Eine Strafanzeige im mutmasslichen Anlagebetrugsfall bei Ruvercap Investment zeigt auf: Eine Schlüsselrolle hatte ein ehemaliger Bankrat der Graubündner Kantonalbank. Er flog für die Balkan-Geschäfte gerne mal mit dem Privatjet.
Der mutmassliche Anlagebetrug durch die Zürcher Ruvercap Investment und ihre Private-Debt-Vehikel ist immer noch im Gang. Dies geht aus der finews.ch vorliegenden Strafanzeige im Zusammenhang mit Ruvercap sowie der Batagon-Gruppe mit Sitz in Zug hervor. finews.ch hat am Dienstag über die neue Strafanzeige berichtet.
Ruvercap hatte mit Private-Debt-Vehikeln von renommierten Schweizer institutionellen Anlegern bis zu 800 Millionen Franken eingesammelt. Hunderte Millionen Franken sollen verschwunden sein. Investoren sprechen vom grössten Finanzbetrug, den die Schweiz je gesehen habe.
Die Strafanzeige eines Vermögensverwalters war am vergangenen 25. August bei der Zuger Staatsanwaltschaft eingereicht worden – ein Tag bevor geprellte Ruvercap-Investoren einem brisanten Vorschlag hätten zustimmen sollen.
Vollendung des mutmasslichen Betrugs gelang nicht
Dieser sah vor, dass die Investoren auf eine Rückzahlung von 87,4 Millionen Euro hätten verzichten sollen. Als Gegenwert hätten sie dafür eine serbische Batteriefabrik namens Black Horse erhalten. Eine Batteriefabrik notabene, die ein paar Millionen Umsatz erzielt, defizitär ist und deren Kaufpreis 7,35 Millionen Euro betragen hatte.
Rund 80 Millionen Euro wären dann, immer noch gemäss Strafanzeige, auf den Konti jener Firma namens Batagon geblieben, welche die Fabrik Ende 2017 gekauft hatte.
Der Deal, sprich die Vollendung des Betrugs, kam nicht zustande: Die Investorenversammlung wurde in letzter Minute abgesagt, nachdem die Strafanzeige die Runde gemacht hatte.
GKB stellte kein Fehlverhalten fest
Die Zuger Firma Batagon taucht im ganzen Ruvercap-Komplex immer wieder auf: Sie gehört einem serbischen Staatsangehörigen, der wegen Finanzdelikten in der Schweiz einen Landesverweis kassiert hatte. Batagon tätigte mit Investorengeldern von Ruvercap diverse Investments auf dem Balkan, wie auch die oben genannte Batteriefabrik.
Im Verwaltungsrat diverser Batagon-Firmen sass bis diesen Juni Thomas Huber (Bild oben). Wie von finews.ch berichtet, war Huber auch Mitglied des Bankrates der Graubündner Kantonalbank (GKB) und diese ist mit über 70 Millionen Franken einer der gewichtigsten Ruvercap-Investoren. Huber musste den Bankrat im vergangenen Mai verlassen. Die GKB sagte gegenüber finews.ch, sie habe den Investitionsentscheid in Ruvercap mit externer Unterstützung überprüft. Es sei kein Fehlverhalten festgestellt worden.
Interne Darlehen und Verkäufe
Die Strafanzeige nennt Huber zusammen mit dem früheren Ruvercap-CEO M. C. als «die zentrale Figur» im mutmasslichen Betrug. Seine aktive Mitarbeit sei die Voraussetzung gewesen. Für Huber und M.C. gilt die Unschuldsvermutung.
Die Strafanzeige zeigt auf, wie Batagon vorging: Eine Verbriefungsgesellschaft in Luxemburg hatte im März 2017 zwei Anleihen über 87 Millionen Euro an die Ruvercap-Investoren verkauft. Anschliessend ging ein Darlehen über diesen Betrag an eine der Batagon-Firmen, die Batagon Factoring. Einige Monate später kauft eine andere Batagon-Firma, die Batagon International, die Batteriefabrik für die genannten 7,35 Millionen Euro.
Batagon Factoring gewährte daraufhin ein Darlehen über 80 Millionen Euro an eine weitere Tochtergesellschaft, die Batagon Services. Batagon International verkauft anschliessend die Batteriefabrik für 80 Millionen Euro an die Batagon Services.
Vom Pflegemittelverkäufer zur Investmentgesellschaft
Huber hatte in einem Gespräch mit finews.ch im vergangenen Mai gesagt, die Batteriefabrik-Transaktion habe auch Kreditlinien beinhaltet, was das hohe Darlehen rechtfertige. Ausserdem sei die Batteriefirma 2018 an eine zypriotische Gesellschaft verkauft worden.
Wie aus finews.ch vorliegenden Batagon-Jahresrechnungen hervorgeht, vollzog die Firma im Jahr 2017 einen abrupten Strategiewechsel. Aus der Verkäuferin für Pflegemittel wurde eine Investorin in sogenannte «non performing loans» in Ländern auf dem Balkan.
Günstiger Privatjet
Am Boden liegende Firmen wie die Batteriefabrik wurden gekauft, um einen Wiederaufbau oder Turnaround einzuleiten. Ausserdem stiegen Huber und die weiteren Gesellschafter mit der Gründung der Batagon Air ins Privatjet-Geschäft ein. Sie hätten einen Cessna-Jet mit 11 Sitzen zu einem sehr guten Occasionspreis übernommen, heisst es im Bericht. Der Jet sei sowohl im Chartergeschäft als auch «für gruppeninterne Zwecke eingesetzt» worden.
Batagon drehte 2018 plötzlich das grosse Rad und wies aus einem «Asset Disposal» einen aussergewöhnlichen Gewinn von 83 Millionen Franken aus – der Erlös aus dem Verkauf der Batteriefabrik an die Batagon-Tochter.
Die Revisionsstelle Deloitte testierte zwar den Geschäftsbericht für 2018 noch, gab dann aber das Mandat ab. Das interne Kontrollsystem von Batagon International entspreche nicht dem schweizerischen Gesetz, begründete Deloitte den Schritt.