Expats verdienen in der Schweiz gutes Geld. Doch oft scheitern Engagements, weil sich die Familie in der Schweiz nicht wohl fühlt. Das hat weitreichende Folgen, wie Headhunter Niels Burkhard gegenüber finews.ch erklärt.
Herr Burkhard, die Schweiz hat in einem Expat-Ranking in Sachen Willkommenskultur einmal mehr schlecht abgeschnitten. Leiden Expats, also ausländische Fachkräfte, so stark in der Schweiz?
Die meisten Expats leben gerne in der Schweiz. Allerdings haben ihre Partner oder Familien häufiger Probleme. Sie sprechen möglicherweise keine unserer Landessprachen. Deutsch ist keine Lingua franca wie Englisch und schwer zu erlernen. Unsere Schweizer Dialekte verkomplizieren diese Situation zusätzlich.
So leiden die Partner unter Einsamkeit. Ihnen fehlt das unterstützende Netzwerk von Familie und Freunden, das sie von zu Hause gewohnt sind. Das Schweizer Kinderbetreuungs- und Schulsystem ist für Ausländer ebenfalls befremdlich.
«Die Unzufriedenheit des Partners kann für den Arbeitgeber teuer werden»
Nur selten haben die Partner einen Arbeitsvertrag in der Tasche. So werden sie oft unzufrieden, und das wirkt sich dann auf die Arbeit des Expats und auf solche Umfrageergebnisse aus. Für den Arbeitgeber wird es teuer, wenn die Unzufriedenheit des Partners zu einer frühzeitigen Rückkehr der Fach- oder Führungskraft ins Heimatland führt.
Der Schweizer Finanzplatz ist sehr stark auf Expats angewiesen. Ist die Aussicht auf einen Lohnsprung der einzige Anreiz, in die Schweiz zu kommen, angesichts des schwierigen Soziallebens, das einen hier erwartet?
Nein. Neben dem Gehalt locken die relativ intakte Umwelt, die politische Stabilität, die gute wirtschaftliche Lage der Schweiz, das qualitativ hochstehende Gesundheitswesen und die persönliche Sicherheit ausländische Arbeitnehmer in die Schweiz.
«Singles tun sich beim Jobwechsel leichter»
Das zeigt die kürzlich von Internations veröffentlichte Studie «Expat-Insider». Die Expat-Studie der HSBC unterstreicht, wie hoch die Work-Life-Balance in der Schweiz bei Bankern im Kurs steht.
Haben es Singles schwerer als Expats mit Partner und Familie oder umgekehrt?
Unsere Erfahrung zeigt, dass sich Singles bei einem Jobwechsel ins Ausland leichter tun als Fach- und Führungskräfte mit Partner und Familie.
Unzufriedene Partner von Expats sind oft ein Grund dafür, dass Arbeitsfreude und Leistung leiden, Engagements sogar scheitern. Das ist für die Arbeitgeber teuer. Was lässt sich dagegen tun?
Viele Firmen mit internationaler Ausrichtung stellen bereits vor der Vertragsunterzeichnung mit dem neuen Mitarbeiter einen Kontakt zum Partner oder zur Partnerin her. Dabei werden Informationen über Sprachschulen, den Schweizer Wohnungs- und Arbeitsmarkt, Arbeitsbewilligungen, eine mögliche selbständige Tätigkeit und die Einschulung und Betreuung der Kinder oder zu rechtlichen Fragen ausgetauscht.
«Grossunternehmen bemühen sich mehr um Integration»
HR-Firmen, die sich auf «Spouse Programs» spezialisiert haben, bieten hier wertvolle Unterstützung. Die Firma Mohler Burkhard Partner ist Pionier in diesem Marktsegment. Sie hat sich Anfang 2017 mit der international tätigen Impact Group für eine exklusive Zusammenarbeit zusammengeschlossen, um einen umfassenden Service mit globaler Reichweite anzubieten.
Idealerweise können beide Partner zeitgleich nach der Einreise ihre Arbeit aufnehmen. So fällt es ihnen leichter, sich in die neue Umgebung zu integrieren.
Sind die Schweizer Finanzunternehmen besonders gut oder besonders schlecht bei Integrationsbemühungen für Expats?
Grossunternehmen bemühen sich mehr als KMU um die Integration. Es gibt in jeder Branche Firmen, die besonders vorbildlich sind, und andere, die noch Verbesserungspotenzial haben.
Auf dem Finanzplatz herrscht eine ausgeprägte Leistungskultur. Macht es diese schwerer für Expats und ihre Partner, sich zu integrieren?
Nein. Die Leistungskultur ist nicht ausschlaggebend. Wichtiger sind für Hochqualifizierte die so genannten Soft Facts, zum Beispiel die Willkommenskultur am Arbeitsplatz und am Wohnort, die Kaufkraft des Gehalts und die Zufriedenheit der Familie.
Wie stark kann ein Unternehmen die Erfolgsquote eines Expat-Engagements mit einem «Spouse Program» erhöhen?
Ein «Spouse Program» stellt sicher, dass die Lebenspartner der Fach- und Führungskräfte aktive, positive Entscheider und keine potentiellen negativen Beeinflusser werden. Ein «Spouse Program» kann über Erfolg und Misserfolg einer Expat-Einstellung entscheiden.
Haben Sie schon internationale Kader in die Schweiz nur wegen des «Spouse Programs» vermitteln können?
Ja. In vielen Ländern ist es üblich, dass beide Partner berufstätig sind. Ein Wechsel ins Ausland kommt für diese Fach- und Führungskräfte daher nur in Frage, wenn der Partner auch eine Beschäftigung findet. In dieser Situation können «Spouse Programs» über Erfolg und Misserfolg der Kadersuche entscheiden.
Niels Burkhard ist Partner bei Mohler Burkhard, einer in Basel ansässigen Executive Search Firma.