Das Federal Reserve Board tritt aus dem Netzwerk der Zentralbanken und Aufsichtsbehörden aus, das sich zum Ziel gesetzt hat, das internationale Finanzsystem «grüner» zu machen. Es dürfte sich weniger um einen Kotau vor dem neuen US-Präsidenten handeln, als um eine taktisch kluge Frontbegradigung, mit dem Ziel, die Unabhängigkeit der Institution zu bewahren.
Die Ankündigung kommt überraschend – passt aber gut zu den Meldungen der letzten Wochen. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) tritt aus dem Network for Greening the Financial System (NGFS) aus, wie sie am Freitag bekanntgab.
Die Begründung für die Beendigung der Mitgliedschaft fällt dürr aus: Man habe zwar die Zusammenarbeit mit dem NGFS und seinen Mitgliedern geschätzt, doch habe sich die Arbeit des NGFS zunehmend ausgeweitet und einen breiteren Bereich abgedeckt, der ausserhalb des Aufgabenkreises der US-Notenbank liege.
Forum für Austausch über Risiken des Klimawandels
Das im Dezember 2017 gegründete NGFS zählt über 140 Mitglieder, darunter auch die Finanzmarktaufsicht Finma und die Schweizerische Nationalbank (SNB).
Das NFGS dient den Zentralbanken und Aufsichtsbehörden als Forum zum Austausch über die Risiken des Klimawandels für die Volkswirtschaft und das Finanzsystem. Die SNB beteilige sich am Erfahrungsaustausch im NGFS, um dadurch die potenziellen Auswirkungen von Klimarisiken auf die makroökonomischen Entwicklungen und die Finanzstabilität besser einschätzen zu können, heisst es im Geschäftsbericht 2023.
Grosse Finanzinstitute verabschieden sich aus Klimaallianzen
Vorsitzende des Netzwerkes ist Sabine Mauderer, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank. Im NGFS-Sekretariat, das bei der Banque de France domiziliert ist, arbeiten rund 2o Personen.
In letzter Zeit hatten sich die Meldungen gehäuft, wonach grosse Banken und andere Finanzriesen aus Klimaallianzen aussteigen. Beispiele dafür waren Anfang Jahr der Vermögensverwalter Blackrock und die Bank Morgan Stanley. Ein wichtiger Faktor dafür dürfte sein, dass ab heute der Präsident der USA wieder Donald Trump heisst.
Powell reduziert die Angriffsfläche
Man kann den Rückzug der US-Notenbank als einen Kotau vor dem neuen Präsidenten interpretieren – aber wahrscheinlich handelt es sich um einen rationalen und klugen Akt.
Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell, der schon früher von Trump wiederholt für seine Geldpolitik kritisiert wurde, nimmt mit dem Austritt eine Frontbegradigung vor und bietet so weniger Angriffsfläche. Das Fed hat das Mandat, die Preisstabilität und die Beschäftigung zu sichern – das Thema Klimaschutz darf für die Geldpolitiker nur insofern relevant sein, als es die Ausübung dieses Auftrags direkt beeinflusst.
Offenbar hat das Fed zunehmend Zweifel, dass sich all die Aktivitäten, die das NGFS entfaltet, wirklich mit seinem eigenen Mandat vereinbaren lassen – eine Frage, die sich Mitglieder von internationalen Organisationen grundsätzlich regelmässig stellen sollten.
Wie breit soll das Zentralbank-Mandat interpretiert werden?
Bei Zentralbanken ist dieser Punkt besonders kritisch, weil sie Institutionen sind, die bewusst mit grosser Unabhängigkeit von der Politik ausgestattet worden sind, damit sie ihren Auftrag besser erfüllen können. Interpretieren nun die Geldpolitiker ihr Mandat so breit, dass sie immer mehr in andere Aufgabenfelder vordringen, kann dies für Politiker (nicht nur Trump) ein willkommener Hebel sein, um die Unabhängigkeit auch im Kerngeschäft einzuschränken.
Die Schweizerische Nationalbank SNB, die allein der Preisstabilität verpflichtet ist, scheint sich der Problematik zumindest bewusst zu sein, schreibt sie doch im Geschäftsbericht: «Die SNB beteiligt sich im Rahmen ihres Mandats aktiv an den Diskussionen innerhalb des NGFS, um globale Ansätze zum Umgang mit Klimarisiken zu entwickeln sowie um Erfahrungen und Wissen auszutauschen.»