Nicht lange ist es her, da galt die Zürcher Bank Vontobel als Hinterbänklerin im Konsolidierungsprozess auf dem Schweizer Finanzplatz. Nun soll alles anders sein?

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Noch im vergangenen Jahr wurde Vontobel (Bild: Hauptsitz) oft belächelt, weil sie angeblich weder Fisch noch Vogel sei – weder Privatbank, noch Asset Manager oder Investmentbank. In der Branche war denn auch schnell einmal vom «Stillstand bei Vontobel» die Rede, oder dass CEO Zeno Staub die «PS nicht auf den Boden bringe».

Kritiker warfen Vontobel auch vor, im Konsolidierungsprozess keine so aktive Rolle zu spielen, wie beispielsweise die Bank Julius Bär, die sich das internationale Vermögensverwaltungsgeschäft von Merrill Lynch geschnappt hatte.

Breit aufgestellt

Doch nun, oh Wunder, einige Monate später, soll alles anders sein, plötzlich heisst es: «Vontobel holt Top-Banker von Sarasin» oder «Endlich hat sich die Privatbank unter ihrem jungen CEO Zeno Staub für eine Strategie entschieden». Derlei Feststellungen verwundern, greifen letztlich aber zu kurz.

Vontobel hat sich nicht erst jetzt durch die Anstellung eines Private Bankers – in Basel – «für eine Strategie» entschieden. Seit seinem Amtsantritt im Mai 2011 arbeitet CEO Staub daran, die Zürcher Bank breit aufzustellen. Wer also das Institut in die Ecke des Private Banking, also der Vermögensverwaltung, rückt, liegt falsch.

Wunderwaffe Asset Management

Nach wie vor verdient Vontobel das meiste Geld nicht im Private Banking, sondern im Asset Management, also im Geschäft mit institutionellen Anlegern sowie mit dem Design und der Entwicklung von Finanzprodukten, wie ein Blick auf die jüngsten Geschäftszahlen zeigt. Dabei kommt ihr vor allem der Fondsmanager Rajiv Jain (nicht verwandt mit dem Deutsche-Bank-Co-Chef Anshu Jain) zugute, der von New York aus einen hervorragenden Job macht. Mittlerweile verwaltet seine Abteilung rund 36 Milliarden Franken.

Das war allerdings nicht immer so. Im Zuge der Restrukturierungen im Jahre 2009 wäre Jains Abteilung fast abgebaut worden, wie Insider berichten. Doch weil sie sich zu weit weg vom Epizentrum Vontobels in Zürich befand, entging sie damals der Reorganisation. Zum Glück, ist rückblickend festzustellen. Denn schon ein Jahr später, also 2010, verwaltete Jain mit seinem Team in den von ihm betreuten Fonds rund 10 Milliarden Franken – mittlerweile sind es gut dreimal mehr.

Jede Menge Skepsis

Insofern kam die Bank auf mit einem Quäntchen Glück zu ihrem heutigen Erfolg. Das Top-Management bewies im letzten Jahr allerdings auch Mut, im Private Banking, das zusehends hinter den Erwartungen zurückgeblieben war, die Weichen neu zu stellen. So verabschiedete sich Vontobel von ihrem Private-Banking-Chef Peter Fanconi und engagierte einen neuen Verantwortlichen, der in der Schweiz noch nie im Vermögensverwaltungsgeschäft gearbeitet hatte.

Klar, dass sich Vontobel deswegen erneut jede Menge Kritik gefallen lassen musste. Doch mittlerweile scheint Georg Schubiger, der vorher im Top-Management der Dankse Bank arbeitete, Tritt gefunden zu haben. Unbelastet, weil er eben vorher nicht schon im Biotop des Swiss Banking laborierte, baut er ein Private Banking auf, das mittelfristig der Bank genau jene zusätzlichen Erträge bescheren könnte, die ihr bislang fehlten.

Noch einen Zacken zulegen

Schubiger scheute sich auch nicht, den bisherigen Private-Banking-Chef-Schweiz, Duri Prader, in die Wüste zu schicken, weil er mit ihm offenbar nicht das Heu auf der gleichen Bühne hatte. Prader ist inzwischen bei der Privatbank Lienhardt & Partner als CEO untergekommen, und Vontobel hat mit Jean-Pierre Stillhart einen ehemaligen Banker von Rothschild zum neuen Leiter der Vermögensverwaltung ernannt.

Weitere personelle Veränderungen, etwa in Genf, wo ab Sommer 2013 Lionel Pilloud die Niederlassung leiten wird, lassen darauf schliessen, dass das Private Banking noch einen Zacken zulegen soll. Anfang Mai 2013 fängt auch tatsächlich der frühere Credit-Suisse- und spätere Sarasin-Banker Werner Rüegg bei Vontobel in Basel an. Als er von der CS zu Sarasin wechselte, hiess es, er würde auch die beiden Schweizer Unternehmer und CS-Kunden Rudolf Maag und Thomas Straumann zu Sarasin lotsen. Doch, wie aus dem Basler «Daig» zu vernehmen ist, blieb es bei der Absicht. Nun hat Rüegg im Prinzip eine neue Chance, derlei Transfers zu erwirken.

Zwei wichtige Pendenzen

Natürlich hat Vontobel noch Optimierungspotenzial, doch die Ausgangslage ist nicht erst seit gestern gut. Eher ist sie das Resultat einer Reihe von Entscheidungen, die CEO Zeno Staub seit seinem Amtsantritt vor bald zwei Jahren getroffen hat. Zwei Pendenzen sind indessen noch offen: zum einen die Übernahme eines anderen Finanzinstituts, zum andern eine Lösung im anhaltenden Konflikt mit dem Kooperationspartner Raiffeisen.

Im Fall von Raiffeisen soll ein Schiedsverfahren, das im Kooperationsvertrag für den Fall von Differenzen vorgesehen ist, auf Betreiben von Vontobel klären, in welcher Konsequenz der Kooperationsvertrag auch für die Raiffeisen-Tochter Notenstein Privatbank zur Anwendung kommen soll. Ein Entscheid ist hängig.

600 Millionen für Übernahme

Im Fall einer Übernahme hat Zeno Staub verschiedentlich erklärt, dass die Bank Mittel in der Höhe von rund 600 Millionen Franken hätte, um einen Konkurrenten zu übernehmen. Allerdings soll es ein Unternehmen sein, das von der Grösse und Kultur her auch integrierbar ist – also Kundenvermögen zwischen 10 und 20 Milliarden Franken verwaltet.

Vor diesem Hintergrund kann es nicht die VP Bank sein, wie in der Branche in letzter Zeit vermutet wurde. Das liechtensteinische Institut verwaltet nämlich rund 37 Milliarden Franken. Doch offenbar ist Vontobel schon näher an einem Abschluss als auch schon, wie aus der Bank zu hören ist.