Der frühere Credit-Suisse- und VP-Bank-Kadermann Eduard von Kymmel will mit einer digitalen Plattform weg vom «Old-Boys-Network» und die Corporate Governance bei Fondsanbietern professionalisieren. 

Die verschärften Corporate-Governance-Bestimmungen in der Finanzbranche schlagen sich auch auf das Fondsgeschäft nieder. So steigen beispielsweise die fachlichen Anforderungen an unabhängige Vermögensverwalter von Fondsleitungen. Wurden solche Posten in der Vergangenheit oftmals unter der Hand an «Frühstücksdirektoren» vergeben, ist das heute nicht mehr möglich. Der Selektionsprozess respektive die Kandidaten müssen höchsten Ansprüchen genügen.

Entsprechend gestaltet sich die Suche nach geeigneten Fachleuten (unabhängige/nicht geschäftsführende Verwaltungsräte sowie Interims-Manager) immer schwieriger, wie Eduard von Kymmel im Gespräch mit finews.ch erklärt.

Ein Such- und Match-Making-Tool

Er weiss, wovon er spricht, war er doch bis im vergangenen März gut sechs Jahre lang zuständig für das Fondsgeschäft (VP Fund Solutions) bei der liechtensteinischen VP Bank. Davor arbeitete der gebürtige Frankfurter mit Wohnsitz in Luxemburg mehr als 13 Jahre für die Credit Suisse.

Diverse Mandate der beiden Banken nimmt er weiterhin wahr. Die neu erlangte Selbständigkeit hat er allerdings auch dazu genutzt, die Firma «id Linked» zu gründen – bewusst auch eine Anspielung an das webbasierte soziale Business-Netzwerk LinkedIn. Namensrechtlich gab es offenbar keine Probleme. Mit id Linked hat von Kymmel die digitale Plattform «id Ship» lanciert. Das Such- und Match-Making-Tool verbindet die eingangs erwähnten Fachleute mit Finanzinstituten, die entsprechende Stellen zu besetzen haben.

Geschätzt von vielen Frauen

Damit disruptiert von Kymmel recht eigentlich ein Geschäftsmodell, das bislang vor allem individuell über persönliche Empfehlungen oder Netzwerke («Old-Boys-Networks») funktionierte. Angesichts der laufend steigenden Corporate-Governance-Anforderungen an «Independent Directors», wie sie im Englischen heissen, deutet jedoch einiges darauf hin, dass der digitalisierte Such- und Findungsprozess zur Grundvoraussetzung in der Branche führen könnte.

Das bestätigen auch die ersten Erfahrungen, die von Kymmel seit Aufschaltung der Plattform vor rund einem Monat gemacht hat: Hoffte er zum Anfang mit rund 40 teilnehmenden Personen, die sich als unabhängige Verwaltungsräte anbieten würden, so sind es bereits deren 70 – Tendenz weiter steigend, und davon sind rund 25 Prozent Frauen. Offenbar schätzen sie diese systematische Art des Such- und Findungsprozesses ganz besonders, wie von Kymmel betont.

Gebühren- und Kommissionsmodell

Auf der Gegenseite hat bereits ein Dutzend Firmen Interesse an der Vermittlung von Fachleuten respektive unabhängigen Verwaltungsräten bekundet, so von Kymmel. Mit weiteren Gesellschaften, darunter auch einigen US-Häusern mit einer Präsenz in Europa, sei er im Gespräch. Sein Geschäftsmodell beruht auf einem Gebühren- und Kommissionsmodell, sofern es zu einem Abschluss kommt. Für Einzelpersonen ist die Anmeldung aber gratis.

«Der Service von id Ship ist ein Mehrwert für eine moderne Corporate Governance. Die Registrierung ist denkbar einfach und selbsterklärend und erst noch kostenfrei für anbietende Mitglieder», sagt der Schweizer Finanzfachmann Alfred Moeckli, Gründer von Moeckli Finance and Management. Er bietet seine Dienste nun selber über die id-Ship-Plattform an.

Markteintritt in der Schweiz geplant

Bis jetzt fokussiert sich die Plattform auf die drei Fondsstandorte Luxemburg, Dublin und Liechtenstein. Doch um die gebühren- und komissionsfinanzierte Skalierung auf ein proftitables Niveau zu bringen, muss von Kymmel weitere Länder erschliessen. Vor diesem Hintergrund erstaut es kaum, dass er als nächstes den Markteintritt in der Schweiz plant.

Mit einigen Banken und entsprechenden Fachleuten sei er bereits im Gespräch. Aufgrund seines bisherigen Netzwerks hierzulande dürfte es bloss noch eine Frage der Zeit sein, bis die Plattform auch die Schweiz abdeckt.

Stärkung der Corporate Governance

Für von Kymmel ist klar, eine professionalisierte Suche auf digitaler Basis führt letztlich zu einer Stärkung der Corporate Governance, insbesondere bei Themen wie Nachhaltigkeit, Transparenz und Innovation. Mittelfristig will der Jungunternehmer auch noch andere Branchen (Rechtsanwälte, Consulting, öffentlich-rechtliche Institutionen) mit seiner Match-Making-Plattform erobern.