Die Anlageperformance muss ein zentraler Bestandteil der Swissness im Schweizer Banking werden. Zu diesem Schluss kommt eine neue Umfrage der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
Die «Kundenberatung als Teil der Neupositionierung der Banken» scheint die Branche enorm zu beschäftigen. Entsprechend riesig war denn auch das Interesse an einem diesbezüglichen Anlass Anfang dieser Woche in Zürich.
Rund 400 Personen nahmen an dieser Veranstaltung teil, die von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW; Abteilung Banking, Finance, Insurance) sowie vom Zürcher Bankenverband (ZBV) organisiert worden war. Im Zentrum des Abends stand die Frage, wie die Kundenberatung im Schweizer Banking künftig aussehen könnte.
Veränderte Swissness-Faktoren
Dabei stellte die Leiterin des ZHAW Instituts für Banking & Finance, Suzanne Ziegler (Bild links), erste Ergebnisse einer Branchenumfrage vor, die integral erst im nächsten Frühjahr publiziert wird. Die ersten Einblicke waren nichtsdestoweniger spannend.
Das Interessanteste vorab: Der Schutz der Privatsphäre rangiert bei den Swissness-Faktoren der wohlhabenden Auslandskunden (Vermögen ab 3 Millionen Franken) bloss noch auf Platz vier – hinter der wirtschaftlichen und politischen Stabilität, der Zuverlässigkeit, Professionalität und Glaubwürdigkeit sowie hinter einem guten Service.
Früher war es anders: Viele ausländische Kunden kamen vor allem wegen der Diskretion in die Schweiz. Dass das heute viel weniger der Fall ist, hängt zu einen mit der Tatsache zusammen, dass grosse Vermögen auch mit einer grösseren Wahrscheinlichkeit versteuert sind als kleine – die ganze Steuerhinterziehungsthematik spielt da also kaum eine Rolle. Zum andern nehmen die sehr reichen Kunden längst eine geringere Diskretion in Kauf, sofern die Anlageperformance höher ist. Das sollte Schweizer Banker aufhorchen lassen.
Gründe für ein Konto in der Schweiz
Oder wie es Finanz-Expertin Suzanne Ziegler formulierte: «Die Anlageperformance muss zu einem Bestandteil der Swissness werden.» Wie wichtig dieses Bewusstsein ist, zeigt sich auch in einer anderen Fragestellung: Mehr als ein Drittel (36,69 Prozent) der Umfrageteilnehmer bezeichnen heute «eine gute Anlageperformance» als einen der wichtigsten Gründe, dass ausländische Kunden eine Bankverbindung in der Schweiz haben. Zum Vergleich: In einer Umfrage aus dem Jahr 2010 waren es erst 11 Prozent gewesen.
Diese veränderte Erwartungshaltung der Klientel stellt neue Anforderungen an das Berufsbild des Kundenberaters, wie auch Thomas Ulrich (Bild unten) zum Ausdruck brachte; seines Zeichens Präsident des Zürcher Bankenverbands als auch Regionaldirektor bei der UBS Zürich.
Für ihn befindet sich die Branche in voller Transformation, die sicherlich noch einige Jahre fortdauern werde. Dabei hätten die Kundenberater vor allem mit zwei Herausforderungen zu kämpfen: Zum mit dem Vertrauensverlust der Klientel, was eine Folge der jüngsten Finanzkrise sei; und zum andern seien die Kunden heute auf Grund der technologischen Möglichkeiten wesentlich besser informiert als früher.
«Wer sich heute als Kundenberater profilieren will, muss einen Mehrwert bieten», erklärte Ulrich und betonte sogleich, dass dieser Mehrwert nicht blosse Zahlen sein könnten, sondern Beratungskompetenz. Denn nur eine solche könne über kurz oder lang noch verrechnet werden, während sich die blosse Wertschriftentransaktion in eine austauschbare und immer günstigere Dienstleistung verwandle.
Anlagekompetenz als Modell
«Eine komplexere Welt braucht bessere Berater», sagte Ulrich und unterstrich dabei auch, dass die Märkte mittlerweile stark politisch beeinflusst seien – durch Notenbanken und Politiker. Das erschwere den Investmentprozess.
Umso mehr seien daher Anlagekompetenz und qualifizierte Beratung gefragt. «Ich hoffe, dass es unserer Branche gelingt, ein solches Modell einzuführen», sagte Ulrich abschliessend.
Die wichtigsten Erkenntnisse
Hinweise darauf, wie ein solches Modell künftig beschaffen sein müsste, lieferten die weiteren Erkenntnisse aus der ZHAW-Erhebung.
Im Bereich Domestic/Affluent (also inländische Kunden mit Vermögen zwischen 100'000 Franken und 3 Millionen Franken) stellten die Umfrageteilnehmer eine verstärkte Bereitschaft, die angestammte Bank zu wechseln, ausserdem sei dieses Segment eher bereit, bankeigene Produkte zu akzeptieren und tendenziell offen bei der Beratung IT-Tools zu akzeptieren.
Im Bereich Domestic/HNW und UHNW (also inländische Kunden mit Vermögen zwischen 3 und 25 Millionen Franken sowie über 25 Millionen Franken) stellten die Befragten ein geringeres Interesse der Klientel an bankeigenen Produkten fest. Zudem wolle diese Kundschaft möglichst Spezialisten für einzelne Sachfragen beizuziehen und einen Team-Approach haben. Im Gegensatz zu den weniger vermögenden Kunden sind die «Superreichen» für so genannte IT-Tools ausserdem viel weniger zu haben.
Bei den so genannten Offshore-Kunden im Affluent-Bereich dominieren ähnliche Erwartungen wie bei den inländischen Affluents, allerdings – was nicht ganz überraschend ist – legt dieses Segment inzwischen viel grösseren Wert auf Regulierung und Compliance-Themen, was wiederum das Anforderungsprofil des Kundenberater massiv erhöht.
Von den Swissness-Faktoren stehen die wirtschaftliche und politische Stabilität, die Zuverlässigkeit, Professionalität und Glaubwürdigkeit an oberster respektive zweitoberser Stelle. Der Schutz der Privatsphäre, sprich das Bankgeheimnis, folgt an dritter Stelle; der gute Service wird am vierthäufigsten genannt.
Anders offenbaren sich die Bedürfnisse der Offshore-Kunden im HNW- und im UHNW-Bereich: Diese Klientel will am wenigsten etwas von bankeigenen Produkten wissen, immer Spezialisten beiziehen und erwartet selbstverständlich auch Sattelfestigkeit in Sachen Regulierung und Compliance. Dass der Schutz der Privatsphäre nicht mehr dieselbe Bedeutung hat wie früher, wurde bereits eingangs feststellt.