Im Windschatten von UBS und CS liefern sich Vontobel und der Produktenanbieter Leonteq einen harten Wettbewerb. Dabei stossen sozusagen zwei Glaubensrichtungen aufeinander.
Nicht ohne Genugtuung meldete Vontobel unlängst, mit der Deutschen Bank eine weitere wichtige Partnerin für ihre Derivateplattform «deritrade» gewonnen zu haben. Nach Morgan Stanley und der Société Générale ist dies bereits das dritte grosse Finanzinstitut, das sich der so genannten «Multi-Issuer-Platform» (MIP) von Vontobel angeschlossen hat.
Über diese Infrastruktur emittieren die beteiligten Institute ihre Strukturierten Produkte. Verhandlungen mit weiteren gewichtigen Partnern seien im Gange, sagte Gerhard Meier (Bild links), verantwortlich für das Plattform-Management bei Vontobel, gegenüber finews.ch. Namen will er aber keine verraten.
Gespräche mit grossem Akteur
In der Branche wird indessen gemunkelt, dass die Gespräche mit einem der grössten Akteure sehr weit fortgeschritten seien. Das könnte dann weitere Emittenten veranlassen, ebenfalls auf diesen Zug aufzuspringen.
Die fünf grössten Emittenten kotierter Strukturierter Produkte waren per Ende 2013 die UBS (Marktanteil 48,97 Prozent), die Zürcher Kantonalbank (15,1 Prozent), Vontobel (14,51 Prozent), die Credit Suisse (4,43 Prozent) sowie Julius Bär (4,13 Prozent), wie den neusten Statistiken des Schweizerischen Verbands für Strukturierte Produkte (SVSP) zu entnehmen ist (vgl. nachstehende Grafik).
(Quelle: SVSP)
Auf Schweizer Bankdepots waren per Ende Oktober 2013 rund 158,4 Milliarden Franken in Strukturierte Produkte investiert, wie den Statistiken der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zu entnehmen ist. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 waren es noch 337 Milliarden Franken gewesen – kein Wunder also, dass die Akteure in diesem schrumpfenden Markt mit harten Bandagen kämpfen.
Kampfansage an die Konkurrenten
Der sukzessive Auf- und Ausbau von Vontobels «deritrade» kann durchaus als Kampfansage an die Konkurrenten gewertet werden, zumal der Zürcher Vermögensverwalter mit seinen verschiedenen Partnern rasant an Terrain gewinnt.
Eine Art Sonderstellung in diesem Markt nimmt die erst 2007 gegründete Firma Leonteq ein, die als weltweit einziger Anbieter gänzlich auf das Geschäft mit Strukturierten Produkten spezialisiert ist. Neben der Emission eigener Produkte verfolgt Leonteq als eigentliche Hauptstrategie das «White-labeling-Geschäft».
Produkte für Dritte
So heisst im Jargon die Entwicklung von Produkten für Dritte, wobei der White-labeling-Partner als Emittent und Garantiegeber fungiert und Leonteq ihre selbst entwickelte Infrastruktur-Plattform zur Verfügung stellt.
Zu den derzeit wichtigsten White-labeling-Partnern von Leonteq gehören die Notenstein Privatbank (mit ihrer Muttergesellschaft Raiffeisen als Garantiegeberin) sowie die frühere Leonteq-Grossaktionärin EFG International. Im Versicherungsbereich arbeitet Leonteq mit Helvetia als White-labeling-Partner zusammen.
Ehrgeiziger Verbund
Der Verbund agiert relativ ehrgeizig und liefert Vontobel einen harten Wettbewerb, der mittelfristig zu einer weiteren Konsolidierung im Schweizer Derivate-Geschäft führen dürfte. Denn eine gewisse Grösse ist unabdingbar, wie die jüngste Vergangenheit mehrmals gezeigt hat, nachdem bereits so renommierte Häuser wie die Royal Bank of Scotland (RBS), die holländische Rabobank oder die australische Macquarie die Segel gestrichen haben. Leonteq-Mitgründer und CEO Jan Schoch (Bild links) ist gegenüber finews.ch überzeugt, dass in den nächsten drei Jahren nochmals einige Emittenten verschwinden werden.
Vor diesem Hintergrund ist es umso interessanter, dass Vontobel und Leonteq höchst unterschiedlich vorgehen.
Preisvorteil für die Investoren
Mit weiteren Partnern verspricht man sich bei Vontobel ein Gesamtvolumen, das skalierbare Erträge ermöglicht, die wiederum zu tieferen Kosten verhelfen. Oder wie es Investmentbanking-Chef Roger Studer auf den Punkt bringt: «Dank einer zentralen Emissionsplattform sinken die Produktions- und Vertriebskosten der einzelnen Emittenten. Der daraus resultierende Preisvorteil fliesst in Form höherer Renditen an die Investoren dieser Produkte zurück. So entwickeln wir uns zur führenden «Multi-Issuer-Platform.»
