Die Münchner V-Bank kündigte kürzlich an, eine Vertretung in Zürich zu eröffnen. Offenbar war das aber erst der Anfang, wie weitere Recherchen von finews.ch zeigen.
Die kürzliche Meldung von finews.ch, wonach sich eine führende deutsche Depotbank in der Schweiz niederlassen wolle, sorgte in hiesigen Finanzkreisen für einiges Aufsehen. Denn einerseits ist dieser Markt seit vielen Jahren fest in den Händen einiger etablierter Anbieter, zum andern wird Richard Manger, zweifelsohne ein profunder Kenner der hiesigen Bankbranche, die Leitung dieser Repräsentanz der V-Bank hierzulande übernehmen.
Wie weitere Recherchen von finews.ch nun ergaben, deutet einiges darauf hin, dass es dabei aber nicht bloss um eine Repräsentanz handeln könnte. Vielmehr hegt die in München ansässige V-Bank die Absicht, eine Finma-lizenzierte (Depot-)Bank in der Schweiz zu gründen. Derzeit laufen die Abklärungen noch, wie V-Bank-Chef Lars Hille gegenüber finews.ch bestätigte. Aber offenbar soll Ende November, dem Vernehmen nach am 27. November 2023, ein Grundsatzentscheid gefällt werden.
Beste Beziehungen in die Eurozone
Der Plan ist kühn, weil er erstens überraschend ist und angesichts des momentanen Umfelds nicht unbedingt ein Sonntagsspaziergang werden könnte. Gleichwohl ist die Absicht für die Branche interessant, weil ein eigenständiger Ableger einer bewährten und höchst erfolgreichen Depotbank mit deutschen Wurzeln die hiesigen Kostenstrukturen für unabhängige Vermögensverwalter (Englisch: External Asset Managers, EAMs) aufmischen könnte.
Zudem hätte eine V-Bank (Schweiz) beste Beziehungen ins nördliche Nachbarland (sprich: in die Eurozone), wo nicht wenige Schweizer Vermögensverwalter auch Kundinnen und Kunden haben.
Gewinnschwelle in wenigen Jahren
Die wichtigste Frage für den Erfolg einer neuen Depotbank dürfte sein, wieviel Geld nötig wäre, um profitabel zu arbeiten. Wie in Zürcher Finanzkreisen zu vernehmen ist, könnte sich ein solches Modell ab 3 bis 4 Milliarden Franken an Depots rechnen. Diese Summe verwalten auch andere Anbieter. Experten gehen zudem davon aus, dass man dieses Volumen wohl in drei Jahren erreichen und im Idealfall – nach weiteren zwei bis drei Jahren – die Gewinnschwelle erreichen könnte.
Das sind natürlich alles Spekulationen, zumal sich die V-Bank bei ihren Plänen nicht in die Karten schauen lassen möchte. Aus Erfahrung lässt sich aber abschätzen, dass die Lancierung einer Bank mit Finma-Lizenz auf mindestens 30 Millionen Franken zu stehen käme. Auch das muss erst wieder eingespielt werden.
Marktpotenzial 150 Milliarden Franken
Umgekehrt stellt sich bei einem solchen «Business Case» auch die Frage nach dem Marktpotenzial. Wie aus den einschlägig bekannten Quellen bekannt ist, werden hierzulande insgesamt etwa 7'800 Milliarden Franken an Kundengeldern verwaltet, wovon rund die Hälfte auf das Segment der vermögenden Privatpersonen entfällt. Davon vereinigen die unabhängigen Vermögensverwalter gemäss eigenen Verbandsschätzungen rund 500 Milliarden Franken (etwa 13 Prozent) auf sich.
Für eine Depotbank mit einem deutschen Hintergrund dürften von diesen rund 500 Milliarden Franken etwa 150 Milliarden Franken als adressierbares Marktpotenzial gelten, wie Fachleute schätzen, sofern man Gelder ganz kleiner Vermögensverwalter, sowie die Depots im Tessin und in der Romandie sowie allzu «komplexe» Geschäfte ausschliesst.
Wettbewerbsintensive Zeiten
Von diesen 150 Milliarden Franken an Marktpotenzial wären 3 bis 4 Milliarden Franken über die nächsten paar Jahre via unabhängige Vermögensverwalter durchaus akquirierbar; nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das Kostenbewusstsein der EAMs in den derzeit wettbewerbsintensiven Zeiten eher zu- als abnehmen dürfte.
Insofern darf man gespannt sein, welchen Entscheid die Verantwortlichen der V-Bank in München Ende November 2023 fällen werden.