Mit grosszügigen Geschenken, Vergnügungsreisen und Sexparties sollen Mitarbeiter eines Lausanner Finanzdienstleisters Geschäfte mit dem Gaddafi-Regime eingefädelt haben. Nun ermitteln britische und amerikanische Behörden.
Mitarbeiter des Lausanner Finanzdienstleisters Traditional Financial Services, Tochter der Compagnie Financière Tradition, werden verdächtigt, in den Jahren 2008 bis 2011 in grossen Stil Personen aus dem Kreise des einstigen libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi bestochen zu haben. Das berichtet das «Wall Street Journal».
Um ins Geschäft mit dem libyschen Staatsfonds zu kommen, hätten die Mitarbeiter des Schweizer Unternehmens Vergnügungstouren und Sexparties für Persönlichkeiten organisiert, die Verbindungen zum Staatsfonds hatten. Auch seien Verwandte führender libyscher Offizieller eingestellt worden, berichtet die Zeitung unter Berufung auf informierte Kreise weiter.
Firma wird nicht beschuldigt
Das Treiben der Schweizer rief allerdings britische und amerikanische Ermittler auf den Plan. Diese untersuchen in Anti-Korruptionsermittlungen, welch Anstrengungen einige westliche Finanzfirmen unternahmen, um von Libyen und seinem Öl zu profitieren. Beamte der Londoner Polizei hätten im Rahmen strafrechtlicher Untersuchungen nun ehemalige Mitarbeiter von Tradition befragt und stünden kurz vor der Entscheidung, ob sie Anklage erheben sollten, heisst es weiter.
Tradition selbst wird kein Fehlverhalten vorgeworfen. Ein Sprecher des Unternehmens sagte gegenüber dem «Wall Street Journal», die Firma arbeite mit den britischen Ermittlern zusammen und habe keine Kenntnis von Untersuchungen in den USA. Die britischen Beamten hätten ehemalige Angestellte und nicht die Firma selbst im Visier, führte er aus.
Weitere Banken im Visier
Die britische Finanzmarktaufsicht schätzt laut einem Insider, dass Tradition in den Jahren 2008 und 2009 libysche Provisionen im Wert von mehr als 11 Millionen Euro eingeheimst hat.
Der Lausanner Finanzdienstleister ist nicht das einzige Unternehmen das im Zusammenhang mit Libyen ins Visier der britischen und amerikanischen Justizbehörden geraten ist. Diese ermitteln auch gegen Goldman Sachs, Société Générale, Och-Ziff Capital Management Group und die Blackstone Group.