Das Jahresergebnis der Bellevue-Gruppe enthielt auch 2020 einen Abschreiber. Die Transformation zum reinen Asset Manager dauert offensichtlich an. Für die Bellevue-Aktionäre lohnt sich der Dauerumbau trotzdem.
André Rüegg ist ein Transformations-Manager: Seit er Anfang 2016 den CEO-Posten bei der Bellevue-Gruppe übernommen hat, ist das Finanzinstitut ein anderes geworden. «Ein reiner Asset Manager», wie Rüegg am Dienstag anlässlich der Präsentation der Jahresergebnisse betonte.
Eine auf wiederkehrende Erträge aus der Vermögensverwaltung fokussierte Finanzgruppe möchte Bellevue schon seit 2007 sein. Der gesamte Umbau verlief langsam, holprig, teils schmerzhaft sowie von strategischen Fehlern und immer wieder hohen Abschreibern begleitet.
Gewinn: 22 Millionen – Ausschüttung: 54 Millionen
Besitzer und Aktionäre mussten jedoch während all der Jahre nicht darben. Eine Dividende gab es immer.
So auch dieses Jahr: Bellevue schrieb einen ordentlichen Gewinn von 22,3 Millionen Franken, in welchem erneut ein Abschreiber verbucht werden musste. Trotzdem winkt den Bellevue-Aktionären eine Dividendenausschüttung von insgesamt 4 Franken pro Aktie – total knapp 54 Millionen Franken.
Das überschüssige Kapital stammt aus dem Verkauf der Bank und der Beteiligung an der SIX – und wird nun, da Bellevue ein reiner Asset Manager ist, nicht mehr für das Unternehmen benötigt. Dafür von den Aktionären. Namentlich Hansjörg Wyss, seit letztem Jahr zu 10 Prozent Bellevue-Besitzer, benötigt den Cashflow aus der Bellevue-Dividende für seine Stiftungstätigkeiten.
Vieles richtig, einiges falsch
Das Geschäftsmodell von Bellevue funktioniert. Das zeigen die auch 2020 gestiegenen Erträge aus den Managementgebühren. Im Coronajahr waren es 8,4 Prozent auf rund 110 Millionen Franken.
Rüegg, der wie seine rund 100 Angestellten Mitbesitzer der Bellevue-Gruppe ist, hat demnach vieles richtig gemacht – obwohl einiges völlig falsch gelaufen ist. Das allzu lange Festhalten an der Bank am Bellevue und der Versuch, aus dem Brokerhaus einen Wealth Manager zu machen, waren Fehlentscheide.
Das hat Zeit, Arbeitsplätze und Geld gekostet. Nach dem Ausstieg aus dem Brokerage- und Corporate-Finance-Geschäft schrieb die Bank nur Verluste, und es kam zu Abschreibern von mehr als 20 Millionen Franken.
Transformation bei Starcapital
Unterm Strich sprang für die Aktionäre dennoch etwas heraus: Der Verkauf der Bank am Bellevue an die Privatbanken-Gruppe Quintet ist dieses Jahr mit der Sonderdividende belohnt worden – rund 35 Millionen Franken.
Nachdem Rüegg am Dienstag gesagt hatte, dass die Transformation nun abgeschlossen sei, musste er diese Aussage nachträglich etwas korrigieren. Denn auch der Asset Manager Bellevue muss sich weiter transformieren, sich den ständig ändernden Markt- und Wettbewerbsbedingungen anpassen und die Angebotspalette neu ausrichten.
Deutlich macht dies ein erneuter Abschreiber, der 2020 knapp 11 Millionen Franken betrug. Er geht zulasten des Goodwills auf der Deutschland-Tochter Starcapital. «Etwas abgesoffen», sei diese im vergangenen Jahr, bemerkte Rüegg.
Deutschland – Vertriebsland
Das Hauptproblem: Seit Peter Huber, die Galionsfigur von Starcapital, von dannen gezogen ist, haben sich die verwalteten Vermögen praktisch halbiert. Gerade noch 1,4 Milliarden Euro verwaltet der Fondsanbieter – immerhin noch profitabel, wie Rüegg anfügte. Das zweite Problem: Die bestehenden Produkte können sich im Markt nicht behaupten und verlieren weiter Kundengelder.
Bellevue hatte Starcapital 2016 für 30 bis 40 Millionen Franken erworben; aus Diversifikationsgründen hiess es damals. Nun zeigt sich, dass sich die Fondspalette zu wenig von der Masse des Angebotes differenziert. Rüegg will die Starcapital-Fonds «eindampfen», auf wenige Spezialitäten fokussieren – und vor allem den Vertrieb in Deutschland stärken, wo die anderen Bellevue-Produkte von der EU-Lizenz profitieren sollen.
Healtcare sei (alles) gedankt
Der CEO sieht Bellevue nun an dem Punkt angelangt, bei dem Skalierungseffekte im Geschäftsmodell nun ihre Wirkung entfalten können. Die 12 Milliarden Franken an Kundenvermögen stecken zu rund 80 Prozent in Healthcare-Anlagen, welche die eigentliche DNA von Bellevue Asset Management darstellen.
Hier spielte 2020 die Musik. Das Unternehmen erzielte teils deutlich über der Benchmark liegende Wertsteigerungen. Es ist dieses Healthcare-Standbein, das Bellevue durch all die Transformationsjahre getragen und die üppigen Dividenden ermöglicht hat – allen verlustreichen Abschreibern zum Trotz.