Doch was sagt man bei Leonteq dazu? Auch «seine» Firma biete mit ihren White-labeling-Partnern EFG International und Notenstein eine «Multi-Issuer-Plattform», betont CEO Jan Schoch. Die Zusammenarbeit zwischen Leonteq und ihren Partner beschränke sich dabei nicht nur auf den Vertrieb, sondern decke die ganze Wertschöpfungskette aus einer Hand ab – von der Produktherstellung bis zu den Serviceleistungen für die Endkunden, unter anderem im Sekundärmarkt.
Ambitionen in Asien
Unter diesen Prämissen emittierte Leonteq beispielsweise auch schon Strukturierte Produkte für die Migros Bank oder für die Basler Kantonalbank. Allerdings kann Leonteq mit diesen eher bescheidenen Volumen keine allzu grossen Sprünge machen, wie auch Schoch einräumt. Die Migros Bank kooperiert gemäss eigenen Angaben auch noch mit anderen Instituten, und das Basler Staatsinstitut hat unlängst seinen Ausstieg aus diesem Geschäft (mit Strukturierten Produkten) bekanntgegeben. Wie weiter also?
Tatsächlich will Leonteq sowohl im Banken- als auch im Versicherungsbereich die Anzahl ihrer White-labeling-Partner erhöhen und hat die Fühler auch ins Ausland, namentlich nach Europa und nach Asien, ausgestreckt, wie Schoch erklärt.
Kooperation mit Cornèr Bank
Besonders in Fernost ortet er ein beträchtliches Wachstumspotenzial, zumal dieses Geschäft dort noch weniger reif und verbreitet sei. «Die Entwicklung dort hinkt der Situation hierzulande um mindestens zehn Jahre hinterher», sagt Schoch. Unter diesen Prämissen gab Leonteq Ende Februar 2014 bekannt, mit einem grösseren Institut dort eine Absichtserklärung unterzeichnet zu haben, wie auch finews.ch berichtete.
Zudem ist das Unternehmen eine Partnerschaft mit der Cornèr Bank in Lugano eingegangen. Diese Kooperation berge ein Potenzial von 150 Millionen Franken an zusätzlichem Volumen.
Klare Konsolidierungstendenzen
Vor diesem Hintergrund will Leonteq noch erheblich in die Entwicklung ihrer Plattform und in die Expansion im Ausland investieren. Die Absichten dafür sind klar: Zusätzliche Wachstumsfortschritte erzielen, um in jedem der Zielmärkte die kritische Grösse zu erlangen, wie der Leonteq-CEO im Gespräch unterstreicht.
Wie weit sich ein vergleichsweise kleiner Emittent im Ausland etablieren kann, muss sich allerdings noch weisen, wie in der Branche zu hören ist. Umgekehrt ist es aber auch klar, dass auf Grund der Konsolidierungstendenzen in der Schweiz niemand untätig bleiben kann.
Vorläufig keine Lösung in Sicht
Insofern sind die jüngsten Entwicklungen in der Emission und im Vertrieb von Strukturierten Produkten im hiesigen Markt sehr interessant. Besonders, wenn man berücksichtigt, dass Vontobel und Leonteq indirekt von einen internen Rechtsstreit betroffen sind.
Im Wesentlichen geht es dabei um die Frage, ob die Raiffeisen-Tochter Notenstein unter den Kooperationsvertrag fällt, den die Raiffeisen-Gruppe mit Vontobel geschlossen hat. Obschon es jüngst wieder neue Gespräche zum Thema vor den Schlichtungsbehörden gab, ist eine Lösung vorläufig nicht in Sicht.
Wer hat die Nase vorn?
Klar ist aber jetzt schon, dass der Ausgang dieses Zwists so oder so Konsequenzen auf Vontobel und Leonteq haben wird: Gelingt es Vontobel mit der eigenen Multi-Issuer-Platform weitere namhafte Partner an Land zu ziehen, kann die Bank ihre führende Stellung im Markt für Strukturierte Produkte unabhängig von der Kooperationsthematik mit Raiffeisen ausbauen und so die Technologieführerschaft im Plattformgeschäft übernehmen.
Schafft es umgekehrt die Firma Leonteq, sich aus den zeitweiligen Abhängigkeiten des «Raiffeisen-Konglomerats» strategisch etwas zu lösen, wäre ihr Geschäftsmodell deutlich breiter abgestützt – was angesichts des bereits massiv gestiegenen Aktienkurses (knapp 150 Prozent seit dem Börsengang im Oktober 2012) auch von Vorteil wäre.
Im Zuge der fortschreitenden Konsolidierung dürfte sich schon bald zeigen, wer die Nase vorn hat.