (November 2013 bis November 2014) mit happigen Abflüssen von Kundengeldern zu kämpfen hatten.
Dies, während die Schweizer Asset Manager insgesamt während dieser Frist Nettozuflüsse von gut 36 Milliarden Franken für sich verbuchen konnten.
Massive Abflüsse bei Pictet
Dabei mussten selbst grosse Namen im hiesigen Fondsgeschäft Federn lassen. So zogen Kunden beim Fonds-Arm von Pictet insgesamt 580 Millionen Franken ab; die Genfer Privatbank büsste damit einiges an Marktanteil ein, konnte aber ihren Podestplatz hinter der UBS und Credit Suisse als drittgrössten Schweizer Fondsanbieter behaupten (siehe Grafik).
Pictet hat sich einen Namen im Geschäft mit institutionellen Anlegern und mit Expertise in Geldmarkt- und Anleihen-Produkten gemacht. Just diese Bereiche bereiteten den Genfern im vergangenen Jahr aber Sorgen. Wie ein Sprecher gegenüber finews.ch erklärte, seien die Abflüsse nämlich vorab auf Umschichtungen aus Geldmarktfonds zurückzuführen – Anleger hätten 2014 wegen des extrem niedrigen Zinsumfelds rund 1 Milliarde Franken aus Pictet-Geldmarkt-Produkten abgezogen.
Die Umschichtungen seien aber durch Zuflüsse in Aktien- und Obligationenfonds teilweise kompensiert worden, so der Sprecher weiter. Dabei dürfte es für die Privatbank ein gewisser Trost gewesen sein, dass diese Produkte auch höhere Gebühren abwerfen.
Leckes Flaggschiff
Ein turbulentes Jahr bekundete in der Schweiz auch der US-Asset-Manager Blackrock, seines Zeichens der grösste Vermögensverwalter der Welt. Hierzulande verloren die Amerikaner, die vor anderthalb Jahren noch unter viel Aufsehen neue Räumlichkeiten an der Zürcher Bahnhofstrasse bezogen hatten, 760 Millionen Franken an Kundenvermögen.
Verantwortlich dafür ist pikanterweise der Flaggschiff-Fonds der Blackrock-Tochter iShares in der Schweiz. So zogen Kunden rund 530 Millionen Franken aus dem iShares SMI ab; der Indexfonds (Exchange Traded Fund) ist das grösste solche Produkt auf den Schweizer Leitindex und war von Blackrock einst der Credit Suisse abgekauft worden.
Wie aus dem Umfeld des Vermögensverwalters heisst, sind die Abflüsse auf Gewinnmitnahmen beim Swiss-Market-Index (SMI) zurückzuführen – Kunden hätten ihre Vermögen beispielsweise in amerikanische Aktien umgeschichtet.
Sturzbach bei Swisscanto
Pictet und Blackrock waren allerdings nicht die einzigen, die 2014 happige Abflüsse zu gewärtigen hatten. Laut den Statistiken von Lipper zogen Schweizer Kunden bei der amerikanischen State Street 758 Millionen Franken ab; Vermögen verloren auch etwa J.P. Morgan Asset Management (757 Millionen Franken) und die Fonds des Aktionärrechts-Vertreters Ethos Services (239 Millionen Franken).
Geradezu dramatisch nehmen sich die Verluste bei Swisscanto aus, der Fondstochter der Schweizer Kantonalbanken. Innert Jahresfrist kumulierten sich dort die Netto-Abflüsse auf 1,8 Milliarden Franken – nachdem der Trend schon in den Vorjahren negativ gewesen war. Das deutet darauf hin, unter welchem Druck die im vergangenen Dezember erfolgte Übernahme der Swisscanto durch die Zürcher Kantonalbank (ZKB) über die Bühne gegangen ist.
Skaleneffekte vereitelt
Abflüsse sind auch deshalb so schmerzhaft, weil sie die Skaleneffekte zunichte machen. Auf die sind die Asset Manager zunehmend angewiesen, um ihre Erträge zu halten. Auch dort zeigt der Trend nach unten: Laut einer Studie von McKinsey ist der Betriebsertrag der Schweizer Fondshäuser seit 2007 fast durchwegs gesunken – während die Kosten stetig zunahmen.
Indes: Die Abflüsse in der Schweiz widerspiegeln die Erfahrungen der Fondsbranche in Europa. Wie die britische Wirtschaftszeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) am vergangenen Wochenende berichtete, erlitt etwa Aberdeen Asset Management, das grösste unabhängige Fondshaus auf dem Kontinent, dieses Jahr Abflüsse von rund 13 Milliarden Franken. Der Grund dafür, so das Finanzblatt, sei die starke Ausrichtung von Aberdeen auf Schwellenmarkt-Investments gewesen – und diese Märkte machten in den vergangenen Monaten nochmals einen Taucher.
Kundschaft stimmte mit den Füssen ab
Hohe Abflüsse mussten gemäss dem Bericht auch Fidelity und die Bond-Profis von Pimco registrieren. Wie Aberdeen versuchen diese beiden US-Häuser mit einer aktiven Verwaltung ihrer Fonds den Markt zu schlagen. Das war 2014 offenbar noch schwieriger als sonst – und die Kundschaft stimmte mit den Füssen ab.
Viel Geld floss hingegen der amerikanischen Firma Vanguard oder der französischen Amundi zu; beide Fonds-Firmen führen ein starkes Segment mit «passiven» Indexfonds (ETF), die besonders wegen ihrer tiefen Gebühren beliebt sind. Allein Vanguard konnte zwischen November 2013 und November 2014 rund 185 Milliarden Franken anziehen.
UBS über allen
Etwas anders sieht das Bild in der Schweiz aus. Hier profitierte vor allem die UBS massiv von ihrem ETF-Geschäft und konnte ihren Vorsprung in diesem Segment vor der Blackrock-Tochter iShares und der ZKB zementieren. Auf Jahresbasis flossen den Indexfonds der Grossbank gut 5 Milliarden Franken an Kundengeldern – derweil die Konkurrenz mit Abflüssen zu kämpfen hatte.
Auch über alle Fonds besehen floss der UBS hierzulande das meisten Kundengeld zu – mehr als 21 Milliarden Franken. In der Schweiz muss die Grossbank also längst nicht mehr beweisen, dass sie die führende Vermögensverwalterin ist.