Der Nahezu-Zusammenbruch des Terra-Netzwerks hält Krypto-Anleger nach wie vor in Atem. Trotz der verheerenden Verluste werden aber weiterhin Millionen von Dollar in Blockchain- und Krypto-Projekte fliessen – auch von führenden Banken.
Krypto-Währungen haben in ihrer jungen Geschichte schon viele dunkle Stunden durchgemacht, aber selten so rabenschwarze Tage erlebt wie in der vergangenen Woche. Innert Wochenfrist ist das südkoreanische Ökosystem Terra nahezu kollabiert. Das Anlegervertrauen in digitale Währungen ist seither schwer erschüttert.
Die rasante Abwärtsspirale des Terra-Ökosystems wird bereits als Lehman-Brothers-Moment der Krypto-Welt bezeichnet. Die Welle extremer Angst unter Investoren, ausgelöst durch den Verlust der Dollar-Anbindung des Stablecoin TerraUSD (UST) und des Absturzes des Token Terra (LUNA), zog die meisten Kryptowährungen in die Tiefe.
Noch Anfang Mai war LUNA zu Kursen über 80 Dollar gehandelt worden. Inzwischen ist der Token mehr oder weniger wertlos.
In den Winter-Kanon eingestimmt
Angesichts der verheerenden Kursverluste erstaunt es kaum, dass viele Beobachter jetzt in einen Abgesang auf Bitcoin & Co einstimmen und einen neuerlichen «Krypto-Winter» ausrufen. Das Terra-Schicksal und die Ansteckungsgefahr, die davon ausgeht, dürften den Markt für digitale Währungen noch einige Zeit in Atem halten.
Aber: Krypto- und Blockchain-Projekte werden auch weiterhin wachsen, genauso wie die allgemeine Akzeptanz digitaler Vermögenswerte zunehmen wird. Denn aller Voraussicht nach werden trotz des starken Preiszerfalls bei Krypto-Währungen traditionelle Finanzinstitute – von Hedgefonds über Banken bis hin zu Family Offices – künftig mehr Geld in digitale Vermögenswerte investieren.
Institutionelle halten Kurs
Um nur einige Beispiele zu nennen, die das zunehmende Interesse institutioneller Investoren an der Anlageklasse untermauern: Die beiden angelsächsischen Finanz-Schwergewichte Goldman Sachs und Barclays beteiligen sich am Fundraising von Elwood Technologies, einer vom britischen Hedgefonds-Milliardär Alan Howard gegründeten Handelsplattform für Kryptowährungen.
Unter den Risikokapitalgebern findet sich auch die Wagniskapital-Einheit der Commerzbank, wie die Financial Times (Artikel bezahlpflichtig) schreibt. Die Lösungen von Elwood können in die bestehende Handels-Software von Finanzinstituten integriert werden, um diese bei der Verwaltung und dem Handel ihrer Krypto-Portfolios zu unterstützen.
US-Grösse baut in Europa aus
Grayscale Investments , der weltgrösste Vermögensverwalter für digitale Währungen, meldete heute, dass er seinen ersten europäischen Indexfonds, der Grayscale Future of Finance ETF, an der London Stock Exchange, der Borsa Italiana und der Deutschen Börse Xetra listen. Das Anlage-Vehikel setzt auf Unternehmen, die die digitale Wirtschaft aufbauen. Es bietet eine Investitions-Möglichkeit an der Schnittstelle von Finanzen, Technologie und digitalen Vermögenswerten.
Nomura aus Japan wiederum will ein neues Unternehmen gründen, das institutionelle Kunden bei der Diversifizierung in Kryptowährungen, dezentralisierte Finanzen (DeFi) und nicht-fungible Token unterstützen soll.
Rasanter Wandel
Ungeachtet der schmerzhaften Kursverluste verdeutlicht das Terra-Schicksal letztlich vor allem Eines: Die Kryptowelt ändert sich rasant. Do Kwon, CEO und Mitbegründer von Terraform Labs, bemüht sich jetzt zwar um Schadensbegrenzung. Er schlägt einen Wiederbelebungs-Plan für das Comeback von Terra vor. Aber in der Branche distanzieren sich nun viele vom Netzwerk, in das ursprünglich grosse Erwartungen gesetzt wurden.