Dank dem Zusammenschluss mit der Tessiner PSM Law steigt Kellerhals Carrard zur drittgrössten Schweizer Anwaltskanzlei auf. Managing Partner Beat Brechbühl sagt, wie er bei Finanzkunden punkten will.


Herr Brechbühl, nach dem Zusammenschluss mit Carrard in Lausanne vor zwei Jahren stossen Sie mit der Fusion mit PSM Law nach Lugano vor. Was erhofft sich Kellerhals Carrard im Tessin?

Mit dem Zusammenschluss werden wir um 20 Berufsträger grösser, insgesamt arbeiten bei Kellerhals Carrard dann rund 160 Berufsträger. Diese Grösse hilft uns als Kanzlei, komplexe Projekte wie Übernahmen abzudecken. Wir gewinnen zusätzliches Know-how, etwa im Bereich Industrie 4.0: PSM-Partner Massimiliano Maestretti war Chefjurist bei Autobauer Ferrari und hat Digitalisierungsprojekte begleitet. Und schliesslich ist da das grenzüberschreitende Beziehungsnetz Richtung Italien, dem drittgrössten Handelspartner der Schweiz.

Man gewinnt den Eindruck, Kellerhals Carrard will überall in der Schweiz ihre Fahne aufpflanzen. Ist das Ihre Ambition?

Nicht überall, sondern dort, wo es wirtschaftlich sinnvoll ist. Dass wir damit eine Art Swissness-Modell verkörpern, ist ein erfreulicher Nebeneffekt. Im Gegensatz zu anderen Grosskanzleien setzen wir auf ein förderalistisches Modell, das den Berufsträgern vor Ort viel Spielraum lässt. Damit erreichen wir eine starke regionale Verankerung.

Der Förderalismus erweist sich in einer globalisierten und digitalisierten Welt zunehmend als schwerfällig. Verfolgen Sie das richtige Modell?

Wir haben den Trend der Internationalisierung, die rasch grössere Teams nötig macht. Hinzu kommt der zunehmende Kostendruck und der Kampf um Talente – die Konzerne etwa haben ihre Rechtsabteilungen stark aufgewertet.

«Wir werden nie die grossen internationalen Megafusionen begleiten»

Und schliesslich nehmen die Maschinen im Rahmen der Digitalisierung den Juristen immer mehr Arbeit weg. Einfache Due-Diligence-Arbeiten kann ein Algorithmus genauso gut erledigen wie ein Mensch...

...was bleibt übrig?

Die Qualität, die gemeinsame Lösung von Rechtsproblemen und natürlich der persönliche Kontakt, das Sparring mit dem Klienten – man will einander fühlen. Deshalb ist es so wichtig, hands-on vor Ort zu sein. Gleichzeitig braucht es die nötige Grösse, um die besten Leute anzuziehen sowie komplexe Aufgaben zu lösen.

Mit der Übernahme im Tessin betrachtet sich Kellerhals Carrard als die Nummer drei unter den Schweizer Wirtschaftskanzleien. Bisher wurden Sie von den grossen Playern etwas belächelt. Das ändert sich jetzt?

Wir machen einige Dinge einfach anders als alteingesessene Player und sehen unsere Nische als Kanzlei für den Schweizer Mittelstand. Wir werden nie die internationalen Megafusionen begleiten, auch wenn wir einige Konzerne beraten. Dafür möchten wir die erste Adresse in der Region sein. Ein Hinweis, dass wir damit richtig liegen, ist der Umstand, das grosse Konkurrenten sich nun für die KMU-Kunden zu interessieren beginnen.

Das heisst, Sie müssen sich bald neue Nischen erschliessen.

Das tun wir, unser Startup-Desk ist eines des führenden hierzulande.

«Aktuell arbeiten wir zudem mit bei der Niederlassung einer weiteren chinesischen Bank in der Schweiz»

Den China-Desk mit dem Büro in Schanghai bauen wir ebenfalls aus, das ist auch ein USP. Schliesslich können wir uns bei Digitalisierungsprojekten sehr wohl mit der Spitze messen.

Zieht das auch bei Kunden aus dem Schweizer Finanzplatz?

Wir begleiten Kapitalmarktransaktionen und Finanzierungen, fokussieren aber auch hier auf den Mittelstand. Aktuell arbeiten wir zudem mit bei der Niederlassung einer weiteren chinesischen Bank in der Schweiz. Eines unserer Teams in Lausanne führt gar eine Bank – nämlich die sich in Liquidation befindliche Banco Espirito Santo in der Schweiz. Dann bilden Anlagefonds und Versicherungsberatung einen starken Fokus.

Wie viel steuert der Finanzsektor zu Ihrem Umsatz bei?