Asset Management sei ein komplexes Geschäft, das nicht nur Zeit und Ressourcen für den Aufbau benötige, sondern auch eine Vorstellung davon, wie sich das Anlageumfeld in den nächsten Jahren entwickle. Der Erfolg stelle sich nicht von heute auf morgen ein, sagt Jean-Pascal Porcherot von Lombard Odier Investment Managers im Interview.
Herr Porcherot, Lombard Odier Investment Managers (LOIM) ist ein Innovator auf dem Gebiet der nachhaltigen Anlagen. Nun haben Sie zusammen mit Ihrem Partner Systemiq die Plattform Holistiq entwickelt.
Wir befinden uns mitten in einer Umweltkrise und einer Umwälzung der Weltwirtschaft. Diese schafft attraktive Anlagemöglichkeiten für unsere Kundinnen und Kunden. Die Gründung von Holistiq Investment Partners ist ein zentraler Bestandteil unserer Antwort auf diese grundlegenden Veränderungen.
Das nachhaltige Asset Management, das den Kern von LOIM bildet, konzentriert sich ausschliesslich auf diesen Investmentbereich. Es verbindet die Tradition der Vermögensverwaltung von Lombard Odier, das Engagement für Nachhaltigkeit sowie die Anlageerfolge dank des tiefgreifenden analytischen Verständnisses und der Expertise von Systemiq in diesem wirtschaftlichen Wandel.
Im Wesentlichen wollen wir unsere Vision beschleunigen und in die Tat umsetzen, indem wir nachhaltige Anlagestrategien entwickeln, von denen unsere Kundschaft und unser Planet sowohl kurz- als auch langfristig profitieren.
Was sind die nächsten Schritte mit Holistiq?
Aus strategischer Sicht verfolgen wir mit der Plattform drei Ziele: In erster Linie wollen wir Kapital strategisch einsetzen und Investitionsmöglichkeiten ergreifen, die sich auf die Transformation der wichtigsten Wirtschaftssysteme in den Bereichen Energie, Land und Ozeane sowie Materialien konzentrieren.
Zweitens wollen wir eine diversifizierte, innovative Palette von Anlagestrategien für den Sekundärmarkt und für Private Markets anbieten - mit einem speziellen Fokus auf die Natur. Das dritte Ziel besteht darin, massgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die den Bedürfnissen der Anleger gerecht werden und gleichzeitig den ökologischen Wandel vorantreiben.
Grundsätzlich werden diese Ziele von der Absicht untermauert, nachhaltige Renditen für unsere Kunden zu erzielen. In operativer Hinsicht arbeiten wir intensiv an der Weiterentwicklung der Plattform. Wir haben unsere Aktienstrategien wie Planetary Transition, Future Electrification, New Food Systems und Circular Economy bereits in die Plattform integriert. Dazu gehört auch die Strategie Global Carbon Opportunities.
Wir beschäftigen inzwischen mehr als 50 Research-Spezialisten, die unsere wissenschaftlich fundierte quantitative Forschung über den Wandel der wichtigsten Wirtschaftssysteme in Anlagestrategien umsetzen. Wir bauen auch aktiv unsere Natur- und Privatmarktteams aus. So haben wir zum Beispiel Marc Palahi als Chief Nature Officer eingestellt.
Lombard Odier IM hat auch einen starken Fokus auf Private Assets. Sehen Sie eine hohe Nachfrage nach nachhaltigen Privatanlagen?
Zunächst einmal haben sich die privaten Märkte von einem «Nice to have» zu einem «Must have» entwickelt. Das liegt an ihren Diversifizierungs-Vorteilen. In den USA werden bereits 60 Prozent der Unternehmensgewinne von privaten Gesellschaften erwirtschaftet. Immer weniger davon sind börsennotiert.
Ein Grossteil der Wertschöpfung in Unternehmen findet also auf privaten Märkten statt. Das sehen auch unsere Kunden so, die zunehmend in private Märkte investieren. Natürlich gibt es Nachfrageschwankungen, abhängig vom Zins- und Wirtschaftsumfeld, aber mittel- bis langfristig führt kein Weg daran vorbei. Wenn es um nachhaltige Anlagen geht, sei es im Sekundärmarkt oder in privaten Märkten, stellen wir ein zunehmendes Interesse der Kunden fest, da das Bildungsniveau steigt.
