Drei Monate nach der Spitzenrochade bei der UBS bleibt unklar, wohin die Reise gehen soll. Die Ungeduld wächst, selbst in der Chefetage.
Gross waren die Erwartungen, als im Februar bekannt wurde, dass der frühere CS-Chef Oswald J. Grübel die Führung der UBS übernehmen würde. Dem Mann, der bereits die Credit Suisse wieder auf Kurs gebracht hatte, traute man einiges zu, selbst wenn man mit seinem Führungsstil nicht immer einverstanden sein mochte.
Nun, rund drei Monate nach seinem Amtsantritt, wirkt die UBS nach wie vor richtungslos. Der Konzern ist zwar massiv geschrumpft, und intern tritt man tüchtig auf die Kostenbremse. Strategisch gesehen ist es aber immer noch nicht ersichtlich, wohin die Reise gehen soll oder überhaupt kann.
Zwar hat Konzernchef Grübel bereits verschiedentlich die Marschrichtung dargelegt. Doch seine Aussagen unterschieden sich bisher noch kaum von den Äusserungen seines Vorgängers Marcel Rohner.
Unklarheiten in vielen Bereichen
Unklar ist beispielsweise, was mit dem viel geschmähten Investmentbanking wirklich geschehen soll. Eine Zeit lang schien es bloss noch eine Frage der Zeit, bis dieser Bereich abgestossen würde, weil er nicht zum Vermögensverwaltungsgeschäft passt.
Tatsächlich wurde die Sparte auch juristisch verselbständigt. Dann aber hiess es wieder, einzelne Bereiche im Investmentbanking seien für den Gesamtkonzern unentbehrlich.
Personalwechsel und Lohnerhöhungen
In der Folge kam es zu personellen Wechseln an der Spitze der Division, und jüngst drehte sich die Diskussion eher wieder darum, den Investmentbankern höhere Löhne zu zahlen. Welchen Stellenwert das Investmentbanking innerhalb der UBS fortan haben soll, bleibt ein Rätsel.
Fragen wirft auch das internationale Vermögensverwaltungsgeschäft auf. Mit ihren waghalsigen Geschäften in den USA hat sich die UBS noch auf lange Zeit erhebliche Probleme aufgehalst. In wenigen Wochen wird ein US-Gericht weiter darüber befinden, ob die Schweizer Grossbank noch mehr Kundendaten den amerikanischen Behörden ausliefern muss.
Weitere, erzwungene Zugeständnisse wären indessen fatal für die UBS und ihre Verlässlichkeit bei den Kunden. Da nützt es wenig, dass sich die Bank aus dem amerikanischen Offshore-Geschäft bereits verabschiedet hat.
Eingeschränkter Aktionsradius für Kundenberater
Wie aber steht es mit dem grenzüberschreitenden Geschäft in anderen Ländern? Nach wie vor können viele UBS-Kundenberater nicht ins Ausland reisen. Wie aber sollen sie ihre Kunden bedienen? Kann die UBS so noch ihrer Rolle als globale Vermögensverwalterin gerecht werden?
Oder anders gefragt: Welche Strategie will die UBS künftig im Wealth Management fahren: onshore oder offshore? Und welche Märkte sollen bearbeitet werden? Welche Rolle spielen dabei die Schweiz und ihr Finanzplatz? Selbst gute Kunden haben darauf bislang keine Antwort erhalten.
Im Asset Management, also im Bereich der Kreation neuer Finanzprodukte und in der Betreuung grosser institutioneller Kunden, findet derzeit eine tief greifende Konsolidierung in der Branche statt. Ganze Abteilungen, die zuvor neue Finanzprodukte entwickelten, haben nicht mehr viel zu tun, da sich die Klientel derzeit kaum für derlei Vehikel interessiert. Die strukturierten Produkte haben mit ihrer Intransparenz entscheidend dazu beigetragen, dass die Kundschaft nichts mehr davon wissen wird.
Verkauf des Fondsgeschäfts?
Die Folge: Viele Institute, die in der Krise der letzten zwei Jahre enorme Rückschläge hinnehmen mussten, werden entweder redimensioniert oder stehen zum Verkauf. Von diesen Rahmenbedingungen ist auch das Asset Management der UBS betroffen und geht durch schwierige Zeiten. Gerade weil der Gesamtkonzern seine Rentabilität rasch und deutlich steigern muss, stellt sich zunehmend die Frage, ob eine Abspaltung des Asset Management der UBS nicht Sinn machen würde.
Für Kevin Pakenham, Managing Director von Jefferies Putnam Lovell, ist es wahrscheinlich, dass Banken, die Staatshilfe erhalten haben, das Fondsgeschäft, das auch im Asset Management angesiedelt ist, abstossen werden. Je kritischer die Situation, desto höher die Wahrscheinlichkeit, sagte er vergangene Woche gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters und nannte in diesem Zusammenhang auch die UBS.
Bürokratischer Aufwand in der Schweiz
Bleibt noch das Schweizer Geschäft, das nach dem Antritt von Franco Morra ebenfalls mit Vorschusslorbeeren bedacht wurde. Der lang angekündigte Stellenabbau ha das Personal eher demotiviert als einen neuen Aufbruch signalisiert. Und mit der Neuaufteilung der Marktgebiete hat man viele Kunden verärgert, weil von aussen kaum Vorteile ersichtlich werden, sondern eher bürokratischer Aufwand.
Unter all diesen Prämissen ist es kaum erstaunlich, dass mittlerweile selbst Oswald J. Grübel ungeduldig geworden ist. Doch der Erfolg lässt offensichtlich auf sich warten. Vergangene Woche musste Verwaltungsrat Bruno Gehrig einräumen, dass der Zustrom an Kundengeldern nach wie vor nicht befriedigend sei.
Jetzt untendurch
Und Oswald J. Grübel liess vor Schweizer Parlamentariern durchblicken, dass er bei seinem Amtsantritt über die Zustände innerhalb der UBS schockiert gewesen sei. Diese Äusserung kann auch als Hinweis gedeutet werden, dass es noch eine Weile dauern wird, bis der Laden UBS aufgeräumt ist.
Wie Recherchen von finews.ch ergaben, heisst die neuste Direktive bei der UBS, für möglichst wenig mediale Beachtung zu sorgen und stattdessen Umsatz zu bolzen. Dies soll darauf abzielen, im 3. Quartal mit einem guten Ergebnis zu überraschen. Das entspräche ganz dem Stil Grübels, der die Märkte und seine Konkurrenten verschiedentlich überrascht hat.
Aggressiv im Heimmarkt
Tatsächlich agiert die UBS seit Wochen überaus aggressiv in der Schweiz, wie Mitbewerber bestätigen; selbst im Zinsdifferenzgeschäft sei die Bank tüchtig daran, Marktanteile zu jagen, ob im Hypothekargeschäft, bei Festgeldern oder Sparkonten. In Bereichen also, die in der Vergangenheit nicht gerade als sexy galten. Doch die Zeiten haben sich geändert.