Im Zenit der Finanzkrise funktionierte die globale Koordination unter den Zentralbanken und Politikern. Jetzt ist es anders, schreibt Chris Neunkirchner.

Chris_NeunkirchnerVon Chris Neunkirchner Head Portfolio Management Zürich, Valartis Bank

Heute scheinen gleichzeitige Abwertungen in einer Welt mit schwachem globalem Wachstum in Mode gekommen zu sein, um sich einen einseitigen Vorteil zu verschaffen. Dafür haben sich englische Begriffe wie «Currency Wars» oder «Race to the Bottom» etabliert.

Auf der einen Seite stehen Länder, die – nicht zuletzt auf Grund des anhaltenden Exportbooms – vor einem Aufwertungsdruck stehen. Auf der anderen Seite befinden sich viele Länder der entwickelten Welt. Diese kämpfen gegen Stagnation und deflationäre Tendenzen.

Währungsaufwertung gefordert

Erfahrungen mit den Gefahren einer gleichzeitigen Abwertung von Währungen wurden in den dreissiger Jahren gesammelt. Zusätzlich wurden damals allerdings Warensteuern und Handelsschranken aufgebaut, wodurch sich die Depression weltweit ausbreitete und verschlimmerte.

Nicht erst seit dem letzten G-20-Gipfel in Korea drängen Europa und die USA Peking zu einer Währungsaufwertung. Bisher hat sich China dem Begehren erfolgreich widersetzt.

Dabei stellen sich zwei Fragen:

  • 1. Kann sich China überhaupt auf Dauer gegen die Aufwertung seiner Währung stemmen?
  • 2. Würde eine Aufwertung des Yuan die Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft beseitigen? Fundamentale Probleme

Das fundamentale Problem des globalwirtschaftlichen Ungleichgewichts zwischen den USA und China lässt sich allein durch eine Aufwertung nicht lösen.

Reale Gefahr

Die chinesische Währung wurde in den letzten Jahren bereits aufgewertet: Von Ende 2004 bis Ende 2009 um 24,1 Prozent. Trotzdem sind die Ausfuhren im selben Zeitraum um über 127 Prozent angestiegen – ein jährliches Plus von über 15 Prozent.

Die Gefahr, dass die Welt vor einem Währungskrieg steht, ist real und darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Denn praktisch jede Regierung will gleichzeitig abwerten. Einige haben auch die Mittel dazu.

Rekordhohe Devisenreserven

China verfügte beispielsweise Ende September 2010 immer noch über rekordhohe Devisenreserven mit einem Gegenwert von 2’650 Milliarden Dollar.

Die USA hat mit ihrer lockeren Geldpolitik ebenfalls zu einem schwächeren Dollar beigetragen. Im Laufe dieses Jahres haben die Zentralbanken von Japan, Südkorea, Taiwan und der Schweiz gezielt versucht, ihre jeweilige Währung abzuwerten. Andere Länder wie Brasilien haben Kapitalrestriktionen eingeführt.

Selbstzerstörerische Eingriffe

Es ist nicht verwunderlich, dass Länder in schwierigen Zeiten versuchen, ihre Exporte in die Höhe zu treiben. Dies ist politisch und ökonomisch einfacher als die inländische Nachfrage anzukurbeln.

Obwohl solche Marktinterventionen relativ einfach zu bewerkstelligen sind und die einheimischen Exporteure dadurch unterstützt werden, sind solche Eingriffe aus einer globalen Perspektive selbstzerstörerisch. Wenn dies alle Länder gleichzeitig tun würden, käme es zu einem Abwertungswettrennen.

Welche Gegenmassnahmen sind theoretisch überhaupt denkbar?

  • 1. Die Währungen einfach aufwerten zu lassen, mit dem Nachteil der Verschlechterung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit.
  • 2. Interventionen auf dem Währungsmarkt, was als Konsequenz zur Akkumulation des ungeliebten US-Dollars führen würde.
  • 3. Kapitalzuflüsse durch Steuern auf Geldzuflüssen oder Kapitalverkehrskontrollen direkt beeinflussen.
  • 4. Eine Kombination aller genannten Massnahmen. Und die Investoren?

Gesuchte Realwerte

Investoren sehnen sich nach sicheren Anlagen. Nominale Anlagen in Form von Schuldpapieren machen vor einem solchen Hintergrund wenig Sinn. Realwerte hingegen sind gesucht.

Dazu gehören unter anderem sichere Immobilienanlagen, Rohstoffe, insbesondere Silber und Gold, aber auch Aktien von gross kapitalisierten Unternehmen.

Fazit

Die Herausforderungen auf den Währungsmärkten werden nicht einfach zu meistern sein. Im Moment zeigt niemand Interesse, Adjustierungen im Währungsgefüge durchzuführen.

Die USA scheint ihren Willen und ihre Politik der quantitativen Lockerung umzusetzen. Einseitige Machtpolitik ist jedoch abzulehnen. Die hohe Verschuldung einiger Staaten samt übermässigem Konsum wird abgebaut werden müssen.

In den schlimmsten Krisenzeiten hat die Staatengemeinschaft in der Vergangenheit jeweils zusammengehalten. Im Moment überwiegen jedoch die Einzelinteressen.


Der Text ist auch zu finden in der neusten Ausgabe des Anlegermagazins PRIVATE 7/10.