Zur langfristigen Sicherung der AHV muss am Rentenalter geschraubt werden. Das geht weit weniger schmerzlich als von vielen befürchtet, rechnet eine Studie der Grossbank UBS vor.
Nach der Reform ist vor der Reform: Die Schweizer AHV bleibt auch nach der an der Urne beschlossenen Angleichung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre (AHV 21) weiterhin eine Baustelle. Solange die Schweiz altert, sind trotz dieser Reform weitere strukturelle Defizite der staatlichen Altersvorsorge so sicher wie das Amen in der Kirche.
Auf Eingriffe zur Sanierung der im Umlageverfahren finanzierten AHV könnte lediglich verzichtet werden, wenn in der Schweiz sämtliche Familien mit fünf Kindern gesegnet würden.
Die fairste Stellschraube
Ein gesunder Realitätssinn vorausgesetzt, sind also weitere Reformanstrengungen für verantwortungsvolle Politiker unausweichlich. Woran sie sich dabei orientieren können, hat die UBS am Dienstag den Medien vorgestellt.
Die gute Nachricht vorneweg: Die Schweiz ist gemäss der UBS-Analyse das wohl einzige Land der Welt, das die Schieflage der AHV einzig durch eine Anhebung des Rentenalters schliessen kann. Das Rentenalter gilt als eine der effektivsten und fairsten Stellschrauben.
Bei anderen Eingriffen werden die Rentenleisten gekürzt oder, je nach Lastenverteilung, der Wohlstand der Erwerbstätigen sowie der älteren Generationen gesenkt.
Rasches Handeln wird belohnt
Positiv ist zudem, dass die AHV derzeit noch schuldenfrei ist, was ein idealer Zeitpunkt zum Anstossen einer substanziellen Reform ist. Jegliches Zuwarten würde die Sanierung nur verteuern und damit politisch wohl schwieriger zu verkaufen machen.
Um diese gute Ausgangslage zu nutzen, haben die UBS-Ökonomen vier Szenarien mit einer Anhebung des ordentlichen Rentenalters durchgerechnet. Dies, ausgehend von einer Finanzierungslücke, die sie nach Annahme der AHV 21 auf rund 90 Prozent des Bruttoinlandprodukts veranschlagen.
Über Jahrzehnte verteilte Anhebungen
Die beiden statischen Varianten mit einer stufenweisen Anhebung des ordentlichen Rentenalters auf 66 Jahre (bis im Jahr 2034) sowie auf 67 Jahre (bis 2040) können diese Finanzierungslücke halbieren oder auf rund 18 Prozent des BIP vermindern.
Interessante Resultate ergeben die beiden dynamischen Varianten, bei der die Erhöhung des Referenzalters an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Im ersten Fall wird das Rentenalter ab 2029 jährlich um einen Monat pro Jahrgang bis zum Jahr 2070 auf dann auf 68 Jahre angehoben. Im zweiten Fall steigt das Rentenalter zu Beginn mit einer generellen Erhöhung auf 66 Jahre etwas schneller an und wird dann bis 2070 weiter in Monatsschritten auf 68 Jahre erhöht. Mit diesen beiden Varianten verschwindet die Finanzierungslücke ganz oder kehrt sich sogar leicht um.
Der Schlüssel zur Rentensicherung
Die Varianten haben die Studienautoren mit den gängigen Annahmen des Bundesamts für Statistik verknüpft, wonach das Produktivitätswachstum weiter wächst, die Sterblichkeit stabil bleibt und die Erwerbsbeteiligung aufgrund mehr arbeitstätiger Frauen noch leicht ansteigt.
Auch wenn Prognosekraft der Szenarien nicht in Stein gemeisselt ist: Die Modelle können deutlich herausarbeiten, dass das Rentenalter ein zentraler Hebel jeder künftigen Reformanstrengungen darstellt.
Und noch wichtiger: Die Schweiz befindet sich jetzt in einem günstigen Zeitfenster, das die Reformkräfte im Land erkennen und mutig nutzen sollten, um die AHV für die nächste Generation zu sichern.