Seit einem halben Jahrhundert gibt es das Bundesamt für Wohnungswesen. Ein wichtiges Instrument für die Förderung des Wohnbaus und des Wohneigentums ist aber die Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger. Die Genossenschaft nimmt regelmässig Geld am Anleihenmarkt auf – und ist die letzte aktive Emissionszentrale überhaupt.
Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) feiert heuer sein 50-jähriges Bestehen. Gemäss der Mitteilung vom Donnerstag spielt das BWO eine zentrale Rolle in der Schweizer Wohnpolitik und setzt sich für bezahlbaren und nachhaltigen Wohnraum ein. Und das Jubiläum soll mit verschiedenen Veranstaltungen zelebriert werden.
Das BWO wurde am 1. Januar 1975 mit dem Inkrafttreten des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes (WEG) gegründet. «In einer Zeit wachsender Urbanisierung und steigender Mietpreise hat das Amt seither eine zentrale Rolle dabei gespielt, das Angebot an Wohnraum sozialverträglich zu gestalten und die politischen Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Schweizer Wohnungsmarkt stabilisieren.» Die Leitplanken der Wohnpolitik des Bundes sind in den Artikeln 41, 108 und 109 der Bundesverfassung geregelt.
Indirekte statt direkte Hilfe beim gemeinnützigen Wohnungsbau
Das BWO, das zum Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) gehört, erinnert in der Mitteilung daran, dass das WEG-Modell mit der direkten Förderung im Zuge der Immobilienkrise und der Rezession der 1990er-Jahre in Schieflage geraten ist und zu Beginn der 2000er-Jahre das Wohnraumförderungsgesetz (WFG) erlassen wurde.
Seither fokussiert die Wohnraumförderung des Bundes auf die indirekte Hilfe des gemeinnützigen Wohnungsbaus (die im WFG eigentlich ebenfalls vorgesehene direkte Hilfe war aus finanzpolitischen Überlegungen umgehend sistiert worden).
Instrumente für die indirekte Hilfe sind zum einen der sogenannte Fonds de roulement, aus dem gemeinnützige Wohnbauträger zinsgünstige und rückzahlbare Darlehen beanspruchen können, und zum anderen die Anleihen der Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger (EGW), die dadurch günstig Mittel für die Finanzierung des gemeinnützigen Wohnungsbau beschafft.
Referenzzinssatz, Mietrecht und Wohnungsnot
Zu den weiteren Aufgaben des BWO gehört die vierteljährliche Publikation des hypothekarischen Referenzzinssatzes, der Grundlage für die Festlegung von Mietzinsen.
Natürlich befasst sich das Bundesamt mit einigen aktuell politisch brisanten Eisen – etwa dem Mietrecht oder der Wohnungsnot.
Doch soll hier das Augenmerk der 1990 gegründeten und in Olten domizilierten, genossenschaftlich organisierten EGW gelten, einem interessanten Konstrukt. Sie tritt am Kapitalmarkt unter eigenem Namen auf, aber im Auftrag und für Rechnung der daran beteiligten Mitglieder. Dazu zählen Wohnbaugenossenschaften und andere gemeinnützige Bauträger.
Interessantes Konstrukt mit Solidarbürgschaft des Bundes
Für die Anleihen (und auch die wenigen Privatplatzierungen) der EGW bürgt die Eidgenossenschaft (die Solidarbürgschaft musste bisher noch nie in Anspruch genommen werden), und sie gelten daher als erstklassig. Die Bonitätsspezialisten der Zürcher Kantonalbank – die ZKB ist auch auf die Federführung der EGW-Emissionen abonniert – bewerten sie daher mit Triple-A. Jeder an einer Anleihe beteiligte Wohnbauträger muss zudem seine Quote durch Grundpfand oder andere kurante Deckung sicherstellen.
Gemäss der Website hat die EGW seit ihrer Gründung bis September 2024 98 Emissionen mit einem Gesamtvolumen von 8,29 Milliarden Franken durchgeführt. Derzeit sind 28 EWG-Anleihen an der SIX Swiss Exchange kotiert, mit kumuliert rund 4 Milliarden Franken.
Die letzte aktive Emissionszentrale
Die EGW ist auch deshalb bemerkenswert, weil es sich um die letzte Emissionszentrale handelt, die am Schweizer Anleihenmarkt überlebt hat. Der Emissionszentrale der Schweizer Gemeinden (ESG) gelang es nach dem Zahlungsausfall von Leukerbad 1998 nicht mehr, ihr Geschäftsmodell an die neuen Realitäten anzupassen. Sie stellte ihre Tätigkeit 2003 ein.
Ältere Semester vermögen sich vielleicht noch zwei anderer Emissionszentralen zu entsinnen, die weiland am Markt aktiv waren. Denn die Regionalbanken und die Raiffeisenbanken hatten vor einem Vierteljahrhundert noch solche Vehikel zur gemeinsamen Mittelaufnahme.
Immerhin gibt es noch einen prominenten inländischen Emittenten, der zumindest «Zentrale» im Namen trägt und sehr aktiv ist. Kantonalbanken können über die Pfandbriefzentrale ihr Hypothekargeschäft refinanzieren, andere Banken über die Pfandbriefbank. Auch das ist eine Form der gemeinschaftlichen Mittelbeschaffung, wenn auch mit einer ganz anderen Struktur als die der klassischen Emissionszentrale.