Es besteht weitgehender Konsens darüber, dass wir auf eine Klimakrise zusteuern. Doch neben dem Umweltaspekt erkennen die Investoren zunehmend auch das wirtschaftliche Potenzial des Wandels, wobei sich mit dem Kapitalfluss in neue Bereiche Investitionsmöglichkeiten ergeben.
Können nachhaltige Anlagen auf dem Sekundärmarkt, das heisst durch gehandelte Wertpapiere oder spezifische, im Vergleich zu nachhaltigen Privatmarkt-Anlagen, wirklich einen positiven Umwelteffekt haben?
Wie gesagt, es gibt viel Potenzial auf den privaten Märkten, aber das heisst nicht, dass wir die Börsen ausser Acht lassen. Vielleicht ist hier eine thematische Betrachtung interessant. Wir konzentrieren unsere Investitionstätigkeit auf die herausragenden Trends des ökologischen Wandels, die von unseren Forschungsteams bei Holistiq identifiziert wurden.
Wir sehen, dass sich der Wandel um drei grosse Systemveränderungen herum entfaltet: die Elektrifizierung unseres Energiesystems, die Umgestaltung von Land und Ozeanen, einschliesslich der Schaffung einer nachhaltigeren globalen Nahrungsmittelproduktion, und eine zunehmende Konzentration auf die Art und Weise, wie wir Materialien verwenden, da wir von einer linearen zu einer Kreislaufwirtschaft übergehen.
Wie stark ist Lombard Odier auf das Asset Management in der Schweiz fokussiert?
Die Schweiz spielt als Standort für unser Asset Management eine entscheidende Rolle, denn ein wesentlicher Teil des Portfoliomanagements findet hier statt. Ich bin jedoch der Meinung, dass wir die Spezialisten dort anstellen müssen, wo sie verfügbar sind.
Wir sind heute an den wichtigsten Finanzplätzen der Welt präsent und können Talente dort anstellen, wo es ihnen und dem Unternehmen passt. Die Vorteile der Nähe zu dem Markt, in den man investiert, dürfen nicht unterschätzt werden.
So ist es zum Beispiel sinnvoll, asiatische Anlageklassen von Hongkong aus zu verwalten. Oder auf dem Hedge-Fonds- und Private-Equity-Markt eine starke Präsenz in den USA zu haben.
Sie haben früher im Investmentbanking gearbeitet. Was hat Sie am Asset Management gereizt?
Asset Management ist ein komplexes Geschäft, das nicht nur Zeit und Ressourcen für den Aufbau benötigt, sondern auch eine Vorstellung davon, wie sich das Anlageumfeld in den nächsten Jahren entwickeln wird. Der Erfolg stellt sich nicht von heute auf morgen ein und die Weichen müssen frühzeitig gestellt werden.
Gerade das Zusammenspiel der verschiedenen Bereiche vom Portfoliomanagement über Backoffice und Handel bis hin zu Vertrieb und Kommunikation fasziniert mich. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Als ich 2014 CEO von 1798 Alternatives wurde, stellten wir fest, dass wir nicht optimal aufgestellt waren. Unsere Kernfrage war: Wie können wir institutionellen Kunden Zugang zu Nischenstrategien verschaffen, ohne ein Geschäftsrisiko einzugehen?
Deshalb haben wir beschlossen, unsere Plattform zu erweitern und talentierte Portfoliomanager an Bord zu holen, die sich auf verschiedene Strategien konzentrieren und einen Mehrwert schaffen. Wir nehmen diesen Managern und Teams die gesamte regulatorische und infrastrukturelle Arbeit ab, so dass sie sich fast ausschliesslich auf das Management ihrer Strategie konzentrieren können. Dies macht einen erheblichen Unterschied bei der Anlageperformance aus.
Jean-Pascal Porcherot ist Managing Partner von Lombard Odier in Genf. Innerhalb der Partnerschaft ist er für Lombard Odier Investment Managers (LOIM), das Asset Management der Bankengruppe, verantwortlich. Er stiess 2009 zu Lombard Odier und war bei LOIM hauptsächlich an der Entwicklung alternativer Anlagestrategien beteiligt. Im Jahr 2015 wurde er zum CEO des Hedgefondsgeschäfts (1798 Alternatives) ernannt. Er ist Diplom-Ingenieur und hat einen Master-Abschluss in Financial Markets.
Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit der Asset Management Association Switzerland.