Gerüchte über unsaubere Geschäftspraktiken im Rohstoffhandel gab es schon immer. Doch jetzt kann man in Gerichtsunterlagen in den USA schwarz auf weiss nachlesen, wie so etwas ablaufen kann.

Ein ehemaliger Ölhändler des Rohstoffgiganten Glencore hat sich vor einem US-Richter der Korruption und der Geldwäsche schuldig bekannt und dabei auch Kollegen schwer belastet.

Der frühere Glencore-Händler Anthony Stimler hat in den USA ein Geständnis abgelegt. Dies in einem Korruptionsfall, in dem nigerianische Öllieferungen, Mittelsmänner, eine Ölministerin sowie weitere Regierungsbeamte und Manager der staatlichen nigerianischen Ölgesellschaft figurieren.

Der in London stationierte Stimler hat von 2007 bis 2019 am Öl-Desk von Glencore gearbeitet. In seinem Schuldeingeständnis beschreibt er detailliert, wie die Bestechung von statten ging. Dabei wurden über Mittelsmänner, die zumeist als Berater und Zwischenhändler auftraten, die Deals vermittelt. Öllieferungen wurden gegen Schmiergeldzahlungen vereinbart, wobei ein Teil bei den Mittelsmännern und Beamten hängenblieb und weitere Gelder auf den Konten einer Person, die in den Gerichtsunterlagen des Department of Justice (DoJ) nur «Foreign Official 1» genannt wird.

Geschmierte Lieferungen

Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur «Bloomberg» handelt es sich dabei um die frühere Ölministerin Diezani Alison-Madueke. Und die Deals liefen in etwa so: Der Ministerin nahestehende Mittelsmänner gründeten Unternehmen, die Lieferverträge für nigerianisches Öl erhielten. Als Käufer trat dann Glencore auf den Plan und zahlte überhöhte Preise, mit denen die Schmiergelder kaschiert wurden. In den Jahren 2013 und 2014 habe Glencore 15 Lieferungen über rund 7 Millionen Barrel Öl gekauft. Dabei seien den Mittelsmännern mehr als 800 Millionen Dollar gezahlt worden.

Die USA verfolgen solche Fälle von Korruption auf Basis des «Foreign Corrupt Practices Act». Auch wenn die Straftaten im Ausland geschehen, reicht es bereits aus, dass Gelder über US-Banken laufen oder in den USA Vermögenswerte mit Gewinnen aus solchen Praktiken gekauft werden. So wurden in den USA 2017 Vermögenswerte von rund 145 Millionen Dollar beschlagnahmt, die Madueke zugeschrieben werden, darunter eine Luxusjacht und Immobilien.

Bereits 2018 hatte das US-Justizdepartement von Glencore Unterlagen zu seinen Geschäften in Nigeria, der Demokratischen Republik Kongo und Venezuela angefordert. Der frühere Chef des Glencore-Ölhandels, Alex Beard, war 2019 in den Ruhestand getreten.

Inakzeptabel

Und wie reagiert der Weltkonzern mit Sitz in Baar ZG auf das reuige Geständnis des ehemaligen Mitarbeiters? Man gibt sich empört und geläutert.

«Das in der Anklagebegründung beschriebene Verhalten ist inakzeptabel und hat bei Glencore keinen Platz», heisst es in einer Stellungnahme. Man habe mit dem DoJ und anderen Behörden bei ihren Ermittlungen vollumfänglich kooperiert und werde dies auch weiterhin tun. Angesichts der Erkenntnisse aus der Untersuchung habe man eine Reihe von Massnahmen ergriffen. «Glencore hat sein Ethik- und Compliance-Programm in den letzten Jahren erheblich verbessert, um ein Best-in-Class-Programm zu entwickeln.»

Solche Aussagen werden von Beobachtern der Szene als wenig überzeugend eingeschätzt. «Wir haben in den letzten Jahren immer wieder von Glencore und den anderen grossen Händlern gehört, dass Bestechung und Korruption nicht geduldet werden und auf skrupellose Mitarbeiter beschränkt sind», wird Natasha White vom NGO Global Witness in der «Financial Times» zitiert. Es tauche ein Fall nach dem anderen auf, und bisher gebe es kaum Anhaltspunkte dafür, dass sich viel geändert hat.

Stimler wartet nun auf seinen Prozess und befindet sich gegen Kaution auf freiem Fuss in London. Ebenfalls an der Themse weilt Medienberichten zufolge die frühere Ölministerin Madueke, der in Nigeria Korruption vorgeworfen wird.